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Spannungen für die internationalen Autohersteller
Der neue US-Präsident droht mit Zöllen / Wirtschaftsnobelpreisträger warnt vor Protektionismus und Handelskrieg / Wo bundesdeutsche Automobilhersteller produzieren

RobGal

Schon vor seinem offiziellen Amtsantritt am 20. Januar setzte der neue US-Präsident Donald Trump neben Fiat-Chrysler und Toyota auch die bundesdeutsche Autoindustrie unter Druck, ihre Autos für den US-Markt nicht im Billiglohnland Mexiko zu produzieren, sondern in den Vereinigten Staaten.
Wenn nicht, droht der Republikaner mit Einfuhrzöllen auf Autos in Höhe von 35 Prozent. Davon wären die bundesdeutschen Autobauer Audi, BMW, Daimler und Volkswagen in besonderer Weise betroffen, auch wenn sie über Fabrikanlagen in den USA verfügen.

Audi weihte erst im letzten Jahr sein mexikanisches Werk in San José Chiapa ein. Dort können bis zu 150.000 Fahrzeuge im Jahr gebaut werden, vor allem das SUV Q5, das weltweit in über hundert Marktgebiete exportiert wird. In der Fabrik sollen insgesamt 4.200 Menschen beschäftigt werden. Über einen Fertigungsstandort in den USA verfügt die VW-Tochter nicht.

BMW hat 2016 mit dem Aufbau seines Werkes im mexikanischen San Luis Potosí begonnen, wo ab 2019 der neue 3er (Mittelklasse) für den internationalen Markt hergestellt werden soll. Die Fabrik ist auf eine jährliche Kapazität von 150.000 Einheiten ausgelegt und soll 1.500 neue Arbeitsplätze schaffen. Bereits seit 1994 produziert BMW in Spartanburg im US-Bundesstaat South Carolina. Es ist das größte Werk des Münchener Autokonzerns, hier werden die SUV-Modellreihen gefertigt. 411.000 Autos verließen 2016 die Werkshallen, die Belegschaft zählt 8.000 Menschen.

Daimler errichtet derzeit mit seinem französisch-japanischen Kooperationspartner Renault/Nissan ein neues Pkw-Werk für Kompaktmodelle im mexikanischen Aguascalientes. Die Fertigungsstätte ist für eine Jahreskapazität von 230.000 Fahrzeugen geplant und soll 3.600 Mitarbeiter beschäftigen. Bereits seit 1995 fabriziert Daimler auch in den USA. In Tuscaloosa (Alabama) werden zurzeit jährlich 300.000 Fahrzeuge, die SUVs GLE und GLS sowie die C-Klasse (Mittelklasse), von 3.500 Beschäftigten hergestellt.

Volkswagen hat im mexikanischen Puebla seit über 50 Jahren die am längsten tradierte Produktionsstätte für Autos in dem lateinamerikanischen Land. Dort liefen bereits der VW Käfer und der Kleinbus Bulli vom Band. Das Werk hat rund 15.000 Mitarbeiter. Die derzeit in Puebla entstehenden Kompaktklassemodelle Jetta und Beetle werden zum größten Teil in die USA geliefert. Demnächst wird dort auch der Kompakt-SUV Tiguan gefertigt. In den USA betreibt Volkswagen seit 2011 das Werk in Chattanooga (Tennessee), dessen Kapazität 2015 erweitert wurde. Mit 3.200 Mitarbeitern wird eine Jahresproduktion von 150.000 Einheiten erreicht. Bislang wird dort der Passat (Mittelklasse) hergestellt, im Dezember kam das ganz neue, speziell für den US-Markt konzipierte siebensitzige SUV Atlas dazu.

Es zeigt sich also: Produktion und Handelswege sind international verflochten. Deshalb wäre Protektionismus, den der neue US-Präsident gemäß seinem Slogan "Make America great again" ("Amerika wieder groß machen") als politisches Ziel verfolgt, nach Einschätzung des Wirtschaftswissenschaftlers Joseph Stiglitz schädlich. "Die US-Autoindustrie ist ohne günstige Importteile aus Mexiko nicht wettbewerbsfähig", stellte der an der New Yorker Columbia-Universität lehrende Professor und Nobelpreisträger im Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" fest. Ohne sie wären US-amerikanische Autos teurer und könnten auf dem internationalen Markt "nicht mehr bestehen". Würde die neue US-Regierung tatsächlich Zölle auf ausländische Autos erheben, prophezeit Stiglitz einen Handelskrieg, "der alle ärmer macht".

"Make America great again" zeigt sich auch auf der gerade laufenden Internationalen Automobilshow in Detroit. Auch wenn dort kleinere und Elektrofahrzeuge zu sehen sind, dominieren nach wie vor die schweren und großen Pick-ups, SUVs und Geländewagen, die allesamt in die Rubrik der "Light Trucks" (leichte Lkw) gehören. Ihr Anteil an den Neuzulassungen in den Vereinigten Staaten liegt bei 60 Prozent. Möglicherweise wäre hier, allein aus ökologischen Gründen, einiges zu ändern.
Quellen
    • Text: Olaf Walther (Kb)
    • Foto: fotomek - Fotolia.com