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Am 20.5.2014 hatte die spätere Geschädigte ihr Motorrad Honda, amtliches Kennzeichen LOS -…in Friedland (Landkreis Oder-Spree) ordnungsgemäß am Straßenrand abgestellt. Die Fahrerin des bei der Allianz Versicherung AG haftpflichtversicherten Pkw fuhr gegen das abgestellte Motorrad, wodurch dieses umstürzte und beschädigt wurde.
Das Motorrad war nicht mehr fahrbereit. Der anerkannte Sachverständige Q. schätzte am 21.5.2014 die Reparaturkosten auf 2.536,52 € ohne Mehrwertsteuer. Die 19-prozentige Mehrwertsteuer beträgt 481,94 €. Den Wiederbeschaffungswert gab der Sachverständige Q. mit 2.740,34 € ohne Mehrwertsteuer an. Den Restwert ermittelte er mit 420,-- €. Die Reparaturzeit gab er mit ca. 3 Arbeitstagen an. Der Nutzungsausfall pro Tag beträgt 31,-- €.

Die Geschädigte forderte die eintrittspflichtige Versicherung zur Erklärung der Reparaturkostenübernahme auf. Sie wies auf ihre finanzielle Situation undauf eine erhebliche Nutzungsausfallentschädigung hin. Die einstandspflichtige Kfz-Versicherung zögerte bis zum 25.9.2014die Regulierung hinaus. Erst zum 25.9.2014 rechnete die Allianz Versicherung den Schaden ab, indem sie die Sachverständigenkosten in Höhe von 495,17 € erstattete und auf den Fahrzeugschaden 2.320,34 € zahlte. Diesen Betrag erläuterte sie mit dem Wiederbeschaffungswert von 2.740,34 € abzüglich 420,-- € Restwert .

Nach Eingang der Zahlungen beauftragte die Geschädigte die Reparaturwerkstatt mit der Wiederherstellung des beschädigten Motorrades. Die Reparatur begann am 2.10.2014. Die Geschädigte holte das Motorrad am 23.10.2014 ab, da die Reparatur bis zu diesem Zeitpunkt dauerte. Für die Zeit vom 20.5. bis 23.10.2014, was einem Zeitraum von 156 Tagen entspricht, macht die Geschädigte Nutzungsausfallentschädigung a 31,-- € geltend sowie restliche Sachverständigenkosten und restliche Reparaturkosten . Nach Klageeinreichung zahlte die beklagte Kfz-Versicherung die Restgutachterkosten und die restlichen Reparaturkosten . Die Parteien haben insoweit übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Streitig ist nur noch die Nutzungsausfallentschädigung für 156 Tage. Die Klage vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) hatte Erfolg.

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch in Form der Nutzungsausfallentschädigung für die 156 Tage a 31,-- € für die Zeit vom 20.5. bis 23.10.2014 in Höhe von 4.836,-- € gemäß der §§ 7 StVG, 115 I 1 VVG zu. Im Falle der Beschädigung eines privat genutzten Kraftfahrzeuges kann der Geschädigte eine Nutzungsausfallentschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeiten verlangen, wenn er keine besonderen Aufwendungen zur Überbrückung der ausgefallenen Nutzungsmöglichkeiten getätigt hat (BGH NJW 2008, 915). Erforderlich ist eine fühlbare Beeinträchtigung der Nutzung des Fahrzeugs, wobei die beabsichtigte Nutzung durch einen nahen Angehörigen ausreicht (Palandt-Grüneberg BGB 75. A. § 249 Rn. 42 m.w.N.). Diese Voraussetzungen lagen nach Ansicht der Kammer für den gesamten Zeitraum von 156 Tagen vor. Das Motorrad war ganzjährig versichert.

Nach Erhalt des Entschädigungsbetrages ließ die Klägerin sofort reparieren. Eine Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht kann der Klägerin nicht vorgeworfen werden. Aus eigenen Mitteln konnte die Klägerin das beschädigte Motorrad nicht reparieren lassen. Über ihre finanzielle Situation hat sie die eintrittspflichtige Versicherung rechtzeitig informiert. Sie hat auch auf die möglicherweise entstehenden Ausfallschäden hingewiesen. Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, sich dem Nachbesichtigungsbegehren der beklagten Allianz-Versicherung zu beugen. Sie war ihren Darlegungspflichten mit der Vorlage des Schadensgutachtens im hinreichenden Maße nachgekommen. Ein Recht des Versicherers auf Nachbesichtigung besteht nicht. Dass die geltende gemachte Nutzungsausfallentschädigung den Wert des Motorrades übersteigt, steht dem Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls nicht entgegen. Denn für die Ausweitung des Schadens ist nicht die Klägerin, sondern allein die Beklagte verantwortlich. Auch bei längeren Ausfallzeiten ist der Nutzungsausfall nicht auf die Vorhalt6ekosten zu begrenzen (vgl. BGH Urt. v. 25.1.2005 – VI ZR 112/04 -).

Fazit und Praxishinweis: Zutreffend hat das erkennende Gericht der bedürftigen Klägerin die geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung für insgesamt 156 Tage zugesprochen. Mit einer schnelleren Schadensregulierung hatte es die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung selbst in der Hand, die Ausfallzeit geringer ausfallen zu lassen. Sie hatte auch keinen Anspruch darauf, die Schadensregulierung von einer Nachbesichtigung abhängig zu machen. Grundsätzlich besteht kein Recht zur Nachbesichtigung durch den Versicherer.
Quellen
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