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Die spätere Klägerin ging mit ihrem angeleinten Hund auf einer Wiese im Saarland spazieren. Dort befand sich auch der spätere Beklagte, der mit zwei unangeleinten Hunden dort war.
Im Saarland besteht aufgrund gesetzlicher Bestimmungen keine grundsätzliche Anleinpflicht für Hunde. Als die Klägerin bemerkte, dass die Hunde des Beklagten auf sie zuliefen, rief sie dem Beklagten zu, er möge die Tiere zurückrufen und anleinen. Der Beklagte konnte nur einen Hund zurückrufen. Der andere, ein Husky/Shar-Pei/Rottweiler-Mischling, lief auf die Klägerin weiter zu. Dort prallte er gegen das linke Bein der Klägerin, wodurch sie eine Unterschenkelfraktur links inklusive einer Schienbeinkopffraktur mit bedeutsamen Weichteilverletzungen erlitt.

Die Geschädigte verlangte von dem Beklagten bzw. dessen Hundeversicherung Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Versicherung sah ein Mitverschulden der Klägerin, weil sie nicht der Witterung angepasstes Schuhwerk getragen habe und sie hätte ihren Hund von der Leine lassen müssen, um eine Unfallgefahr auszuschließen. Die Klägerin klagte jedoch vor dem örtlich zuständigen Landgericht Saarbrücken. Das erkennende Gericht hat Beweis erhoben. Die Klage hatte Erfolg.

Die Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz ist zulässig und begründet. Der Beklagte haftet zu einhundert Prozent. Zwar kann grundsätzlich die vom eigenen Tier ausgehende Tiergefahr entsprechend der §§ 254 I, 833 S.1 BGB sich anspruchsmindernd auswirken. Das ist aber hier i9m zu entscheidenden Rechtsstreit nicht der Fall. Eine solche Tiergefahr hat sich in dem eigenen Tier nicht verwirklicht. Der angeleinte Hund der Klägerin verhielt sich ruhig und hat keine eigene Energie aufgewendet. Deshalb besteht auch der ungeminderte Schadensersatzanspruch und Schmerzensgeldanspruch gegenüber dem Beklagten.Zwar besteht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB inVerbindungmit einem Schutzgesetz wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bzw. der Verletzung eines Schutzgesetzes.

Allein der Umstand, dass der Beklagte seinen Hund auf freiem Gelände hat frei herumlaufen lassen, begründet kein Verschulden. Im Saarland gibt es keine grundsätzliche Leinenpflicht. Ein Ausnahmetatbestand ist nicht erkennbar, geschweige denn substantiiert aufgezeigt. Weitere Verschuldensumstände sind nicht erkennbar. Die Klägerin hat aber gegen den Beklagten einen Anspruch auf immateriellen Schadenersatz in Höhe von 20.000,-- € und auf materiellen Schadenersatz in Höhe von insgesamt 31 .367,65 € aus dem Gesichtspunkt der Tierhalterhaftung gemäß der §§ 833 S 1, 249 II, 253 II BGB. Der Anspruch ist auch dem Grunde nach gerechtfertigt.

Gemäß § 833 Satz 1 BGB ist derjenige, der ein Tier hält, verpflichtet, einem Verletzten oder Geschädigten den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Tier den Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte ist Halter des den Schaden verursachenden Husky/Shar-Pei/Rottweiler-Mischlings. Dadurch, dass dieser Hund gegen das Bein der Klägerin gestoßen und diese zu Fall gebracht hat, hat sich diese am Bein verletzt. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit der gemäß § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit zur Überzeugung des Gerichts fest.

Die Zeugen haben den seitens der Klägerin behaupteten Unfallverlauf über-einstimmend in seinem wesentlichen Kern bestätigt. Zudem steht auf der Grundlage der Gutachten der Professoren Dr. K. und Dr. S. fest, dass die Klägerin infolge des Anpralls des Beklagtenhundes gegen das linke klägerische Bein eine Unterschenkelfraktur links inklusive Schienbeinkopffraktur mit bedeutsamen Weichteilschaden erlitten hat. Des Weiteren wurde die Körperverletzung der Klägerin durch die Realisierung der typischen Tiergefahr adäquat kausal verursacht. Eine typische Tiergefahr äußert sich nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl.: BGH, Urt. v. 31.5.2016 – VI ZR 465/15 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen) in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbstständigen Verhalten. Diese hat sich im streitgegenständlichen Verfahren zweifelsfrei dadurch realisiert, dass der Hund des Beklagten auf die Klägerin zugestürmt, gegen diese gestoßen ist und sie umgerissen hat. Ein anspruchsminderndes Mitverschulden nach § 254 BGB analog ist der Klägerin nicht zur Last zu legen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl.: BGH aaO.)muss sich der Geschädigte die Tiergefahr seines eigenen Tiers entsprechend §§ 254 I, 833 S.1 BGB nur dann mindernd auf seinen Anspruch aus Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB anrechnen lassen, wenn für die Entstehung des Schadens auch die Tiergefahr des eigenen Tiers mitursächlich war.

Voraussetzung ist, dass die typische Tiergefahr des Tiers des Geschädigten bei der Schadensentstehung adäquat mitursächlich geworden ist. Eine typische Tiergefahr äußert sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbstständigen Verhalten. An der Verwirklichung der Tiergefahr fehlt es insbesondere dann, wenn keinerlei eigene Energie des Tiers an dem Geschehen beteiligt ist. Letzteres war hier der Fall. Die Rolle des klägerischen Hundes beschränkte sich vorliegend allein darauf, ein an der Leine spazieren geführter Hund zu sein.

Fazit und Praxishinweis: Wer ein Tier hält, ist für die von diesem Tier ausgehende typische Tiergefahr grundsätzlich verantwortlich. Der Gesetzgeber hat dem Geschädigten bzw. Verletzten bei der Verwirklichung der Tiergefahr einen Schadensersatzanspruch zuerkannt. Gemäß § 833 Satz 1 BGB ist derjenige, der ein Tier hält, verpflichtet, einem Verletzten oder Geschädigten den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Tier den Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt. Gemäß § 833 Satz 1 BGB ist derjenige, der ein Tier hält, verpflichtet, einem Verletzten oder Geschädigten den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Tier den Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt. Dieser Schadensersatzanspruch enthält einen Anspruch auf Ersatz der materiellen, aber auch der immateriellen Schäden.
Quellen
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