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Die Parteien streiten aus abgetretenem Recht über restlichen Schadensersatz in Form der restlichen Mietwagenkosten aus einem Verkehrsunfallereignis, für das die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung vollumfänglich eintrittspflichtig ist. Trotz dieser einhundertprozentigen Haftung hat die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung nicht die vollen Mietwagenkosten erstattet.
Der von der Versicherung gekürzte Betrag von 235,14 € ist Gegenstand des Rechtsstreites vor dem Amtsgericht Köln. Mit Urteil vom 24.7.2015 – 272 C 51/14 – hat das erkennende Gericht der Klage stattgegeben.

Die klagende Mietwagenfirma hat einen Anspruch auf Zahlung der restlichenMietwagenkosten gemäß §§ 7 I, 17 I StVG, 249 ff, 398 BGB, 115 VVG. Die Klägerin kann von der Beklagten wegen Beschädigung einer Sache den nach § 249 II 1BGB für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag ersetzt verlangen. Dazu zählen auch die Mietwagenkosten , die entstanden sind durch Anmietung eines Ersatzfahrzeugs während der Reparaturdauer.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten darf, wobei er nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten , dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann.

Steht fest, dass dem Geschädigten ein günstigerer Normaltarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so kann ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden. Das steht hier allerdings nicht fest. Soweit die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung eingewendet hat, sie habe der Klägerin schriftlich ein "gleichwertiges Fahrzeug" für einen günstigeren Mietpreis täglich angeboten, greift dies nicht durch. Denn die Beklagte hat nicht ausreichend dargelegt, dass der Klägerin ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war. In dem von ihr vorgelegten Schreiben hat die Beklagte die Anmietung eines "gleichwertigen Fahrzeugs" inklusive aller km und Haftungsbefreiung in Aussicht gestellt. Die Geschädigte könne unmittelbar bei den genannten Mietwagenfirmen anrufen oder aber bei der Beklagten, die sich dann um ein Mietfahrzeug kümmern würde. Dieses Angebot genügt nach Auffassung des Gerichts nicht, weil es sich nicht um ein derart bestimmtes und für die Geschädigte prüffähiges Alternativangebot handelt, an welches sich die Klägerin halten müsste.

Wollte die Beklagte dies wirksam gegen den erhobenen Anspruch einwenden, so hätte sie der Klägerin nicht bloß die abstrakte Möglichkeit einer Anmietung eröffnen, sondern ein konkretes Angebot vorlegen müssen, aus welchem sich insbesondere der Vertragspartner, Modell und Typ des angemieteten Fahrzeugs, Angebotsinhalt und sämtliche Zusatzleistungen (zB auch enthaltene Freikilometer) ergeben. Nur dann hätte die Klägerin auch die Möglichkeit gehabt, dieses Angebot zu überprüfen und mit den Leistungen der von ihr gewählten Mietwagenfirma zu vergleichen. Denn dem Schreiben lässt sich aus Sicht der Geschädigten gar nicht sicher entnehmen, dass die Beklagte der Klägerin ein ihrem eigenen Fahrzeug vergleichbares Fahrzeug zur Verfügung stellen kann. Es ist nämlich nicht ersichtlich, was die Beklagte mit "gleichwertig" meint und ob sie damit dieselbe Mietwagenklasse im Sinne des Schwacke-Mietpreisspiegels meint. Bei dem Schreiben musste es sich aus Sicht eines Geschädigten um ein bloßes Formschreiben handeln, das nicht auf den konkreten Einzelfäll abgestimmt ist. Da die Beklagte die Darlegungspflicht für die tatsächlichen Voraussetzungen des § 254 Abs. 2 BGB trägt, hätte sie hierzu näher vortragen müssen.

Das erkennende Gericht konnte deshalb die Höhe der Mietwagenkosten gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des gewichteten Mittels (Modus) bzw. des arithmetischen Mittels des Schwacke-Automietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten geschätzt werden (vgl. BGH NJW 2006, 2106; BGH NJW 2008, 1519; OLG Köln, Urteil vom 18.03.2011 - 19 U 145/10 -; LG Köln, Urteil vom 28.04.2009 – 11 S 116/08 -).Eine Schätzung auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels ist zulässig, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel an der betreffenden Schätzgrundlage aufgezeigt werden, die sich in erheblichem Umfang auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH NJW 2006, 2106; BGH NJW 2008, 1519; LG Köln aaO.) Mängel in diesem Sinne hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Die konkretabgerechneten Mietkosten in Höhe von 357,68 € exklusive Mehrwertsteuer liegen unter den insoweit einschlägigen Angaben in dem maßgeblichen Schwacke-Mietspiegel.

Die Klägerin muss sich auch keinen Abzug für ersparte Eigenaufwendungen anrechnen lassen. Mietet der Geschädigte einen Ersatzwagen an, so erspart er in dieser Zeit wegen Nichtbenutzung des beschädigten Fahrzeugs eigene Aufwendungen, die er sich im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen muss (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, § 249 Rn 36). Dies gilt aber nach ständiger Rechtsprechung des Amtsgerichts Köln nicht, wenn er, wie hier, klassenniedriger angemietet hat. Zu erstatten sind auch die Kosten für die Ausstattung mit Winterreifen. Zwar schuldet der Autovermieter die Überlassung eines verkehrstauglichen Fahrzeugs. Jedoch ist die Ausstattung mit Winterreifen eine nach der Schwacke-Liste typischerweise gesondert zu vergütende Zusatzausstattung, die Autovermieter extra in Rechnung stellen (BGH VersR 2013, 730). Insgesamt stellen die berechneten Mietwagenkosten daher den erforderlichen Wiederherstellungsaufwand dar.

Fazit und Praxishinweis: Zutreffend hat das erkennende Gericht zunächst zur Schätzung der Schadenshöhe den maßgeblichen Schwacke-Mietpreisspiegel angewandt. Im Vergleich zu der Fraunhofer-Erhebung ist der auf einen engeren Bezirk ausgerichtete Schwacke-Mietpreisspiegel vorzugswürdiger. Zum anderen genügt, wie das Gericht zutreffend festgestellt hat, ein Schreiben der eintrittspflichtigen Versicherung, sie könne ein gleichwertiges Fahrzeug für einen günstigeren Anmietpreis anbieten, nicht, dem Geschädigten bei Nichtannahme dieses Angebotes eine Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht vorzuwerfen, denn bei einem derartigen Schreiben handelt es sich nicht um ein konkretes Angebot, das der Geschädigte hätte vergleichen können.
Quellen
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