Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

AG Völklingen misst Grundhonorar an VKS und Nebenkosten am JVEG
AG Völklingen Urteil vom 29.7.2015 – 16 C 65/15 –

RFWW

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall in Völklingen beauftragte das Unfallopfer einen anerkannten Kfz-Sachverständigen zur Erstellung eines Schadensgutachtens. Die vom Gutachter berechneten Kosten für das Schadensgutachten reichte der Geschädigte an die HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung weiter.
Diese regulierte trotz einhundertprozentiger Haftung nicht vollständig die berechneten Sachverständigenkosten. Der gekürzte Betrag ist Gegenstand des Rechtsstreits des Geschädigten gegen die HUK-COBURG und deren Versicherungsnehmer. Die Klage war nur zum Teil erfolgreich.

Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Dem Kläger stehen von den noch eingeklagten Gutachterkosten in Höhe von 599,45 € insgesamt nur 556,80 € zu. Das Grundhonorar des Sachverständigen gehört in voller Höhe von 353,00 € zzgl. MwSt. zu den erforderlichen Aufwendungen im Sinne des § 249 II BGB. Die berechneten Nebenkosten sind allerdings nur in Höhe von 114,90 € zzgl. MwSt. erforderliche Aufwendungen im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Gutachterkosten sind grundsätzlich zu ersetzen. Jedenfalls im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um einen Bagatellfall, bei dem sich der Geschädigte auf einen Kostenvoranschlag verweisen lassen muss. Das Grundhonorar ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Es entspricht dem Honorar gemäß Honorarerhebung 2012/2013 des VKS und des BVK für Bruttoreparaturkosten zwischen 1.250 und 1.500€.

Das Gutachten gelangt zu Brutto-Reparaturkosten in Höhe von 1271,59 €. Die in der Honorartabelle enthaltenen Werte beruhen auf einer relativ breiten Erfassungsgrundlage, was in erheblichem Umfang dafür spricht, diese Werte als übliche Vergütung sachverständiger Tätigkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB anzusehen. (LG Saarbrücken, Urteil vom 17.4.2014 – 13 S 24/14 -; LG Arnsberg, Urteil vom 21.1.2015 – 3 S 210/14 - ). Das gilt auch für die Porto-, Versand- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 15,-- € zzgl. MwSt. sowie die EDV-Abrufgebühr in Höhe von 20,-- € zzgl. MwSt. Sie stehen der Höhe nach im Einklang mit der Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken (LG Saarbrücken, Urteil vom 17.4.2014 – 13 S 24/14 - ). Die übrigen Nebenkosten sind an Hand der Werte des JVEG zu messen. Das gilt insbesondere für die Fotokosten. Auch die Kosten von 24,50 € zzgl. MwSt. für den ersten Fotosatz mit zehn Bildern sind in voller Höhe zu ersetzen.

Dem Geschädigten steht ein Anspruch auf Ersatz der tatsächlich entstandenen Nebenkosten zu, wenn sie nicht deutlich überhöht sind und das für den Geschädigten erkennbar ist. Die Kosten für den ersten Satz liegen zwar über dem von der Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken als Orientierungshilfe herangezogenen JVEG, das nur 2,40 € zzgl. MwSt. pro Bild für den ersten Fotosatz vorsieht. Die von Gutachter geltend gemachten Kosten sind jedoch nicht deutlich überhöht, denn sie liegen um weniger als 20 % über den Kosten des JVEG (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 17. April 2014 – 13 S 24/14). Auch nach der teilweisen Klagerücknahme nur noch geltend gemachten 5,95 € (5,00 € zzgl. USt.) für den weiteren Fotosatz sind nicht überhöht.

Als Druck-, Schreib- und Kopierkosten können nur 39,98 € (33,60 € zzgl. USt.) ersetzt verlangt werden, nämlich 23,32 € (19,60 € zzgl. USt.) für 14 Seiten zu je 1,40 € und 16,66 € (14,00 € zzgl. USt.) für 28 Seiten zu 0,50 € zzgl. USt. Hier sind nämlich nur die Orientierungswerte des JVEG zu ersetzen, da die vom Gutachter geltend gemachten Beträge mehr als 20 % über den Orientierungswerten des JVEG liegen (vgl. LG Saarbrücken, aaO.). An Fahrkosten für 24 km können statt der vom Gutachter geforderten 58,80 € zzgl. MwSt. und am Ende noch eingeklagten 49,20 € zzgl. MwSt. nur 20,-- € verlangt werden, nämlich 24 x 0,70 € = 16,80 € zzgl. MwSt. Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken kann abweichend von §§ 8 Abs. 1 Nr. 2, 5 JVEG 0,70 € pro Kilometer verlangt werden (vgl. LG Saarbrücken, aaO.).

Als Druck-, Schreib- und Kopierkosten können nur 39,98 € (33,60 € zzgl. MwSt.) ersetzt verlangt werden, denn hier sind nur die Orientierungswerte des JVEG zu ersetzen, da die vom Gutachter geltend gemachten Beträge mehr als 20 % über den Orientierungswerten des JVEG liegen (vgl. LG Saarbrücken, aaO.). An Fahrkosten für 24 km können statt der vom Gutachter geforderten 58,80 € nur 20,-- € verlangt werden, nämlich 24 x 0,70 € = 16,80 € zzgl. MwSt. Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken kann abweichend von §§ 8 Abs. 1 Nr. 2, 5 JVEG 0,70 € pro Kilometer verlangt werden (LG Saarbrücken aaO.).

Fazit und Praxishinweis: Das Urteil des Richters der 16. Zivilabteilung des AG Völklingen verstößt eklatant gegen die Rechtsprechung des Saarländischen OLG und des BGH. Der BGH hatte bereits in der Grundsatzentscheidung vom 23.1.2007- VI ZR 67/06 – (=BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 mit zust. Anm. Wortmann) erkannt, dass die von der Berufungskammer des LG Frankfurt / Oder vorgenommene Übertragung der Grundsätze des JVEG für die Vergütung gerichtlicher Sachverständiger auf Privatgutachter nicht angebracht ist. Der Anwendungsbereich des JVEG ist auf die in § 1 JVEG genannten Verfahren beschränkt. Einer Übertragung auf Privatgutachter steht schon der Umstand entgegen, dass Privatgutachter im Unterschied zu gerichtlich bestellten Sachverständigen, die zu den Parteien des Rechtsstreits nicht in einem Vertragsverhältnis stehen, dem Auftraggeber nach allgemeinen Regeln sowohl vertragsrechtlich als auch deliktsrechtlich haften, während die Haftung gerichtlich bestellter Sachverständiger der Sonderregelung des § 839a BGB unterliegt.

Danach ist die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt, damit der gerichtlich bestellte Sachverständige, der nach den Verfahrensregelungen der ZPO und der stopp regelmäßig zur Übernahme der Begutachtung verpflichtet ist, seine Gutachtertätigkeit ohne den Druck eines möglichen Rückgriffs der Parteien ausüben kann. Schon von daher verbietet sich eine Übertragung der Grundsätze des JVEG auf Privatgutachter. Gleichwohl hat die Berufungskammer des LG Saarbrücken eine Übertragung des JVEG zumindest auf die Nebenkosten angenommen. Aber auch diese als Mindermeinung zu bezeichnende Ansicht ist irrig, denn der BGH hatte sowohl bei dem Grundhonorar als auch bei den Nebenkosten eine Übertragung des JVEG abgelehnt. Die Rechtsprechung des LG Saarbrücken widerspricht daher der BGH-Rechtsprechung. Auch das OLG Saarbrücken verneint eine JVEG-basierte Überprüfung. Daher kann das vorstehende Urteil nur kritisch betrachtet werden.
Quellen
    • Foto: shoot4u - Fotolia.com