Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

Kann E-Learning den Theorieunterricht ersetzen?
E-Learning-Vorstoß der BASt ruft Kritik aus der Wissenschaft und aus den Reihen der Fahrlehrer hervor

RobGal

Ohne theoretische und praktische Prüfung gibt es den begehrten Führerschein nicht. Er ist das Dokument für die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen.
Die Fahrausbildung geht zurück auf das Jahr 1909, als während der Kaiserzeit die "Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen" in Kraft trat. Erst 1958, nach Weltkrieg und Beginn der Massenmotorisierung, wurde die praktische um die theoretische Fahrausbildung ergänzt. Übrigens wurden im selben Jahr die gesetzlichen Bestimmungen abgeschafft, wonach eine Frau bei ihrem Ehemann um Erlaubnis fragen musste, wenn sie eine Fahrausbildung machen wollte. Die Verordnung von 1909 blieb ansonsten aber weitgehend unverändert, bis 1999 die Fahrerlaubnisverordnung der Europäischen Union mit einheitlichen Fahrerlaubnisklassen Gültigkeit erlangte.

Derzeit wird in Fachkreisen diskutiert, ob der theoretische Unterricht nicht ökonomischer gestaltet werden könne, und zwar über E-Learning, das heißt Lernen allein mit elektronischen oder digitalen Medien und ohne professionellen Fahrlehrer. Dagegen wenden sich nun Margret Fell und Walter Weißmann. Die Pädagogikprofessorin an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der Vorsitzende des Vereins "Bayerische Fahrlehrer" warnen in einem Beitrag für die "Zeischrift für Verkehrssicherheit" (ZVS) "eindringlich" vor einer "Entwicklung hin zu einer Entpädagogisierung der Fahrausbildung".

Angestoßen wurde die Debatte durch eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), die das "selbstständige Theorielernen", bei dem die Fahrschüler das Lerntempo selbst bestimmen, als kostengünstige Alternative ins Gespräch brachte. Fell und Weißmann lehnen das ab. Die beiden Experten für Fahrausbildung argumentieren, dass es bei der Fahrausbildung um eine "am ganzen Menschen orientierte Ausbildung mit der ausdrücklichen Betonung auf Bildung" gehe. Die theoretische Fahrausbildung würde durch E-Learning "entpersonalisiert", und gerade jener Ausbildungsteil könnte "abgewertet" werden, der für eine verantwortungsbewusste Mitwirkung am Straßenverkehr erforderlich ist, etwa die Entwicklung von Selbstkritik durch Diskussionen mit dem Fahrlehrer und den Mitschülern.

"Nach anerkannten wissenschaftlichen Studien ist es mit der Selbstlernkompetenz längst nicht so weit her, wie dies oft unterstellt wird", betonen die Autoren. Das bestätigen auch die Ergebnisse eines Forschungsprojekts von Professor Dr. Armin Kaiser und Dr. Ruth Kaiser von der Bundeswehruniversität München. Sie sehen bei E-Learning große Probleme, seien es Sprach- oder ganz generell Lernprobleme.

Seine Berechtigung hat ein präziser theoretischer Verkehrsunterricht in Zukunft vor allem durch die gestiegenen sozialen Herausforderungen des immer komplexer werdenden Straßenverkehrs, meinen Fell und Weißmann. Fahrlehrer hätten verstärkt die Aufgabe, unterstreichen sie, sich um die Frage des angemessenen Umgangs der Verkehrsteilnehmer miteinander zu kümmern. Das könne der theoretische Fahrunterricht gerade deshalb leisten, weil er nicht dem Druck während des praktischen Teils ausgesetzt ist. Die Pädagogikprofessorin und der Fahrlehrer betonen, dass der Sinn des theoretischen Unterrichts gerade darin bestehe, soziale Kompetenzen wie Toleranz, Verantwortung und Kooperation zu erlernen, und das sei nur durch die Anwesenheit und im Dialog mit einem Fahrlehrer und den Mitfahrschülern möglich.
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser (Kb)
    • Foto: Gerhard Seybert - Fotolia.com