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Die schleswig-holsteinische Gemeinde G. ließ auf einer Gemeindestraße Ausbesserungsarbeiten durch eine beauftragte Tiefbaufirma durchführen.
Zur Erneuerung des Straßenbelages wurde unter anderem Rollsplitt verwendet. Die Baufirma stellte nach Abschluss der Bauarbeiten für knapp eine Woche Verkehrszeichen auf, die auf den Rollsplitt und die allgemeine Gefahrenlage hinwiesen. Nach einer Woche wurden die Verkehrszeichen bis auf ein Zeichen ''allgemeine Gefahrenstelle'' (Zeichen 101) entfernt.

Nach dem Abbau der Verkehrszeichen befuhr der spätere Kläger die frisch ausgebesserte Gemeindestraße bei Tageslicht. Im Bereich einer Rechtskurve stürzte er auf dem Rollsplitt. Er erlitt unter anderem Verletzungen an der Hand und am Knie und musste dreimal operiert werden. Er verlangt wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schadensersatz und Schmerzensgeld. Im Berufungsverfahren entschied der 7. Zivilsenat des OLG Schleswig, dass die beklagte Gemeinde als Träger der Straßenbaulast auf Schadensersatz und Schmerzensgeld haftet.

Die Gemeinde haftet als Träger der Straßenbaulast auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Auch wenn sie die konkret durchzuführenden Arbeiten auf ein anderes Unternehmen übertragen hat, behält sie ihre Aufsichts- und Überwachungspflichten, die sie im vorliegenden Fall verletzt hat. Denn das beauftragte Unternehmen hat nach Durchführung der Bauarbeiten die auf Rollsplitt hinweisenden Verkehrszeichen mit Ausnahme des einen Verkehrsschildes mit dem Hinweis auf eine allgemeine Gefahrenstelle ein paar Kurven vor der Unfallstelle unmittelbar vor dem Unfall abbauen lassen. Der Rollsplitt war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Weise beseitigt, dass keine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer mehr bestand. Die Gemeinde hätte daher dafür sorgen müssen, dass die Verkehrszeichen mit dem Hinweis auf Rollsplitt noch so lange aufgestellt bleiben müssen, bis der Rollsplitt entfernt war. Jedoch trifft den Motorradfahrer haftungsrechtlich ein Mitverschulden. Das Mitverschulden ergibt sich aus der von dem Motorrad ausgehenden Betriebsgefahr, die durch einen Fahrfehler des Motorradfahrers erhöht wurde. Denn der Motorradfahrer hatte sein Motorrad im Kurvenbereich zum Beschleunigen hochgeschaltet und damit eine vermeidbare Gefahrerhöhung geschaffen.

Zwar war der auf der Straße befindliche Rollsplitt für den Motorradfahrer vor und bei Befahren der Rechtskurve optisch nicht erkennbar. Jedoch hätte für den Motorradfahrer das ein paar Kurven vor der Unfallstelle auf eine Gefahrenstelle hinweisende Verkehrszeichen Anlass sein müssen im Bereich der Rechtskurve das Motorrad nicht zu beschleunigen. Das Verkehrszeichen "allgemeine Gefahrenstelle" hätte Warnung sein müssen, dass auch mit einigem zeitlichen Abstand noch Gefahrenstellen auftreten können. Zudem war aufgrund des optischen Eindrucks für den Benutzer der Straße erkennbar, dass im Unfallbereich Ausbesserungsarbeiten stattgefunden hatten, die zu besonderer Vorsicht hätten Anlass geben müssen. Denn der ausgebesserte Bereich war deutlich dunkler gefärbt als der übrige Straßenbelag. Das Mitverschulden des Motorradfahrers führt zu einer Haftungsverteilung von 1/3 zu seinen Lasten und 2/3 zu Lasten der Gemeinde. Neben 2/3 der materiellen Schäden unter anderem an Helm und Motorrad erhält der Kläger auch ein Schmerzensgeld in Höhe von 4000,-- €.

Fazit und Praxishinweis: Die Gemeinde haftet als Träger der Straßenbaulast auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, wenn sie nicht dafür sorgt, dass auch nach Abschluss von Straßenbauarbeiten an der Fahrbahnoberfläche mit Aufbringen von Rollsplitt noch einige Zeit, bis zum endgültigen Entfernen des Rollsplitts, die entsprechenden Verkehrszeichen mit der Warnung vor Rollsplitt aufgestellt sind bzw. bleiben. Stürzt allerdings ein Motorradfahrer auf dem frisch aufgetragenen Rollsplitt, weil er im Kurvenbereich beschleunigte und so ins Rutschen geriet und dabei stürzte, so trifft diesen eine Mitschuld.
Quellen
    • Foto: Pierre Landry - Fotolia.com