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Am 14.4.2014 ereignete sich in K. ein Verkehrsunfall. Der spätere Kläger befuhr mit seinem Pkw die B-Straße in Richtung O. Kurz vor der Autobahnbrücke musste er vor einer Rechtskurve hinter einem am rechten Fahrbahnrand stehenden Müllfahrzeug anhalten.
Der später beklagte Fahrer des bei der mitverklagten Kfz-Haftpflichtversicherung versicherten Fahrzeugs fuhr auf den B-Straße in gleicher Richtung wie der Kläger. Wegen der Entsorgungstätigkeiten musste auch er hinter dem Müllfahrzeug und dem Pkw des Klägers anhalten. Kurz darauf kam es zu Kollision zwischen dem Fahrzeug des Klägers und dem des Beklagten, als beide im Begriff waren, an dem Müllfahrzeug vorbeizufahren.

Das Amtsgericht Mainz verurteilte zu einer Quote von 80 zu 20, wobei es im Urteil vom 23.10.2014 – 80 C 210/14 - die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Beklagten mit 20 Prozent berücksichtigte. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers führte zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteil und zu einer Haftungsverteilung von 50 zu 50 Prozent.

Die zulässige Berufung des Klägers hat zum Teil Erfolg. Sowohl die Beklagten als auch der Kläger haben fürdie Folgen des streitgegenständlichen Unfalls gemäß der §§ 7, 17 I, 17 II StVG in Verbindung mit § 115 VVG einzustehen. Für keinen der Fahrer war der Unfall ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 III StVG. Der Kläger hatte seinen Pkw hinter dem Müllfahrzeug angehalten, um den Gegenverkehr passieren zu lassen. Damit war der Kläger noch im fließenden Verkehr. Um an dem Müllfahrzeug vorbeifahren zu können, hatte sich der Kläger auch auf den nachfolgenden Verkehr zu konzentrieren.

Er musste auch das Ausscheren hinter dem Müllfahrzeug durch Betätigen des Richtungsfahranzeigers ankündigen. Aber auch dem beklagtenKraftfahrer ist ein Verstoß gegen § 5 II Nr. 1 StVO zur Last zulegen. Denn der beklagte Kraftfahrer hat ein Fahrzeug überholt. Für den Beklagten bestand beim Überholen eine unklare Verkehrslage. Eine unklare Verkehrslage besteht, wenn nach allen objektiven Umständen und nicht nach dem Gefühl des Überholwilligen mit einem ungefährlichen Überholen nicht gerechnet werden darf. Unklar ist die Verkehrslage dann, wenn sich nicht verlässlich beurteilen lässt, was der Vorausfahrende sogleich nun tun wird. Unklar ist die Verkehrslage nicht schon dann, wenn ein Vorausfahrender langsamer wird oder anhält. Es müssen noch weitere Umstände hinzutreten (vgl. LG Saarbrücken NJW-RR 2014, 292 Rd-Nr. 13 m.w.N.).

Solche Umstände lagen hier vor. Obwohl der Kläger keinen Fahrtrichtungsanzeiger betätigt hatte, konnte der Beklagte jedoch nicht davon ausgehen, dass das Fahrzeug hinter dem Müllwagen geparkt wird. Das Müllfahrzeug wurde beladen. Es erfolgte erkennbar eine Müllentsorgung durch die am Fahrzeug beschäftigten Müllwerker. Der Beklagte hätte daher beachten müssen, dass der Kläger nur wegen des Ladevorgangs am müllfahrzeug und wegen möglichen Gegenverkehrs hinter dem Müllwagen angehalten hatte und bei nächster passender Gelegenheit weiterfahren würde. Ebenso ist nicht erwiesen, dass er selbst den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt hatte, als er zum Überholen ansetzte. Nach alledem trifft auch den Beklagten ein Verschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalls. Bei der gebotenen Abwägung nach § 17 I und II StVG kommt eine Haftungsverteilung von 50 zu 50 Prozent in Betracht. Damit steht dem Kläger die Hälfte des unstreitigen Schadensbetrages von 1.443,88 € nebst Zinsen zu.

Fazit und Praxishinweis: Gerade, wenn auf der Straße Sonderfahrzeuge, in der Regel mit gelbem Blinklicht, unterwegs sind, ist besondere Vorsicht beim Vorbeifahren walten zu lassen. Dies gilt nicht nur für die an den Sonderfahrzeugen arbeitenden Beschäftigten, sondern auch, weil diese Fahrzeuge ein Hindernis bilden, an dem der fließende Verkehr vorbeifahren muss. Um Vorbeifahren zu können, ist der Gegenverkehr zu beachten, aber auch der nachfolgende Verkehr, wenn zum Überholen angesetzt wird. Kommt es dabei zur Kollision mit einem dahinter befindlichen Fahrzeug, ist regelmäßig von einer hälftigen Haftungsverteilung auszugehen.
Quellen
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