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Polizei muss auch bei Einsatzfahrt Sicherheitsabstand einhalten
OLG Oldenburg Urteil vom 5.3.2015 – 1 U 46/15 –

RFWW

Während einer Einsatzfahrt der Polizei im Polizeibezirk Aurich in Niedersachsen kam es zu einem Verkehrsunfall mit einem Kleinbus. Vor dem Polizeifahrzeug fuhr ein Kleinbus, der von der später beklagten Fahrerin gesteuert wurde.
Der Kleinbus ist zur Unfallzeit bei der ebenfalls beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung versichert gewesen. Das Polizeifahrzeug war auf einer Einsatzfahrt, wobei das Martinshorn und das Blaulicht eingeschaltet waren. Der Kleinbus wollte zunächst nach links abbiegen. Es bremste jedoch abrupt ab. Der Fahrer des Polizeifahrzeugs wollte den Kleinbus recht überholen, prallte allerdings auf den stehenden Kleinbus auf. An beiden Fahrzeugen entstand erheblicher Sachschaden.

Eigentümer des Polizeifahrzeugs ist das Land Niedersachsen. Es verlangte von der Haftpflichtversicherung des Kleinbusses Schadensersatz in Höhe von rund 13.000,-- €. Dabei war das Land der Ansicht, die Fahrerin des Kleinbusses sei alleine für den Unfall und deren Folgen verantwortlich. Das Landgericht Aurich verurteilte die Beklagten in seinem Urteil – 2 O 790/13 – zur Zahlung des vollen Schadensersatzes. Es war der Ansicht, dass die Fahrerin sofort hätte die Fahrbahn für das Einsatzfahrzeug freimachen müssen. Fahrerin und beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung legten gegen das Urteil Berufung ein. Sie sahen eine Mithaftung des Fahrers des Polizeifahrzeugs in Höhe von 25 Prozent.

Der zuständige 1. Zivilsenat des OLG Oldenburg sah es ebenso. Entgegen der Auffassung der 2. Zivilkammer des LG Aurich ist von einer Mithaftung des Landes Niedersachsen von 25 Prozent auszugehen. Der Fahrer des Polizeifahrzeugs hat nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand eingehalten, wodurch es zur Kollision mit dem Kleinbus kam. Der Fahrer eines Polizeifahrzeuges hat damit rechnen müssen, dass die Fahrerin des Kleinbusses unsicher auf das Einsatzfahrzeug reagieren würde. Er hätte auch damit rechnen müssen, dass die Fahrerin des Kleinbusses den Abbiegevorgang abbrechen würde und abbremste.

Es ist häufig so, dass Verkehrsteilnehmer beim Ertönen des Martinshornsnicht rationell reagierten. Im Übrigen müssen sich die Besatzungen der Einsatzfahrzeuge immer vor Augen halten, dass die ihnen zustehenden Sonderrechte bei Einsatzfahrten nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zustehen. Dazu gehört es auch, dass der erforderliche Sicherheitsabstand eingehalten wird. Unabhängig davon rechtfertigt auch die Betriebsgefahr des mit Sonderrechten fahrenden Polizeifahrzeugs für sich genommen bereits eine Mithaftung von 25 Prozent. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage vor dem Senat einigten sich die Haftpflichtversicherung des Kleinbusses und der Vertreter des Landes Niedersachsen sich auf die Abrechnung zu der Quote von 25 zu 75. Danach wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt, so dass nur noch über die Kosten zu entscheiden war.

Fazit und Praxishinweis: Auch die Führer von Einsatzfahrzeugen mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn müssen die Regeln der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beachten, auch wenn sie auf einer Einsatzfahrt Sonderrechte beanspruchen können. Das eingeschaltete Blaulicht und das Martinshorn zusammen geben dem Führer eines Einsatzfahrzeuges keinen Freibrief, sich über alle Rechte und Gesetze hinwegzusetzen. Kommt es zu einem Unfall, so ist eine Mithaftung des Eigentümers des Einsatzfahrzeugs aus dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr denkbar.
Quellen
    • Foto: MarkusBeck - Fotolia.com