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OLG Düsseldorf: Restbenzin im Tank ist kein ersatzfähiger Schaden
OLG Düsseldorf Urteil vom 10.1.2017 – I-1 U 46/16 –

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Bei einer Fahrt des Rettungsfahrzeuges in Wuppertal kam es auf einer Kreuzung zu einem Verkehrsunfall, bei dem der Pkw des späteren Klägers so stark beschädigt wurde, dass laut Gutachten eines Kfz-Sachverständigen wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten war.
Mit den Wiederbeschaffungskosten laut Gutachten unter Abzug des Restwertes, den der Kfz-Sachverständige am regionalen Markt mit drei Geboten festgestellt hat, macht der Geschädigte auf die Schadensposition "Resttankinhalt" mit 25,-- € geltend. Die Kfz-Versicherung des Einsatzfahrzeuges verweigert die Erstattung.

Im Übrigen streiten die Parteien über die Haftungsquote. Das in erster Instanz zuständige Landgericht Wuppertal nahm mit Urteil vom 10.3.2016 – 7 O 119/14 - eine Haftungsquote von 90 zu 10 zu Lasten des Klägers an. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers. Das OLG Düsseldorf nahm mit Urteil vom 10.1.2017 – I-1 U 46/16 – eine hälftige Quotelung vor. Die Resttankkosten verneinte es als ersatzfähigen Schaden.

Die zulässige Berufung des Klägers führt lediglich zur Anspruchsberechtigung dem Grunde nach. Entgegen der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts Wuppertal ist der Haftungsanteil des Klägers nicht nur mit 10 Prozent der klägerischen Unfallschäden anzunehmen, sondern zu der geltend gemachten Quote von 50 Prozent. Unbegründet ist allerdings das Rechtsmittel hinsichtlich der Schadensposition "Restbenzin im Tank". Diese Schadensposition stellt keinen ersatzfähigen Schaden dar. Der Kläger hat es durch ihn zumutbare Maßnahmen unterlassen, den Eintritt der streitgegenständlichen Vermögenseinbuße zu verhindern. Im Ergebnis richtig hat das angefochtene Urteil des Landgerichts Wuppertal die streitige Position "Restbenzin im Tank, 18 Liter a 1,50 € = 27,-- €" als nicht erstattungsfähig angesehen. Dem Kläger ist vorzuhalten, dass er die Entstehung dieser Schadensposition im Sinne eines Mitverschuldens gemäß § 254 I BGB mit der Folge des Wegfalls jeglicher Anspruchsberechtigung selbst zu verantworten hat. Durch das Unfallereignis als solches war dem Kläger noch kein Schaden bezüglich des in seinem Kraftfahrzeug noch vorhandenen Kraftstoffs entstanden.

Das Benzin befand sich weiterhin in seinem Besitz und Eigentum. Der wirtschaftliche Nachteil trat für den Kläger erst ein, als er sich aus freien Stücken entschloss, das Unfallfahrzeug für denjenigen Restwert zu veräußern, den der Schadensgutachter mit 300,-- € als das höchste von drei Restwertgeboten aus dem regionalen Markt ausgewiesen hatte. In die Ermittlung des Restwertes war der Umstand eines noch verhältnismäßig vollen Tankinhalts nicht eingeflossen. Denn das Maß der Tankfüllung stellt in der Praxis regelmäßig keinen bestimmenden wertbildenden Faktor für den Fahrzeughandel dar. Erfahrungsgemäß werden Restwertgebote von den Restwertaufkäufern ohne Berücksichtigung eines bestimmten Tankinhalts abgegeben. Deshalb kann entgegen der Wertung des LG Wuppertal das Fahrzeug des Klägers nicht mit allen Einbauten und Betriebsstoffen als wirtschaftliche Einheit angesehen werden.

Verbleiben nach einem Totalschadensfall noch überdurchschnittlich große Mengen an Treibstoff im Fahrzeugtank und ist der Geschädigte mit deren unvergüteten Hingabe nicht einverstanden, dann ist es seine Aufgabe, den damit verbundenen wirtschaftlichen Wert selbst zu realisieren. Der Geschädigte kann das Benzin selbst abpumpen oder Dritte damit beauftragen. Er hätte aber auch mit dem Käfer des Unfallfahrzeugs separat eine Erhöhung des Kaufpreises aushandeln können. Das wäre dem Kläger auch ohne Weiteres möglich gewesen, da in dem Gutachten des Schadensgutachters der Restwertaufkäufer mit dem höchsten Gebot mit Firma und deren Sitz und Telefonnummer aufgeführt war.

Fazit und Praxishinweis: Obwohl die bisherige überwiegende Meinung den Resttankinhalt als ersatzfähigen Schaden angenommen hatte (vgl. LG Regensburg NZV 2005, 49 f.; AG Charlottenburg ZfS 1989, 80; AG Duisburg Urt. v. 4.8.2010 – 50 C 2475/09 -; AG Solingen Urt. v. 18.6.2013 – 12 C 638/12 - ; Wortmann DS 2009, 253, 259), sieht das nun das OLG Düsseldorf anders. Allerdings überzeugt die Begründung des 1. Zivilsenats des OLG Düsseldorf nicht. Der Geschädigte hat an der Unfallstelle keinerlei Behältnisse, in die er das Restbenzin abpumpen kann. Auch wenn er das Abpumpen durch Dritte veranlassen würde, kostet das Abpumpen mehr als der Tankinhalt wert ist. Letztlich ist mit dem Eintritt des Totalschadens auch der verbliebene Kraftstoff dem Geschädigten entzogen. Würde der Geschädigte nämlich kostspielig den Kraftstoff abpumpen lassen, würde ihm der Vorwurf der Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht gemacht werden. Schon aus diesem Grunde erscheint der Resttankinhalt für den Geschädigten verloren.
Quellen
    • Foto: Sandor Jackal - Fotolia.com