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Das Thema Senioren im Straßenverkehr war auch das Thema eines Arbeitskreises auf dem diesjährigen Verkehrsgerichtstag in Goslar, der vom 25. Bis 27. Januar 2017 stattfand. Im Arbeitskreis III ging es auf Vorschlag der Versicherer um die Senioren im Straßenverkehr. Um letztlich die Empfehlung des Verkehrsgerichttages verstehen zu können, geben wir den Lesern der Unfallzeitung die einzelnen Referate im Zusammenhang bekannt.
Versicherungen fordern Kontrollfahrt für Senioren - Versicherungen fordern Kontrollfahrt für Senioren – unter dieser Überschrift hatte die Unfallzeitung am 19.1.2017 über eine Forderung der Versicherer berichtet.

1. Referat des Leiters der Unfallforschung im GDV:

So hatte der Leiter der Unfallforschung der Versicherer im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), Herr Brockmann gefordert, dass Senioren ab dem 75. Lebensjahr eine Kontrollfahrt durchführen sollten, damit ihre Verkehrssicherheit geprüft werden kann. Darüber hatten wir bereits am 19.1.2017 hier in der Unfallzeitung berichtet. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Unfallzahlen der Senioren zu derartigen Überlegungen führen müssten. Denn die Zahl der Senioren im Straßenverkehr würde immer mehr zunehmen. Das ist zwar richtig, weil die älteren Mitmenschen dank der modernen Medizin immer älter werden, zumindest statistisch gesehen. Berücksichtigt man allerdings die vielen schweren Unfälle, die durch Fahranfänger verursacht werden, so sind in absoluten Zahlen die Senioren weniger oft an schweren Unfällen beteiligt. Seitens der Versicherer wird allerdings auf die relativen Zahlen hingewiesen. Die relativen Zahlen würden allerdings heute schon zeigen, dass mit veränderter Demographie und der zunehmenden Zahl auch weiblicher Führerscheinbesitzer die Zahl der hochbetagten Fahrzeugführer in den nächsten Jahren deutlich anwachsen würden. Die Senioren sollten daher ab dem 75. Lebensjahr eine obligatorische Rückmeldefahrt durchführen. Diese Fahrt würde das Erkenntnisproblem vieler Senioren beseitigen und die Familien bei ihren Anspracheproblemen entlasten. Dabei soll die Rückmeldung nicht in erster Linie die Aufgabe des Fahrens zum Ziel haben, sondern Möglichkeiten zum Erhalt einer sicheren Mobilität aufzeigen.

2. Referat des Herrn Prof. Dr. phil. Fastenmeier, Psychologische Hochschule Berlin

In diesem Referat wurde das von dem GDV im vorgehenden Referat geschilderte Szenario nicht bestätigt. Vielmehr wies der Referent darauf hin, dass Senioren tatsächlich nicht häufiger als der Durchschnitt der Kraftfahrer an Unfällen beteiligt ist im Gegensatz zu der stak erhöhten Unfallbeteiligung junger, unerfahrener Fahrer, obw0ohl ältere Fahrer den Straßenverkehr mit einem allgemeinen, altersbedingten Abbau körperlicher und psychischer Leistungsfähigkeit bewältigen müssen. Gleichwohl haben politische Entscheidungen in einer Reihe von Staaten zur Einführung sogenannter altersbezogener Pflichtuntersuchungen zur Geeignetheit älterer Fahrer geführt. Weltweite Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass durch Tests oder Kontrollfahrten ält6erer Menschen das spätere Unfallrisiko nicht vorhersagen lässt. Eine auf das Alter bezogene Überprüfung wird die Verkehrssicherheit nicht verbessern, unabhängig von der Art der eingesetzten Prüfmethoden. Der Referent schlug daher vor, individuelle Beratungs- und Trainingsangebote sowie die Entwicklung eines Katalogs anlassbezogener Überprüfungen anhand seriöser wissenschaftlicher Kriterien vorzunehmen.

3. Referat der Amtsanwältin Focken von der Staatsanwaltschaft Hamburg

Sie wies darauf hin, dass dieses Thema immer dann kontrovers diskutiert wird, wenn sich ein spektakulärer Unfall ereignet, der von einem älteren Kraftfahrer verursacht wurde. Sie vertrat die Ansicht, dass über 75 Jahre alte Fahrzeugführer als Hauptverursacher überdurchschnittlich oft an Unfällen mit Personenschäden beteiligt wären. Das könne aus der Hamburger Verkehrsunfallstatistik für 2013 7 2014 entnommen werden. Das Lebensalter alleine dürfte aber nicht die Grundlage für fahreignungsrelevante Überprüfungen sein. Sie appelliert dafür, dass ältere Fahrzeugführer und deren Angehörige sich frühzeitig eigenverantwortlich mit der Thematik auseinandersetzen und sich beraten lassen. Dabei kommt eine Beratung durch den behandelnden Hausarzt oder Facharzt eine besondere Bedeutung zu. Dabei muss der behandelnde Arzt auch das Melderecht beachten, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu befürchten ist. Über die Art und Weise der Fahreignungsprüfung muss allerdings noch eine Diskussion und Auseinandersetzung stattfinden.

4. Referat des Regierungsamtsrates Hofstätter von der Regierung Oberbayern

Es gibt kein spezielles Fahrerlaubnisrecht für Senioren im Straßenverkehr. Schon aus Gründen der Diskriminierung älterer Menschen im Straßenverkehr muss dieses Thema sorgfältig behandelt werden. Sicherlich ist zu beachten, dass immer mehr ältere Menschen mit ihren Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs sind. Das liegt an der Alterspyramide. Daher werden auch immer mehr ältere Menschen an Unfällen beteiligt sein. Nach seiner Auffassung sind jedoch nicht unbedingt die vorliegenden Erkrankungen Ursache der Unfälle mit Senioren, sondern die mangelnde Kenntnis über die altersbedingte Erkrankung und das mangelnde Befolgen ärztlicher Hinweise und Ratschläge. Multimorbilität, polytoxische Medikation und fehlende Adhärenz führen letztlich in der Summe dazu, dass die psycho-physische Leistungsfähigkeit langsam aber stetig herabgesetzt wird. Aus den Erfahrungen der Fahrerlaubnisbehörden im Rahmen der anlassbezogenen Fahreignungsüberprüfungen bei älteren Verkehrsteilnehmern ist vor dem Hintergrund von Multimorbilität, nicht ausreichender Adhärenz und oft nicht überschaubarer Medikamentengabe eindeutig die Empfehlung zu geben, de4r Untersuchung der psycho-physischen Leistungsfähigkeit mehr Bedeutung beizumessen.

Empfehlungen des Verkehrsgerichtstages:

Es ist festzustellen, dass es Hinweise darauf gibt, dass ältere Menschen als Kraftfahrer ein zunehmendes Risiko für die Sicherheit im Straßenverkehr darstellen. Allerdings war auch der Verkehrsgerichtstag der Ansicht, dass es für die Einführung genereller, obligatorischer und periodischer Fahreignungsprüfungen für Senioren im Straßenverkehr derzeit keine Grundlage gibt. Es wurde die Empfehlung ausgesprochen, die Meldepflicht der Ärzte zu verbessern, damit bei bestehenden und nachgewiesenen Problemen bei den kraftfahrenden Senioren eingegriffen werden kann. Dafür muss die verkehrsmedizinische Kompetenz der Ärzte verbessert werden. Die älteren Verkehrsteilnehmer werden aber aufgerufen, in Eigenverantwortung jederzeit zu prüfen, ob und wie sie auf individuelle Einschränkungen ihrer Fahreignung reagieren müssen.
Quellen
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