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Die Schiene wehrt sich gegen den Lang-Lkw
Hochschulstudie kritisiert Verlagerung von der Schiene auf die Straße / Bundesverkehrsministerium widerspricht

RobGal

Durch die Einführung von Lang-Lkw kommt noch mehr Lkw-Verkehr auf deutschen Straßen – das ist das Ergebnis einer Studie, die im Auftrag der "Allianz pro Schiene" von den Verkehrswissenschaftlern Herbert Sonntag, Professor an der TH Wildau, und Gernot Liedtke, Professor an der TU Berlin, durchgeführt wurde.
Die Mega-Lkw dürfen bis zu 25,25 Meter lang sein und überragen damit bei unveränderten 40 Tonnen Gesamtgewicht (44 Tonnen im Kombiverkehr) die bisherigen Brummis um 6,50 Meter. Sollten sie generell zugelassen werden, würde das laut Studie mehr Lkw-Verkehr nach sich ziehen und nicht weniger, wie die Befürworter behaupten. Denn eine deutliche Verlagerung der Gütertransporte von der Schiene auf die Straße wäre die Folge. Immerhin würden dann acht Millionen Tonnenkilometer oder 7,6 Prozent der auf der Schiene transportierten Ladung über die Straße fahren. Das seien, so die Verkehrswissenschaftler, etwa 7.000 zusätzliche Lkw-Fahrten pro Tag. Vorrangig geht es dabei um die Verfrachtung von Autoteilen, Chemiefasern, Möbeln, Holz und landwirtschaftlichen Erzeugnissen.

Nach Ansicht von Herbert Sonntag von der TH Wildau wird sich "die Hoffnung vieler Politiker, durch den Einsatz von längeren Lkw die Zahl der Lastwagen auf den Straßen zu vermindern, nicht erfüllen". Denn "die Behauptung, dass der Riesen-Lkw sogar ein Beitrag zum Umweltschutz im Güterverkehr sein könne, ist mit unseren Berechnungen widerlegt." Der Auftraggeber der Studie, die Allianz pro Schien, ist ein Zusammenschluss von Eisenbahn-, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie Gewerkschaften und wissenschaftlichen Einrichtungen, die zusammen zwei Millionen Mitglieder repräsentieren.

Das Bundesverkehrsministerium widerspricht der wissenschaftlichen Prognose. Verlagerungseffekte von der Schiene auf die Straße seien während des laufenden Feldversuches, bei dem eine begrenzte Zahl von Riesen-Lkw unter besonderen Auflagen und auf ausgewählten Strecken erprobt werden, nicht eingetreten, heißt es aus Berlin. Zurzeit läuft ein auf fünf Jahre angelegter Feldversuch, der von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) wissenschaftlich begleitet wird und der 2016 endet. Der Zwischenbericht, den die BASt im September letzten Jahres veröffentlichte, fiel pro Lang-Lkw aus. So ermittelte die BASt eine Kraftstoff- und CO2-Ersparnis im Feldversuch von 15 bis 25 Prozent. Eine besondere Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit wurde nicht festgestellt. Im Laufe des Feldversuchs wurden immer mehr Strecken für die langen Lkw freigegeben, und immer mehr Bundesländern machen mit. Inzwischen dürfen die überlangen Lkw nur noch in vier Bundesländern nicht auf die Straße.

Seit Jahren wird über die Einführung der überlangen Lkw, die auch Monster-Trucks, Gigaliner oder verharmlosend Eurotransporter genannt werden, heftig gestritten. Die Befürworter, die hauptsächlich aus der Automobil- und Speditionswirtschaft kommen, sind der Auffassung, dass zwei Mega-Trucks drei herkömmliche Lkw ersetzen könnten, vor allem bei leichten Gütern. Das habe positive Auswirkungen auf die Umwelt und die Wirtschaftlichkeit. Die Kritiker wenden dagegen ein, dass die wuchtigen und schweren Fahrzeuge die Verkehrssicherheit beeinträchtigten und die Straßen und Brücken enorm belasteten.
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser/Olaf Walther (Kb)
    • Foto: kalafoto - Fotolia.com