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AG Schwedt / Oder entscheidet zu Gutachterkosten und Gerichtskostenzinsen
AG Schwedt /Oder Urteil vom 2.4.2015 – 14 C 186/14 –

RFWW

Im September 2014 erlitt der Geschädigte einen Verkehrsunfall, bei dem sein Kfz beschädigt wurde. Er beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Für das Gutachten berechnete der Sachverständige 592,62 €.
Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers regulierte allerdings nur einen um 57,12 € gekürzten Betrag. Der Differenzbetrag wurde an den Sachverständigen erfüllungshalber abgetreten, der ihn bei dem zuständigen Gericht geltend machte und gleichzeitig den Feststellungsantrag stellte, festzustellen, dass die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung verpflichtet ist, auch die Gerichtskostenzinsen seit der Einzahlung der Gerichtskosten zu tragen. Das AG Schwedt gab dem Kläger Recht.

Die Klage ist zulässig und begründet:

1. Zu den restlichen Sachverständigenkosten: Der Kläger hat Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 57,12 € aus den §§ 398, 823, 249 BGB, 7, 18 StVG. Die Haftung der Beklagten ist unstreitig. Die beklagte LVM-Versicherung haftet zu einhundert Prozent. Zu den zu ersetzenden Schadenspositionen gehören auch die Sachverständigenkosten. Maßgeblich für die Frage der Höhe des dem Geschädigten entstandenen Schadens, den nunmehr der Kläger ersetzt verlangen kann, ist eine subjektive Schadensbetrachtung des Geschädigten (BGHZ 115, 364, 369). Entscheidend ist, welche individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten ihm vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen durften (BGH NJW, 2005, 51; BGH NJW 1999, 302). Bei der vorzunehmenden Auswahl bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht etwa Markforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH MDR 2014, 401 ff.).

Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe daher regelmäßig – wie auch vorliegend – durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet hierbei bei der Seitens des Gerichts vorzunehmenden Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Sofern nicht für den Geschädigten deutlich erkennbar ist, dass die vom Sachverständigen zugrunde gelegten Preise erheblich über den üblichen Preisen liegen, besteht kein Anlass bezüglich der Erforderlichkeit des Betrages von der Rechnungshöhe bei der gerichtlichen Schadensschätzung abzuweichen (BGH, a.a.O., Randnummer 8). So liegt der Fall hier. Der Beklagte rügt eine Überhöhung der Rechnung von weniger als 10 % des Gesamtrechnungsbetrages. Diese behauptete Überhöhung musste sich dem Geschädigten nicht aufdrängen. Das Gericht legt daher für seine Schadensschätzung die Rechnung des Klägers vom 13.09.2014 zugrunde, deren Teilbetrag von 57,12 € der Kläger zur Zahlung noch verlangen kann.

2. Zum Feststellungsantrag: Der Feststellungsanspruch des Klägers findet seine Grundlage in den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich dadurch, dass zur Zeit der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses die Dauer des Verfahrens nicht absehbar war und eine Verzinsung des Gerichtskostenvorschusses erst nach Eingang des Kostenfeststellungsantrages bei Gericht möglich ist.

Fazit und Praxishinweis: Mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht Schwedt entschieden, dass die restlichen Sachverständigenkosten auch aus abgetretenem Recht noch von der eintrittspflichtigen Kfz-Versicherung zu erstatten sind. Das Gericht kann dabei auf die Grundsatzurteile vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (=BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 mit zust. Anm. Wortmann) und vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (=BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) verweisen. Ebenso zutreffend ist die Entscheidung zur Tragung der Gerichtkostenzinsen. Dadurch, dass sich der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer mit der vollständigen Schadensersatzleistung in Verzug befindet, war es erforderlich, wegen des noch offenen Betrages gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn auch wenn der Versicherer meint, die Sachverständigenkosten seien überhöht, muss er sie, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen wahrt, in voller Höhe ausgleichen. Er ist allerdings nicht rechtlos. Ihm verbleibt der Vorteilsausgleich (vgl. Imhof/Wortmann DS 2011, 149 ff.).
Quellen
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