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Am 29.10.2010 wurde der Kläger mit der Erstellung eines Schadensgutachtens für die am Fahrzeug der Geschädigten eingetretenen Unfallschäden beauftragt. Der Kläger ist öffentlich bestellter Kfz-Sachverständiger.
Einstandspflichtig für die Unfallschäden ist die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung. Am 24.11.2010 wurde auf Veranlassung der eintrittspflichtigen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ein Gegenüberstellungstermin der unfallbeteiligten Kraftfahrzeuge am Unfallortdurchgeführt. Die Geschädigte beauftragte schriftlich den Kläger, an diesem Termin teilzunehmen. Dafür berechnete er 624,32 €.

Dieser Betrag ist Gegenstand des Rechtsstreites, nachdem die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung eine Erstattung ablehnte. Das örtlich zuständige Amtsgericht Hamburg-St. Georg hat mit Urteil vom 12.12.2014 – 920 C 271/14 – die Klage abgewiesen. Die Berufung hat im Wesentlichen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Die Geschädigte konnte Gutachterkosten in Höhe von 618,38 für den Ortstermin von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung verlangen. Nach § 249 II 1 BGB kann der Geschädigte bei einer Sachbeschädigung vom Schädiger statt der Naturalrestitution auch den hierzu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Hierzu zählen auch die Kosten der Rechtsverfolgung, soweit sie zweckmäßig sind (vgl. Palandt-Grüneberg BGB 74. A. § 249 Rn. 56, 58). Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten in der Lage, in der er sich nach dem Unfallereignis befindet, die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte(vgl. BGH Urt. v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03 -; so auch schon: KG Berlin Urt. v. 1.7.1976 – 12 U 268/76 -).

Hier im streitgegenständlichen Fall war es aus der Sicht einer vernünftigen Geschädigten sinnvoll, den von ihr mit der Schadensermittlung betrauten Sachverständigen zu dem Termin der Gegenüberstellung hinzuzuziehen. Die beklagte Haftpflichtversicherung hatte offenbar den Haftungsgrund in Zweifel gezogen und einen eigenen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt. Dazu war die Gegenüberstellung der Fahrzeuge an der Unfallstelle geplant. Gerade wenn der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer eine Gegenüberstellung der Unfallfahrzeuge begehrt, weil er z.B. vermutet, dass das bei ihm versicherte Fahrzeug nicht an dem Unfall beteiligt gewesen sei, ist der Geschädigte berechtigt, seinen Schadensgutachter zu der Gegenüberstellung hinzuzuziehen. Die Geschädigte konnte von einem von der Versicherung beauftragten Sachverständigen nicht zwingend eine unabhängige Expertise erwarten.

Aus ihrer Sicht stand zu befürchten, dass durch den Versicherungsgutachter später nicht rekonstruierbare Feststellungen einseitig getroffen würden. Wenn sie sich gleichwohl dazu bereit erklärt hat, mit ihrem Fahrzeug an der Gegenüberstellung – zu der sie nicht verpflichtet war – teilzunehmen, war sie auch berechtigt, sich der Unterstützung ihres eigenen Sachverständigen zu bedienen (vgl. auch: OLG Hamm Urt. v. 12.4.1994 – 9 U 193/93 -; LG Bochum Urt. v. 8.7.1997 – 9 S 60/97 -, beide zitiert nach Wortmann VersR. 1998, 1204 Ziff. 6). Die Preisliste des Sachverständigen ist Vertragsbestandteil geworden. Danach war ein Stundensatz von 115,43 zzgl. Nebenkosten vereinbart. Das macht inklusive der Fahrtkosten bei 118 km Fahrtstrecke und 3,5 Stunden einen Betrag von insgesamt 519,65 € netto aus, was einen Betrag von 618,38 € inklusive Mehrwertsteuer ausmacht. Die weiter geltend gemachten 5,-- € waren nicht schlüssig dargelegt.

Fazit und Praxishinweis: Wenn die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung unbedingt eine Gegenüberstellung der Unfallfahrzeuge wünscht, kann der Geschädigte diese Gegenüberstellung ablehnen. Er ist nicht verpflichtet, an der Gegenüberstellung mit seinem Fahrzeug teilzunehmen. Wenn er aber teilnimmt, dann hat der Geschädigte auch das Recht, zu dem Gegenüberstellungstermin den bereits von ihm beauftragten Schadensgutachter mit hinzuzuziehen. Dies gebietet bereits das Gebot der Waffengleichheit. Der Geschädigte wird nämlich in der Regel Laie sein und ist daher nicht in der Lage, den Ausführungen des von der Versicherung beauftragten Sachverständen irgendetwas entgegen zu stellen. Zu Recht hat daher auch das LG Hamburg die Teilnahme des Sachverständigen, den der Geschädigte bereits mit der Erstellung des Schadensgutachten beauftragt hatte, erneut zur Teilnahme an der Gegenüberstellung zu beauftragen. Die dadurch entstehenden Kosten sind notwendige Rechtsverfolgungskosten im Sinne des § 249 BGB (vgl. Wortmann VersR 1998, 1204 ff m.w.N.).
Quellen
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