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Die Verbrauchsreduzierung liegt im Detail
Elektrifizierung und verbrauchsmindernde Maßnahmen stellen erhöhte Ansprüche an den Motor

RobGal

Die gesetzlichen Vorgaben treiben Managern wie Ingenieuren Schweißperlen auf die Stirn. Ab spätestens 2021 darf die Neuwagenflotte eines Herstellers in Europa nur noch 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer (g/km CO²) im Schnitt emittieren – 2014 lag der reale Durchschnittswert aber noch bei 133 g/km CO².
Weniger als fünfeinhalb Jahre bleiben der Automobilindustrie also noch, um 38 g/km einzusparen. Das ist eine Mammutaufgabe: Zwischen 2009 und 2014 wurde eine Reduzierung von gerade einmal 22 g/km erreicht.

Kein Wunder also, wenn die Autohersteller ihre verbrauchs- und emissionsreduzierenden Innovationen feiern. Doch wird dabei oft außer Acht gelassen, dass viele Entwicklungen – große wie kleine – gar nicht von den Herstellern stammen, sondern von Zulieferern zugekauft sind. Zumal von den eigentlichen Erfindungen kaum ein Laie Notiz nimmt oder freiwillig in ihre komplizierte und kleinteilige Welt eintaucht. So auch bei den Produkten von KSPG (Kolbenschmidt-Pierburg). Die Aktiengesellschaft entstand 1997 durch den Zusammenschluss von Kolbenschmidt und Pierburg unter dem Dach der Rüstungsschmiede Rheinmetall. Kolbenschmidt, gegründet 1910 als Metallschmelzer, stellt Kolben, Zylinderteile und Gusserzeugnisse her. Der ehemalige Vergaserhersteller Pierburg war bei seiner Entstehung 1909 ein Stahlhandelsunternehmen und ist heute auf Mechatronik spezialisiert. KSPG sieht sich als Experte für Emissionsreduzierung und Kraftstoff-einsparung und gehört zu den hundert größten Autozulieferern weltweit. Die Neckarsulmer unterhalten Produktionsstätten in Nord- und Südamerika sowie in China, Indien, Japan und Korea. Die knapp 11.000 Beschäftigten erwirtschafteten im vergangenen Jahr 2,5 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn von 184 Millionen Euro – Tendenz steigend, das florierende China-Geschäft nicht einberechnet.

Wenn die Autobauer dem Verbrennungsmotor in punkto Kraftstoffeffizienz ein erhebliches Verbesserungspotential zumessen, dann ist das ohne die Produkte, wie KSPG sie fabriziert, kaum möglich. Etwa die elektrische Vakuumpumpe. Durch die Entdrosselung moderner Ottomotoren fehlt der nötige Unterdruck beispielsweise für den Bremskraftverstärker. Während die mechanische Vakuumpumpe am Motor angeschlossen ist, stets mitläuft und Energie verbraucht, wird die elektrische nur im Bedarfsfall eingesetzt. Außerdem spart sie Bauraum und muss nicht am Motorölschmiersystem angeschlossen sein. Die elektrische Vakuumpumpe ermöglicht das "Segeln" und die Bremskraftunterstützung bei abgeschaltetem Hybrid-Verbrennungsmotor. Eine neue Pumpenversion von KSPG hält 1.200 Betriebsstunden und ist bedarfsgerecht einsetzbar.

Ähnliches gilt für die elektrische Kühlmittelpumpe. Sie sorgt – anders als die mechanische – für eine bedarfsgerechte Kühlung unabhängig von der Motordrehzahl. So wird die Kaltstartphase verkürzt, die Kühlung auch beim "Segeln", bei der Start-Stopp-Automatik oder nach dem Abstellen des Motors gewährleistet. Darüber hinaus sorgt sie für die Klimatisierung im Innenraum. KSPG entwickelt derzeit eine elektrische Kühlmittelpumpe für ein 48-Volt-Bordnetz, das die Autohersteller wegen der zunehmenden Zahl an elektrischen Nebenaggregaten anvisieren.

Die Reichweite eines Elektroautos im Winter schmilzt wie Schnee in der Sonne, weil die Heizung Strom frisst. Nicht so beim Heiz- und Kühlmodul von KSPG. Es nutzt Antriebsmotor und Generator als Wärmequellen mit Hilfe einer Wärmepumpenfunktion. Die "intelligente Regelung", verspricht KSPG, sichert sommers wie winters den Temperaturkomfort für die Passagiere und verlängert die Reichweite.

Die schädlichen Stickoxide (NOx) werden durch die Abgasrückführung (AGR) erheblich reduziert. Dabei wird ein Teil des Abgases in den Verbrennungsprozess des Motors zurückgeleitet, so sinkt der Sauerstoffanteil im Kraftstoff-Luft-Gemisch und damit die Verbrennungstemperatur, was die Entstehung von NOx hemmt, bei Dieselmotoren reduzieren sich zudem die Rußpartikel. Pierburg hat ein elektrisch gesteuertes AGR-Modul entwickelt, das gezielt aktiviert wird und daher weniger Energie verbraucht.

Generell ist das Ziel, den Verbrennungsmotor so häufig wie möglich auszuschalten, um Verbrauch und Emissionen zu reduzieren, etwa durch Start-Stopp-Systeme. Durch das häufige An- und Ausschalten des Motors erhöhen sich aber die Anforderungen an das Triebwerk, insbesondere an die Gleitlager. "Wir optimieren fast auf der atomaren Ebene, um bessere Reibung herauszuholen", sagt Alexander Sagel, Leiter der KSPG-Division Hardparts. KSPG bietet seit jüngstem ein verbaufertiges Bundlager an, dessen Radiallager eine hoch belastbare und reiboptimierte Polymerbeschichtung aufweist. Sie erlaubt zudem den verbrauchsreduzierenden Einsatz von niederviskosem Motoröl. Das Axiallager verfügt über eine verschleißfeste Aluminiumlegierung. Aus dem Zusammenspiel von KSPG-Axial- und -Radiallager können die Verbrennungsmotoren in Hybridautos um ein Fünftel höher belastet werden. Verbrauchsreduzierung kann auch Detailarbeit sein.
Quellen
    • Text: Kristian Glaser (Kb)
    • Foto: Romolo Tavani - Fotolia.com