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Urheberrecht

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Mit dem sogenannten Urheberrechtsurteil des I. Zivilsenates vom 29.4.2010 – I ZR 68/08 - hat der BGH den jahrelang währenden Streit um die Nutzungsrechte an den Schadensbildern im vom Geschädigten in Auftrag gegebenen Kfz-Schadensgutachten beendet. Der Sachverständige, der im Rahmen der Begutachtung und zur Dokumentation der Schäden die Lichtbilder fertigt und dem Gutachten beifügt, ist Urheber dieser Schadenslichtbilder.
Zu der bis dahin üblichen Praxis der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherungen gehörte es, den vom Sachverständigen angegebenen Restwert in Internetrestwertbörsen zu überprüfen. Aus diesem Grunde wurden die Schadensbilder eingescannt und den Betreibern der Internetrestwertbörsen zum Zwecke des Einstellens übermittelt. Diese Praxis hat der BGH mit dem Urteil vom 29.4.2010 – die Unfallzeitung berichtete darüber – für rechtswidrig bezeichnet, weil sie ohne Einwilligung des Sachverständigen dessen Urheberrecht verletzt.

Erstattet der Kfz-Sachverständige im Auftrag des unfallgeschädigten Kfz-Eigentümers ein Gutachten über die Schäden an dem Unfallfahrzeug, das der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers vorgelegt werden soll, ist die Kfz-Haftpflichtversicherung grundsätzlich nicht berechtigt, im Gutachten enthaltene Lichtbilder ohne Einwilligung des Sachverständigen in eine Restwertbörse im Internet einzustellen, um den vom Sachverständigen ermittelten Restwert zu überprüfen. Der Sachverständige ist Urheber der von ihm gefertigten Lichtbilder und er bleibt es auch, selbst wenn das Gutachten zum Zwecke der Schadensregulierung der Kfz-Haftpflichtversicherung eingereicht wird, denn die im Gutachten enthaltenen Lichtbilder sind gem. § 72 Urheberrechtsgesetz (UrhG) urheberrechtlich geschützt.

Aus keinem rechtlichen Grunde sind der regulierungspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung Nutzungsrechte an den Lichtbildern eingeräumt worden. Der BGH hat das Einscannen und Veröffentlichen der Lichtbilder in der Onlinerestwertbörse als rechtswidrig angesehen. Aus dem rechtswidrigen Veröffentlichen der Lichtbilder in der Internetrestwertbörse ergibt sich für den betroffenen Sachverständigen zunächst ein Unterlassungsanspruch bei Wiederholungsgefahr, die im vom BGH entschiedenen Rechtsstreit gegeben war. Wegen des rechtswidrigen Veröffentlichens der Lichtbilder in Internetrestwertbörsen steht dem Sachverständigen auch ein Anspruch auf Schadensersatz zu, der in der Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr besteht.

Weiterhin steht dem Sachverständigen zur Bezifferung seines Schadensersatzanspruches oder des auf Herausgabe des Erlangten gerichteten Bereicherungsanspruchs ein Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB zu. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der zu erteilenden Auskunft hat die Kfz-Haftpflichtversicherung gegebenenfalls eidesstattlich zu versichern. Da hierüber der Zivilsenat des BGH als Revisionsinstanz nicht entscheiden konnte, wurde der Rechtsstreit insoweit vom BGH zum LG Hamburg zurückverwiesen.
Die 10. Zivilkammer des LG Hamburg hatte bereits mit Beschluss vom 4.3.2010 im einstweiligen Verfügungsverfahren der größten deutschen Haftpflichtversicherung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bzw. Ordnungshaft verboten, die Lichtbilder eines Kfz-Sachverständigen in eine Restwertbörse einzustellen (LG Hamburg Beschl. V. 4.3.2010 – 310 O 86/10). Das LG Hamburg hat dabei auch ausgeführt, dass das öffentliche Zugänglichmachen durch den von der Kfz-Haftpflichtversicherung eingeschalteten Dienstleister der Kfz-Haftpflichtversicherung zuzurechnen ist, da dieser Dienstleister Beauftragter i.S.d. § 99 S.1 UrhG ist. Der Begriff des Beauftragten ist dabei weit zu verstehen und kann auch selbständige Unternehmer umfassen (OLG Frankfurt GRUR-RR 2008, 385 f. m.w.N.).