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Die SUV-Beliebtheit verhagelt die Co2-Bilanz
Eine Studie zeigt auf, wie weit die Autohersteller von den künftigen CO2-Grenzwerten der EU entfernt sind

RobGal

''Die CO2-Reduzierung neuzugelassener Pkw in Deutschland kommt immer langsamer voran'', stellt Stefan Bratzel, Professor und Leiter am Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, in einer aktuellen Untersuchung fest.
Im vergangenen Jahr sanken die durchschnittlichen Werte des für die Erderwärmung mitverantwortlichen Treibhausgases hierzulande nur noch um 1,1 Prozent: von 128,8 Gramm pro Kilometer und neuzugelassenem Pkw im Jahr 2015 auf 127,4 Gramm pro Kilometer (g/km). In den fünf Jahren zuvor reduzierten sich die CO2-Werte im Schnitt immerhin um 3,2 Prozent jährlich. Grundlage für die Berechnungen waren die von den Herstellern angegebenen Normverbrauchswerte ihrer Fahrzeuge in Abhängigkeit von der Zulassungszahl des jeweiligen Antriebes.

2016 gab es bei den deutschen Autohersteller die geringste CO2-Minderung seit 2009/2010. Damals führte die Abwrackprämie dazu, dass ältere und größere Fahrzeuge gegen moderne, emissionsärmere Karossen häufig aus dem Klein- und Kompaktwagensegment ausgewechselt wurden. Das drückte die CO2-Emissionen nach unten.

Diese Wirkung wird nun aber vor allem durch die Beliebtheit der schweren und durstigen SUV und Geländewagen konterkariert. Außerdem wirken sich die niedrigen Spritpreise und der Zulassungsrückgang der Pkw mit Dieselmotor, die um 15 bis 20 Prozent CO2-effizienter als Ottomotoren sind, negativ aus. Deshalb werden die Benziner für die Käufer wieder interessanter, stellt das CAM in seiner Studie fest.

Seit 2007 ist der Marktanteil der SUV und Geländewagen von 7,3 Prozent auf stolze 21,3 Prozent im vergangenen Jahr geklettert. Das schlägt sich auch bei den CO2-Werten nieder. Im Durchschnitt verpustet ein SUV aktuell 132,5 und ein Geländewagen 162,8 g/km CO2. Das sind deutlich höhere CO2-Werte als in der Kompakt- oder Mittelklasse (116,7 und 125,6 g/km). Bratzels Fazit: "Die SUV-Nachfrageverschiebungen erschweren zusammen mit der schwindenden Akzeptanz von Dieselfahrzeugen insbesondere bei Privatkunden die Einhaltung der EU-CO2-Grenzwerte von 95 g/km im Jahr 2021."

Vergleicht man die CO2-Bilanz der einzelnen Autohersteller auf dem deutschen Markt, tun sich deutliche Unterschiede auf. Einzig der Nischenhersteller Smart (Daimler-Konzern) bewegt sich mit 96,2 g/km im zweistelligen Bereich. Betrachtet man die Volumenhersteller, kann keiner bessere CO2-Werte vorweisen als Peugeot (105,8 g/km). Es folgen Toyota (mit Lexus) und Renault (mit Dacia), die jeweils nicht mehr als 115 g/km CO2 emittieren. Überdurchschnittlich gut ist auch Volkswagen aufgestellt. Die Wolfsburger liegen bei 123,6 g/km CO2. Über den Durchschnittswerten der Volumenhersteller liegt mit 137,9 g/km die Fiat-Gruppe. Ihr hoher Anteil an Wohnmobil-Fahrgestellen (Ducato) und die US-Geländewagenmarke Jeep belasten ihre CO2-Bilanz, obwohl sie die CO2-Emissionen um 2,6 Prozent reduzieren konnte.

Auch bei Kia sind die SUV für den schlechten Wert von 134,9 g/km verantwortlich. Die Zulassungen des SUV Sportage (158 g/km) stiegen markenintern von 23 auf 30 Prozent, gleichzeitig sank der Anteil des Saubermanns Soul (99 g/km) von elf auf fünf Prozent. Daher müssen die Koreaner einen Zuwachs um 2,8 Prozent und damit den größten CO2-Anstieg hinnehmen.

Ebenso ist die Schwestermarke Hyundai mit 130,1 g/km CO2 schlechter als der Durchschnitt (127,4 g/km), konnte aber im Unterschied zu Kia die CO2-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent vermindern. Knapp über dem CO2-Durchschnitt des Gesamtmarktes liegen auch Ford (128,5 g/km) und Opel (128 g/km).

Nur ein Premiumanbieter ist besser als der Durchschnitt

Bei den Premiummarken weist Volvo mit 126,8 g/km die besten CO2-Werte auf. Der Grund: Die Schweden haben ihre Modellpalette auf Zwei-Liter-Vierzylinder-Motoren umgestellt. Es folgt BMW (mit Mini) mit 127,6 g/km CO2, darüber liegen Mercedes-Benz (mit Smart) und Audi mit 131,9 und 132,8 g/km. Mercedes legte wegen der gestiegenen SUV-Anteile und wegen des "weniger gut verkauften Elektro-Smart" sogar um ein Prozent zu. Einen großen Schritt um 7,4 Prozent nach unten erreichte Jaguar. Trotzdem liegen die Briten mit 149 g/km weit über den anderen Premiumherstellern, und die Schwestermarke Land Rover ist mit 167 g/km "weit von den Zielwerten der EU für 2021 entfernt", wie in der CAM-Studie festgestellt wird. Das trifft noch mehr auf Porsche zu. Die Sportwagenschmiede konnte ihre CO2-Emissionen von 194 g/km nur unwesentlich senken.

Studienleiter Stefan Bratzel zieht insgesamt eine ernüchternde Bilanz, die er auf die mangelnde Akzeptanz und technologische Reife der Elektromobilität und auf die Akzeptanzprobleme des Dieselmotors in Folge des Abgasskandals zurückführt. Um beim Diesel bessere Emissionswerte zu erreichen, sind laut Bratzel "entsprechende Investitionen notwendig". Allerdings würden dadurch die Kosten der Fahrzeuge, "vor allem für die Abgasreinigung", um "500 bis 800 Euro" steigen. Dadurch würden besonders in den unteren Segmenten die Selbstzünder deutlich an Attraktivität verlieren, vermutet Bratzel.
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser (Kb)
    • Foto: Romolo Tavani - Fotolia.com