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"Optimierte Fahrprüfung": Den Prüfling nicht allein lassen
Fahrausbildung und -prüfung sollen transparenter werden | Durch das Leistungsrückmeldesystem können Fahrlehrer und -schüler Defizite beseitigen

RobGal

Im System der Fahranfängervorbereitung kommt der Fahrprüfung "eine bedeutsame Rolle" für die Verkehrssicherheit zu, betonen drei Wissenschaftler der Universität Potsdam: Dietmar Sturzbecher, Professor am Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung, Philipp Luniak, der am selben Institut tätig ist, sowie Susann Mörl vom Institut für Prävention und Verkehrssicherheit. Entscheidend ist aus Sicht der Forscher, ob sich der Fahrschüler in der Zeit der Ausbildung ausreichend Fahrkompetenzen aneignet und ob er "zu einer sicheren, umweltbewussten und energiesparenden Teilnahme im motorisierten Straßenverkehr fähig ist". Diesem Anspruch wird aber die Fahrprüfung, wie sie heute durchgeführt wird, nicht gerecht.
"Optimierte Fahrprüfung" ist das Stichwort. Seit 2005 werden Konzepte erarbeitet, um die Fahrprüfung weiter zu entwickeln und neuen Erkenntnissen anzupassen. So wurde die praktische Fahrprüfung auf wissenschaftlicher Basis verbessert, zudem wurden einheitliche Fahraufgaben erarbeitet. Die Neuerungen haben die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) sowie die Prüforganisationen Dekra und TÜV in mehreren Studien auf ihre Machbarkeit hin untersucht. So wurde beispielsweise im Jahr 2012 erstmals der Einsatz von elektronischen Protokollen bei Prüfungen zur Führerscheinklasse B (Pkw) erprobt. Aufgrund der positiven Erfahrungen führte man die Protokolle danach auch bei den Prüfungen anderer Führerscheinklassen ein. Im anschließenden "Revisionsprojekt", das von 2013 bis 2015 durchgeführt wurde, nahmen die Potsdamer Wissenschaftler die Praxistauglichkeit der optimierten Fahrprüfung unter die Lupe.
Mehr Transparenz ist eines der Ergebnisse. Bewährt hat sich bereits das sogenannte Leistungsrückmeldesystem. Dabei geht es um die Auswertung der Gespräche, die im Anschluss an die Prüfungsfahrt mit den Kandidaten geführt werden. Entgegen der heutigen Prüfungspraxis sollen in Zukunft alle Führerscheinbewerber unabhängig davon, ob sie die Prüfung bestanden haben oder nicht, eine "ausführliche und differenzierte kompetenzbezogene" schriftliche Rückmeldung des Gesprächs erhalten. Das bedeutet: Auch wenn sie durch die Fahrprüfung gerasselt sind, werden sie nicht allein gelassen, sondern können anhand der schriftlichen Auswertung gezielt ihre Fertigkeiten verbessern. So soll das Weiterlernen gefördert werden.
Durch die elektronische Erfassung und Auswertung der Fahrprüfungen kann erhoben werden, welche Fahrfehler besonders häufig auftreten. Aus der Verkehrsforschung und der Unfallstatistik sind beispielsweise fahranfängertypische Schwierigkeiten an Kreuzungen und Einmündungen bekannt. So lassen sich aber auch die Qualität und Sicherheitsvermittlung der Fahrausbildung einschätzen. Was etwa bei Lkw längst üblich ist, wird durch die "optimierte Fahrprüfung" auch in anderen Bereichen eingeführt: die gläserne Fahrschule und -prüfung. Neben einem ausführlichen Bericht über die Prüfungsleistungen soll das Feedback auch "Lernhinweise zum weiteren Fahrkompetenzaufbau" enthalten.

Auch die Lehrer müssen lernen

Aber nicht nur die Schüler müssen lernen: Bei einem Feldversuch mit 8.790 Fahrschülern wurde untersucht, wie die optimierte Fahrprüfung bei den Beteiligten ankommt. Dabei zeigte sich: Auch die Fahrerlaubnisprüfer müssen intensiv geschult werden, damit sie die optimierte Fahrprüfung kompetent durchführen können.
Ein wichtiger Faktor bei dem neuen Fahrprüfungskonzept sind die Fahrschüler. Ihre Meinung über die optimierte Fahrprüfung ist gefragt und soll alle fünf Jahre bundesweit und repräsentativ erfasst werden. Davon versprechen sich die Potsdamer Wissenschaftler Anregungen für "die kontinuierliche Optimierung und Weiterentwicklung der Prüfung". Das Ergebnis des Feldversuchs war jedenfalls für Fahrlehrer und -schüler positiv. Die Eleven stuften das Leistungsrückmeldesystem als "lernförderlich" ein, berichten die Forscher.
Mit den neuen Standards zur Durchführung und Bewertung sowie dem elektronischen Prüfprotokoll könnten nun "erstmals in der Geschichte der Fahrerlaubnisprüfung alle besonders guten Fahrleistungen wie auch Fahrfehler mit Bezug auf konkrete Fahraufgaben und Fahrkompetenzen verlaufsbezogen und vollständig dokumentiert werden", resümieren Dietmar Sturzbecher, Philipp Luniak und Susann Mörl. Die optimierte Fahrprüfung sei demzufolge aus wissenschaftlicher Sicht "eindeutig zu empfehlen".
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser (Kb)
    • Foto: gena96 - Fotolia.com