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AG Bremen: Das Werkstattrisiko geht zu Lasten des Schädigers
Amtsgericht Bremen Urteil vom 27.9.2016 – 2 C 216/16 –

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall gab der Geschädigte, nachdem er zunächst ein Schadensgutachten in Auftrag gegeben hatte, das verunfallte Fahrzeug in eine Werkstatt. Diese berechnete Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 2.628,17 € netto. Die beklagte, eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung kürzte diesen Rechnungsbetrag um 386,75 €. Mit dieser Schadensersatzkürzung war der Geschädigte nicht einverstanden. Er klagte vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Bremen den gekürzten Betrag gegen die einstandspflichtige Kfz-Versicherung ein. Die Klage war in vollem Umfang erfolgreich.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz in Höhe von 386,75 € nebst Zinsen aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis gemäß §§18 StVG, 823 I, 249 BGB, 115 VVG. Ein Abzug von dem Rechnungsbetrag, wie sie die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung vorgenommen hat, war nicht gerechtfertigt. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des gesamten Reparaturbetrages in Höhe von 2.628,17 € netto, denn der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung des ihm aufgrund des streitgegenständlichen Unfallereignisses entstandenen Schadens in voller Höhe. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte im Verhältnis zum ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss (BGHZ 63, 182, 185; OLG Hamm, Urteil vom 31.1.1995, BeckRS 1995, 01930). Das Werkstattrisiko geht insofern zu Lasten des Schädigers (BGHZ 63, 182, 185; BGH NJW 1992, 302, 303). Es macht dabei auch keinen Unterschied, ob die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind (OLG Hamm, Urteil vom 31.1.1995, BeckRS 1995, 01930; OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 248, 249). Es besteht kein Grund, dem Schädiger das Risiko für ein solches Verhalten abzunehmen (LG Hamburg, Urteil vom 4.6.2013 – 302 O 92/11 -).

Fazit und Praxishinweis: Mit zutreffender Begründung hat das erkennende Amtsgericht Bremen dem Geschädigten den vollen Reparaturrechnungsbetrag zugesprochen. Für die Reparaturkosten hat der BGH bereits entschieden, dass das Werkstattrisiko zu Lasten des Schädigers bzw. dessen Haftpflichtversicherer geht (vgl. BGHZ 63, 182; vgl. Auch Imhof / Wortmann DS 2011, 149 ff.).Auch wenn die vom Geschädigten beauftragte Werkstatt unter Umständen unnötige Reparaturarbeiten durchführt oder sich die Reparatur wegen Ersatzteilmangel verzögert, geht dies zu Lasten des Schädigers, denn die vom Geschädigten hinzugezogene Werkstatt ist der Erfüllungsgehilfe des Schädigers (BGHZ 63, 182). Fehler des Erfüllungsgehilfen gehen daher zu Lasten des Geschäftsherrn, also des Schädigers.
Quellen
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