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Umweltpolitik: Droht ein Dieselverbot durch die EU?
Erhöhte NO²-Werte in deutschen Städten / Mahnschreiben des EU-Umweltkommissars

RobGal

Geht es nach dem Willen des EU-Umweltkommissars könnte es den Diesel-Pkw an den Kragen gehen.
Laut Medienberichten kritisiert Karmenu Vella in einem Schreiben an die Bundesregierung, dass Berlin seine Aufgaben zur Luftreinhaltung nicht erfülle, insbesondere die innerstädtischen Werte für Stickstoffdioxid (NO²) seien anhaltend zu hoch und erreichten frühestens im Jahr 2020 den Grenzwert – zehn Jahre später als vereinbart. Genannt werden etliche Städte und Ballungsgebiete, etwa Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Freiburg, Kassel, Köln, München und Rhein-Main.

Die Hauptursache sieht Karmenu Vella in den Dieselautos. Sein Vorschlag: Abschaffung der Kaufanreize für Diesel-Pkw durch eine andere Steuerpolitik. Er kann sich aber auch das "Verbot von Dieselfahrzeugen in einigen städtischen Gebieten" vorstellen, wie es wortwörtlich in Vellas Schreiben an Berlin heißt. Liegt da etwa ein Fahrverbot in der Luft? Jedenfalls gilt das Mahnschreiben als Vorstufe für ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik.

Nur wenige Wirtschaftsbereiche stehen so in der Kritik von Umweltpolitikern und Umweltschützern wie die Automobilindustrie. Fakt ist: Die Schadstoffemissionen der Autos sind in den letzten zwanzig Jahren enorm gesunken. Bewirkt haben das nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) politische Vorgaben: die Einführung von geregelten Katalysatoren und Partikelfiltern, sukzessiv strenger werdende Abgasgrenzwerte und Vorgaben zur verbesserten Kraftstoffqualität. Der größte Erfolg wurde bei dem für den sauren Regen verantwortlichen Schwefeldioxid (SO²) erreicht, dessen Emissionen von 1995 bis 2013 um rund 98 Prozent verringert werden konnten. Die ebenfalls sehr giftigen Stickoxide (NOx) sanken im gleichen Zeitraum um 60 Prozent, die krebserregenden Feinstaubemissionen um 68 Prozent.

Einzig die Abgase des Treibhausgases CO² (Kohlendioxid) wurden nur um zwölf Prozent reduziert. Betrachtet man den gesamten Pkw-Verkehr, schmilzt die CO²-Reduzierung sogar auf nur noch zwei Prozent. Der Grund dafür liegt im zunehmenden Verkehr mit Dieselautos. Um beachtliche 160 Prozent ist deren Gesamtfahrleistung in den letzten 18 Jahren gestiegen, das relativiert aus klima- und umweltpolitischer Sicht die technischen Verbesserungen.

Gestiegene CO²-Emissionen im Lkw-Verkehr

Noch drastischer sieht es bei den Lkw aus, die nahezu ausnahmslos von einem Selbstzünderaggregat angetrieben werden: Konnten die spezifischen CO²-Emissionen um fast ein Drittel gesenkt werden, stiegen die Emissionen des gesamten Straßengüterverkehrs aufgrund des erhöhten Transportaufkommens sogar deutlich um 13 Prozent.
Dabei nimmt die EU die Automobilwirtschaft bereits verstärkt in die Pflicht. Die CO²-Werte der Flotte eines Herstellers muss von heute 120 Gramm pro Kilometer (g/km) ab dem Jahr 2020 auf 95 g/km gesenkt werden, also in weniger als fünf Jahren. Ansonsten drohen hohe Strafgelder. Für leichte Nutzfahrzeuge gilt bereits ab 2017 die Grenze von 175 g/km CO² und 147 g/km ab 2020.

Autozulieferer Bosch, der der von Fiat entwickelten Hochdruck-Einspritztechnologie Common-Rail für einen niedrigeren und saubereren Dieselverbrauch 1993 zum Durchbruch verhalf, sieht den schwarzen Peter nicht bei den Selbstzündern. Für Rolf Bulander, Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobilitätslösungen, war der Diesel "noch nie so wichtig wie heute". Ohne die Selbstzünder ließen sich die CO²-Ziele, vor allem in Europa, nicht erreichen, so Bulander.

Laut Bosch können die CO²-Werte der Selbstzünder "verbrennungsmotorisch" noch um bis zu zehn Prozent verbessert werden. Weitere Verbesserungen liegen dann noch in der Aerodynamik und in der Rollreibung der Reifen. Für die NOx-Reduzierung setzt Bosch auf die Verbindung von Verbrennung und Abgasnachbehandlung (SCR-Kat mit AdBlue), was eine Emissionssenkung um 95 Prozent bewirken könne. Der Diesel hilft nach Ansicht des Stuttgarter Technologiekonzerns zudem bei der Elektrifizierung der Fahrzeuge.

Besonders für die großen und schweren Modelle wie SUVs und Geländewagen sei die Hybridisierung, die in der Praxis den CO²-Ausstoß eines Selbstzünderaggregats um bis zu 15 Prozent reduziert, eine Möglichkeit zum Überleben. Bis 2025, so die Prognose des Zulieferers, "werden 15 Prozent aller Neufahrzeuge über einen elektrifizierten Antrieb verfügen – sei es als Hybrid, sei es als reines Elektroauto." Das bedeute, sagte Rolf Bulander, "dass der Verbrennungsmotor bis in die nächste Dekade hin-ein die Basis für eine effiziente Mobilität bleibt". Und: "Im Zusammenspiel mit dem Elektromotor hat der Verbrenner seine effizienteste Zeit vor sich." Eine Herausforderung für die Industrie.
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser/Kristian Glaser (Kb)
    • Foto: Romolo Tavani - Fotolia.com