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LG Kleve urteilt zur Haftung bei einem Waschstraßenunfall
LG Kleve Berufungsurteil vom 23.12.2016 – 5 S 146/15 –

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Mit diesem Berufungsurteil hat die 5. Berufungs-Zivilkammer des LG Kleve die Haftung aus der Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeuges sauber dargelegt. Solange das Fahrzeug sich auf dem automatisch laufenden Förderband befindet, ist das Fahrzeug grundsätzlich nicht in Betrieb. Der Fahrer kann auch nicht aktiv in den Waschvorgang und die Beförderung auf dem Förderband eingreifen. Erst wenn das Fahrzeug auf die Fahrbahn befördert wird und der Motor gestartet wird, tritt eine Haftung aus der Betriebsgefahr ein.
Ein Kraftwagenfahrer wollte sein Fahrzeug in einer Waschstraße reinigen lassen. Der Waschvorgang geht folgendermaßen vor sich: Der Pkw wird in der Waschstraße auf ein Förderband gefahren. Der Motor muss eingeschaltet bleiben. Allerdings muss der Gang herausgenommen werden. Lenken und Bremsen ist untersagt. Erst am Ende des Waschgangs zeigt eine Lichtzeichenanlage, dass der Motor gestartet und das Fahrzeug schnell weggefahren werden soll. Am Ende des Waschgangs bemerkte der Autofahrer, dass vor seinem Fahrzeug ein weiteres Fahrzeug war, das bereits vom Förderband herunter geschoben worden, allerdings noch nicht weggefahren war, obwohl die Ampel für ihn grün gezeigt hatte. Um einen Auffahrunfall zu vermeiden, bremste er sein Fahrzeug ab. Das Fahrzeug rutschte daraufhin vom Förderband und blieb stehen. Kurz darauf wurde das Fahrzeug, das dem aus dem Förderband gerutschten folgte, aufgeschoben. Wegen des entstandenen Schadens nahm er nicht den Auffahrenden, sondern den an der grünen Ampel stehenden Fahrer in Anspruch. Das Landgericht Kleve gab dem Kläger in zweiter Instanz Recht.

Der Kläger hat einen Schadensersatzanspruch gegen seinen Vordermann, der nicht rechtzeitig die Waschstraße verlassen hat. Eine Haftung aus § 7 I StVG setzt voraus, dass der Schaden beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges eingetreten ist. Zum Betrieb eines Kraftfahrzeuges muss allerdings nicht notwendiger Weise der Motor eingeschaltet sein. Es genügt vielmehr, dass von dem Fahrzeug eine typische Betriebsgefahr ausgeht und es zu einem Schaden kam. Solange das Fahrzeug des Vordermannes sich auf dem Förderband befand, wird das Fahrzeug nicht betrieben. Das ändert sich allerdings, wenn es vom Förderband heruntergeschoben wird und es gestartet wird. Denn nun muss der Kraftfahrer aktiv werden und sein Fahrzeug für die nachfolgenden Fahrzeuge wegfahren. Das signalisiert auch die grüne Ampel. Steht allerdings das Fahrzeug – aus welchen Gründen auch immer – so behindert es den nachfolgenden Verkehr. Von ihm geht als Verkehrshindernis eine erhebliche Gefahr aus. Diese Gefahr realisiert sich, wenn es – wie im zu entscheidenden Fall – zu einem Unfall kommt. Das Fahrzeug des beklagten Fahrers war unstreitig vom Förderband heruntergeschoben worden. Statt der grünen Ampel zu folgen und zügig weiterzufahren, blieb der beklagte Fahrer stehen. Er bildete damit ein Hindernis, an dem die nachfolgenden Fahrzeuge nicht vorbeikamen. Die noch auf dem Förderband befindlichen Fahrzeugführer hatten nur zwei Möglichkeiten, nämlich auf das davor befindliche aufgeschoben zu werden oder zu bremsen und ein Auffahren des folgenden Fahrzeugs zu riskieren. Eine Mithaftung des klagenden Autofahrers kam aufgrund dieser Konstellation nicht in Frage, denn er betrieb sein Fahrzeug gar nicht. Sein Fahrzeug war nicht in Betrieb, denn der Motor war ausgeschaltet und er konnte nicht aktiv in den Fördervorgang eingreifen. Er befand sich noch im Waschvorgang. Auch der Betreiber der Waschstraße haftet nicht. Die Gefahr, die zu dem Unfall führte, ging nicht von seiner Waschanlage aus. Diese war intakt. Die Unfallgefahr ging einzig und allein von dem stehen gebliebenen Fahrzeug aus. Daher muss dieser Fahrzeugführer für den entstandenen Schaden alleine haften.

Fazit und Praxishinweis: Mit diesem Berufungsurteil hat die 5. Berufungs-Zivilkammer des LG Kleve die Haftung aus der Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeuges sauber dargelegt. Solange das Fahrzeug sich auf dem automatisch laufenden Förderband befindet, ist das Fahrzeug grundsätzlich nicht in Betrieb. Der Fahrer kann auch nicht aktiv in den Waschvorgang und die Beförderung auf dem Förderband eingreifen. Erst wenn das Fahrzeug auf die Fahrbahn befördert wird und der Motor gestartet wird, tritt eine Haftung aus der Betriebsgefahr ein. Auch dann, wenn der Motor – aus welchen Gründen auch immer – nicht gestartet wird, und das Kraftfahrzeug nicht weggefahren wird, obwohl die Ampel Grün zeigt, tritt die Haftung aus der Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges ein. In diesem Fall bildet das stehenbleibende Fahrzeug ein Verkehrshindernis, um das die folgenden Fahrzeuge, weil sie noch auf dem Laufband sind, nicht herumkommen. Sie müssen letztlich auffahren. Es handelt sich daher um eine erfreulich klare Entscheidung zur Betriebsgefahr in Waschstraßen.
Quellen
    • Foto: © Knut Wiarda - Fotolia.com