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Die spätere Klägerin ist Opfer eines unverschuldeten Verkehrsunfalls, der sich im Amtsgerichtsbezirk Otterndorf an der Unterelbe ereignete. Bei dem Unfall wurde am Fahrzeug der Klägerin die Seitenwand hinten links beschädigt.
Das Fahrzeug der Geschädigten hatte zur Unfallzeit 104.000 km gelaufen. Die Geschädigte beauftragte einen Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Nach dem Schadensgutachten war eine Rückverformung der Seitenwand hinten links mit Lackierung des betreffenden Bereiches und die Lackierung der Stoßfängerverkleidunghinten links und der linken Tür erforderlich. Der Gutachter beziffert in seinem Gutachten die merkantile Wertminderung mit 250,-- €. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung lehnte eine Erstattung ab, weil das Fahrzeug bereits mehr als 100.000 km gelaufen sei und insoweit eine Wertminderung nicht mehr eintreten würde. Die Geschädigte klagte aber dem Minderwertbetrag bei dem zuständigen Amtsgericht Otterndorf ein. Das Gericht gab ihr Recht.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte im Rahmen ihres Schadensersatzanspruchs einen Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwerts ihres unfallbeschädigten Fahrzeugs in Höhe von 250,-- €. Das Gericht schätzt den merkantilen Minderwert gemäß § 287 ZPO auf 250,-- €, wobei dem Gericht ein weites Ermessen zukommt (vgl. BGH NJW 2005, 277). Dabei orientiert sich das Gericht an den Ausführungen des von der Klägerin vorgerichtlich beauftragten Kfz-Sachverständigen, der den Minderwert auf 250,-- € beziffert hatte. Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass das erstmals im Jahr 2007 zugelassene Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von 104.332 km aufwies.

Es entspricht nicht mehr höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass bei Personenkraftwagen im Allgemeinen eine Fahrleistung von 100.000 km als obere Grenze für den Ersatz eines merkantilen Minderwerts anzusetzen ist (OLG Oldenburg, Urteil vom 01.03.2007 – 8 U 246/07 -). Vielmehr ist in jedem Einzelfall gemäß § 287 ZPO zu prüfen, ob sich der Unfallschaden wertmindernd auswirkt. Dies ist vorliegend der Fall. Der Privatsachverständige hat den merkantilen Minderwert unter Berücksichtigung der Schadensart, des Umfangs, der erforderlichen Reparatur, des Fahrzeugalters, der Laufleistung, des Erhaltungszustandes, der örtlichen Marktlage sowie aller wertbildenden Faktoren ermittelt. Der Unfallschaden, der die Rückverformung der Seitenwand hinten links sowie die Lackierung dieses Bereichs und die Lackierung der Stoßfängerverkleidung hinten links und der linken Tür erfordert, wäre im Fall einer Veräußerung offenbarungspflichtig.

Fazit und Praxishinweis: Das erkennende Amtsgericht Otterndorf hat mit überzeugender Begründung die merkantile Wertminderung auch bei einem 7 Jahre alten und. 104.332 Kilometer gelaufenen Fahrzeugs zugesprochen. Bei den heutigen Fahrzeugen ist regelmäßig von einer hohen Lebenserwartung auszugehen. Auch die Motoren sind langlebiger als früher. Daher kann es eine Grenze zur Anerkennung einer merkantilen Wertminderung bei 100.000 km-Laufleistung und fünf Jahren Alter nicht geben. Auch ältere Fahrzeuge mitmehr als 100.000 km Laufleistungerleiden durch einen Unfallschaden, auch wenn er fachgerecht ausrepariert wird, einen merkantilen Minderwert. Dieser entsteht auch dann, wenn das Fahrzeug nicht veräußert wird.
Quellen
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