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Kosten der Probefahrt sind nach Reparatur zu erstatten
Amtsgericht Tettnang Urteil vom 10.2.2016 – 8C 388/15 –

RFWW

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall ließ der Geschädigte sein verunfalltes Fahrzeug in der Firma Autohaus XY reparieren. Die Reparaturkosten betrugen insgesamt 4.291,22 € brutto. In der Rechnung der Firma Autohaus XY vom 19.11.2014 war eine Position "Probefahrt durchgeführt" mit 44,59 € enthalten. Aufgrund eines Prüfberichtes eines Prüfdienstleisters, den die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung eingeholt hatte, kürzte die Kfz-Haftpflichtversicherung den Betrag für die Probefahrt. Der Geschädigte gab sich mit der Kürzung seines Schadensersatzanspruchs nicht zufrieden und klagte vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Tettnang in Baden-Württemberg von Betrag von 44,59 € ein. Die Klage hatte Erfolg.
Die Klage auf Erstattung der in der Reparaturrechnung aufgeführten Kosten für die Probefahrt ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der gesamten Reparaturkosten aus der Rechnung der Firma Autohaus XY über insgesamt 4.291,22 € brutto zu. Eine eventuelle Fehlbeurteilung hinsichtlich der Erforderlichkeit der Probefahrt nach der durchgeführten Reparatur geht nicht zu Lasten des Geschädigten. Das Werkstattrisiko geht zulasten des Schädigers (vgl. BGHZ 63, 182 ff.).

Es macht keinenUnterschied, ob die vom Geschädigten beauftragte Reparaturwerkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind. Es besteht kein Grund, dem Schädiger das Risiko für ein solches Verhalten der von ihm beauftragten Werkstatt abzunehmen. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Geschädigte mit der Beauftragung der Reparaturwerkstatt die Schadensbeseitigungspflicht des Schädigers durchführen lässt.Hätte der Geschädigte, wie es § 249 I BGB vorsieht, die Schadensbeseitigung dem Schädiger überlassen, so hätte dieser sich ebenfalls mit dem Verhalten der Werkstatt auseinandersetzen müsse. Dem Schädiger entsteht dadurch auch kein Nachteil, da er nach den Grundsätzen der Vorteilsanrechnung die Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt verlangen kann. Der Kläger hat eine anerkannte Fachwerkstatt mit der Behebung des Unfallschadens beauftragt. Ein Auswahlverschulden ist ihm daher nicht vorzuwerfen.

Fazit und Praxishinweis:
Zu Recht hat das Amtsgericht Tettnang darauf hingewiesen, dass das Werkstatt- sowie auch das Prognoserisiko der Schädiger trägt (vgl. BGHZ 63, 162 ff; vgl. auch Imhof / Wortmann DS 2011, 149 ff.). Sofern dem Geschädigten kein Auswahlverschulden vorzuwerfen ist, was schon nicht der Fall ist, wenn der Geschädigte einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen und eine anerkannte Kfz-Werkstatt beauftragt, liegt das Prognose- und Werkstattrisiko bei dem Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung. Allerdings ist der Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer nicht völlig rechtlos, denn diese können den Vorteilsausgleich suchen, indem sie sich eventuelle Ausgleichsansprüche abtreten lassen (Imhof/Wortmann aaO.).
Quellen
    • Foto: Klaus Eppele - Fotolia.com