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Lada Vesta: Keine Versuchung, aber einen Versuch wert
Der russische Hersteller bekommt mit seinen Billigstautos keinen Fuß auf den deutschen Markt, eine kompakte Stufenhecklimousine mit guter Ausstattung soll das ändern / Ab 12.490 Euro

RobGal

Lada – so leicht, wie der Name über die Zunge geht, so schwerfällig verkaufen sich die Autos des russischen Herstellers und Marktführers, von dessen Mutterunternehmen Avtovaz der Mehrheitsaktionär seit 2008 Renault-Nissan heißt.
Gerade einmal 1.686 Autos der in Toljatti ansässigen Marke wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft, davon über 1.100 Exemplare des seit 1978 gelieferten robusten Geländeveteranen Niva, der bei uns seit 2013 Taiga genannt wird und vor allem bei Förstern und Jägern seine Käuferschaft findet. Der Rest der Marke muss mit dreistelligen Verkaufszahlen sein Dasein fristen.

Das soll nun anders werden. Die russische Marke will mit einem neuen Pkw auch in Deutschland akzeptable Verkaufszahlen schaffen. Der neue Lada Vesta soll es bringen: Raus aus der Nische, rein in den Markt – und das nicht nur als Billigstauto. Was der Neue zu bieten hat, haben wir auf unseren Kb-Testfahrten herausgefunden.
Eigentlich ist er ein stinknormales Auto: Der Vesta kommt als viertürige Stufenhecklimousine der Kompaktklasse daher, zu haben ist er ab 12.490 Euro. Nur eine Motorisierung steht zur Verfügung: ein Vierzylinder-Benziner mit 106 PS, ohne Turboaufladung. Keine Sensation. Wo könnte der Kaufanreiz liegen?



Auch wenn er in Russland bereits auf Platz drei der Zulassungsstatistik steht, Stufenheck in der Kompaktklasse ist in unseren Gefilden kein Verkaufsschlager. Hier dominiert das Fließheck mit variablem Laderaum. Das vom Briten Steve Mattin gestylte Blechkleid des Vesta kann sich jedoch sehen lassen, hat mit seinem X-Design eine ansehnliche Form. Mattin kann es. Das hat er bereits als Designer von Mercedes und Volvo bewiesen. Die X-Form an der Front zeigt sich bei der Gestaltung von Kühlergrill und Lampenfassung und dann auch an der Seitenlinie durch die Sicken im Blech, etwas sinnfrei, aber markant.



Innen nimmt man auf bequemen, etwas zu weichen Sitzen Platz, die vorn wenig Seitenhalt bieten. Die Plastikmaterialien fühlen sich besser an und sehen besser aus, als sie riechen. Die Armaturen wirken gut geordnet und übersichtlich. Das Kofferabteil (480 Liter) ist deutlich größer als beim VW Golf (100 Liter mehr), aber kleiner als bei den eigentlichen Lada-Konkurrenten Fiat Tipo (520 Liter) und Škoda Rapid (550 Liter). Und – freudige Überraschung! – in der Kofferraummulde liegt ein vollwertiges Reserverad. Klappt man die teilbaren Rücksitzlehnen um, so ist bei fensterhoher Beladung Platz für 840 Liter Fracht. Allerdings: Die Durchreiche ist unpraktisch eng. Dafür macht die Verarbeitung einen durchweg soliden Eindruck, und die Grundausstattung lässt wenige Wünsche offen. Elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel, Metalliclackierung und Leichtmetallfelgen zählen ebenso dazu wie vier elektrische Fensterheber, Radio (schlechter Empfang) mit RDS, USB und Freisprecheinrichtung, Klimaanlage, Parksensoren hinten, Sitzheizung vorn (die blitzschnell wie eine russische Sauna heizt), Tempomat (vom Lenkrad aus bedienbar) und Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung.



Eine lohnende Anlage stellt die Ausstattung „Luxus“ für nur 1.000 Euro dar. Sie bietet zusätzlich Frontscheibenheizung, Klimaautomatik, ein Multimediasystem mit Sieben-Zoll-Bildschirm, Navi und eine praktische Rückfahrkamera. Auf das automatisierte Fünfgangschaltgetriebe (760 Euro Aufpreis) sollte man verzichten. Es ist ruckelig wie früher beim Smart, reduziert die Fahrleistung wie den Fahrspaß und erhöht den Spritverbrauch um rund einen halben Liter. Auf modernste Fahrassistenten muss der Lada-Käufer verzichten (wenn er sie denn überhaupt vermisst). Der Saugbenziner ist kein Ausbund an Temperament und Durchzugskraft, macht seine Arbeit aber ordentlich. Er beschleunigt die fast 1,3 Tonnen Fahrzeuggewicht in 11,8 Sekunden auf Tempo 100. Bis 130 km/h ist die Leistung zufriedenstellend, wird dann aber zäh, und es dauert eine Ewigkeit, bis das Spitzentempo 180 erreicht ist. Gut auf die Leistung abgestimmt ist das sauber schaltbare manuelle Fünfganggetriebe. Das Fahrwerk ist mehr auf Komfort als auf Sportlichkeit ausgelegt und schluckt schlechtes Straßenpflaster gut weg. Ordentlich ist auch die Verzögerung der Bremsen. Ihr Konzept (vorn Scheiben, hinten Trommeln) ist allerdings von vorgestern. In Kurven liegt der Vesta zwar sicher, mag sich aber wegen der spürbaren Neigung zum Untersteuern nicht prügeln lassen. Gut gerüstet für schlechte Straßenzustände ist dieser Lada auch dank seiner Bodenfreiheit von 18 Zentimetern. Reisen, nicht rasen ist die Devise. 6,1 Liter Normverbrauch gibt Lada an (138 g/km CO2). Wir kamen auf 7,5 Liter (178 g/km CO2) bei zügiger Fahrweise (siehe „Im Detail“).



Unterm Strich bietet dieser Lada viel Auto fürs Geld. So ist es gut vorstellbar, dass er in Deutschland das Verkaufsziel von 4.800 Einheiten im ersten Jahr erreichen wird. 2018 wollen die Russen auch eine Kombiversion liefern und einen weiteren 1,8-Liter-Benzinmotor mit 122 PS.

Im Detail: Lada Vesta

Fahrzeugsegment: Kompakte Stufenhecklimousine;
Motor: Vierzylinder-Saugbenziner, 16 Ventile;
Hubraum: 1.596 ccm;
Leistung: 106 PS/78 kW bei 5.800 U/min.;
Maximales Drehmoment: 148 Nm bei 4.200 U/min.;
Übersetzung: Fünfgangschaltgetriebe;
Beschleunigung 0 bis 100 km/h: 11,8 sec.;
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h;
Kraftstoffart: Super;
Verbrauch (Norm): innerorts: 8,0 Liter/100 km, außerorts: 5,0 Liter/100 km; insgesamt: 6,1 Liter/100 km;
CO2-Emission: 138 g/km;
Abgasnorm: Euro VI;
Energieeffizienzklasse: D;
Tankinhalt: 55 Liter;
Theoretische Reichweite: 902 km;
Antrieb: Vorderrad;
Maße (Länge/Breite)/Höhe): 4.410 mm/1.764 mm/1.479 mm;
Radstand: 2.635 mm;
Kofferraumvolumen: 480 bis 840 Liter;
Leergewicht: 1.250 kg;
Nutzlast: 420 kg;
Zulässiges Gesamtgewicht: 1.670 kg;
Anhängelast (gebremst/ungebremst): 900 kg/450 kg;
Wendekreis: k. A.;
Bremsen (vorn/hinten): Scheiben innenbelüftet/ Trommeln;
Räder: 6 J x 16 H2 ET 50, Leichtmetall;
Bereifung: 195/55 R 16;
Preis: 13.490 Euro;
Einstiegspreis: 12.490 Euro.
Quellen
    • Text: Otto Küpper (Kb)
    • Foto: Hersteller