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Der spätere Geschädigte stellte am 26.6.2012 gegen 14.25 Uhr in Herne seinen Pkw BMW 750 i auf dem Supermarktparkplatz an der Bahnhofstraße ab. Der spätere Beklagte ist am Unfalltage Fahrer und Halter eines älteren Opel-Vectra, der zu diesem Zeitpunkt noch einen Wiederbeschaffungswert von 1.000 € hatte.
Der Opel-Vectra-Fahrer beschädigte beim Einparken in eine Parkbox den daneben stehenden BMW-Pkw. Der BMW war 3 Monate vor dem Unfall für 17.000,-- € gebraucht gekauft worden. Im Kaufvertrag war vermerkt, dass u.a. das Fahrzeug einen behobenen Streifschaden, instandgesetzt und lackiert aufwies. Der Streifschaden war vom Voreigentümer mit einem Reparaturaufwand von 12.250,-- € beseitigt worden. Zwei Tage nach dem Unfall auf dem Parkplatz ließ der Eigentümer des BMW ein Schadensgutachten erstellen.

Der Sachverständige M. stellte lediglich diverse Lackkratzer fest. Bei äußerlicher Inaugenscheinnahme stellte er keine Vorschäden fest. Den Wiederbeschaffungswert stellte er differenzbesteuertmit 26.000,-- € fest. Die Reparaturkosten bezifferte er mit 13.625,25 €. Diesen Betrag sowie weitere 899,49 € für Gutachterkosten beanspruchte der geschädigte BMW-Eigentümervon dem beklagten Fahrer des Opel-Vectra und deren Kfz-Haftpflichtversicherung. Diese wandte ein, dass es sich um einen manipulierten Unfall gehandelt habe. Das örtlich zuständige Landgericht Bochum hat mit Urteil vom 17.7.2013 - 2 O 528/12 - die Klage abgewiesen. Das Landgericht ging, wie die Beklagten, von einem manipulierten Unfall aus.

Die dagegen erhobene Berufung des Klägers führte bei dem OLG Hamm mit Urteil vom 27.2.2014 - 6 U 147/13 - zur Aufhebung und zur Zurückverweisung an das Landgericht Bochum. Das Landgericht führte daraufhin eine Beweisaufnahme durch. Der Sachverständige K. gelangte dabei zu anderen Werten als der vom Kläger beauftragte Privatgutachter M. Es wies daher erneut die Klage ab.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass es sich vorliegend um einen manipulierten Verkehrsunfall auf dem Supermarktparkplatz in Herne gehandelt hat unddemzufolge der Kläger nicht mit Erfolg Schadensersatz gemäß §§ 7 I, 18 StVG, 115 VVG, 823 I BGB, 3 Nr. 8 PflVG beanspruchen kann.

Es liegen zahlreiche Indizien vor, die bei der gebotenen Gesamtwürdigung zur Überzeugung des erkennenden Gerichtsführen, dass hier ein Unfallereignis gestellt wurde, um bei der Abrechnung eines absichtlich herbei-geführten Schadens einen möglichst großen Gewinn zu erzielen. Grundsätzlich hat der angeblich Geschädigte nur den äußeren Tatbestand eines Unfalls, die Kollision der Fahrzeuge, zu beweisen. Demgegenüber hat der Schädiger, Halter sowie dessen Haftpflichtversicherung als Gesamtschuldner darzulegen und zu beweisen, dass es sich bei dem Schadensereignis um einen abgesprochenen und fingierten Unfall gehandelt hat. Hierzu genügt der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten. Die ungewohnte Häufung von Beweisanzeichen, die für eine Manipulation sprechen, gestattet eine entsprechende Feststellung durch das Gericht.

Dafür sprechen die im Folgenden aufgeführten zahlreichen gewichtigen und typischen Indizien. Der beklagte Fahrer und Eigentümer des Opel-Vectralebt in desolaten wirtschaftlichen Verhältnissen und wurde in der Vergangenheit schon per Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gesucht. Das Fahrzeug des Beklagten ist ein alter Opel-Vectra mit einem Wiederbeschaffungswertvon 1.000,-- €, was unstreitig ist. Es ist kein relevanter Eigenschadenan dem Opel-Fahrzeug durch den Vorfall entstanden. Das Fahr-zeug des Klägers hingegen ist hochwertig und wurde in erheblichem Maße beschädigt und weist diverse Vorschäden auf. Hinzu kommt, dass der Beklagte Opel-Fahrer den Unfallhergang bei der Schadensanzeige anders als bei dem Ortstermin mit dem Sachverständigen der beklagten Versicherung.

Der Wiederbeschaffungswert des BMW-Fahrzeugswurde durch den vom Kläger beauftragten Sachverständigen auf 26.000,-- €bemessen, wobei dieser nur bei 20.000,-- € liegt, wie der gerichtlich bestellte Gutachter überzeugend darstellte. Bei diesem Betrag von 20.000,-- € ausgehend liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden jenseits der 130 %-Grenze vor, wenn die kalkulierten Reparaturkosten von 13.625,25 €, wie sie der Sachverständige in seinem Schadensgutachten angegeben hat, zugrunde gelegt werden. Die tatsächlichen Reparaturkosten beziffert der gerichtlich bestellte Sachverständige K. mit 9.784,88 €.

Zwar sind die an den beiden Fahrzeugen festgestellten Schäden miteinander kompatibel, doch bleibt der Unfallhergang nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht plausibel. So, wie der beklagte Opel-Fahrer den Unfallhergang geschildert hat, kann dieser nach den Angaben des gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht gewesen sein. Der gerichtlich bestellte Sachverständige K. hatüberzeugend festgestellt, dass der beklagte Opel-Fahrer kontrolliert in die Parkbox eingefahren sein muss, um den vorhanden Schaden zu verursachen. Wegen dieser Unstimmigkeiten war daher von einem manipulierten Verkehrsunfall auszugehen. Der Kläger hat in die Beschädigungen seines Fahrzeugs eingewilligt.

Fazit und Praxishinweis: Das Landgericht hat, nachdem es durch das OLG Hamm auf die noch durchzuführende Beweisaufnahme hingewiesen wurde, einen gerichtlich bestellten Gutachter beauftragt. Dieser hat die Werte in dem Schadensgutachten erheblich relativiert. Damit sahen die relevanten Schadenswerte dann ganz anders aus. Und so verdichtete sich der Verdacht, dass hier im konkreten Fall ein abgesprochener Unfall vorliegt. Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislastsituation hat das erkennende Gericht zutreffend festgestellt, dass der angeblich Geschädigte grundsätzlich nur den äußeren Tatbestand eines Unfalls, nämlich die Kollision der Fahrzeuge, zu beweisen hat. Demgegenüber haben der Schädiger, der Halter sowie dessen Haftpflichtversicherung als Gesamtschuldner darzulegen und zu beweisen, dass es sich bei dem Schadensereignis um einen abgesprochenen und fingierten Unfall gehandelt hat. Hierzu genügt der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten.
Quellen
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