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Am 7.12.2012 ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei dem der Pkw des Geschädigten schwer beschädigt wurde. Die Schuld am Zustandekommen des Verkehrsunfalls trägt der Fahrer des bei der später beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung haftpflichtversicherten Fahrzeugs.
Nach dem Unfall beauftragte der Geschädigte einen von der IHK Aachen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Kfz-Schäden und –bewertung mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Das Gutachten wies einen Restwert von 530,-- € aus. Diesen Restwert hatte der Gutachter über die Restwertbörse Auto-online ermittelt.

Der Geschädigte sandte das Gutachten am 14.12.2012 an die eintrittspflichtige Kfz-Versicherung. Am 21.12.2012 veräußerte er das Fahrzeug zu dem im Gutachten angegebenen Restwert . Die Kfz-Haftpflichtversicherung übermittelte am 7.1.2013 ein durch die Firma D.-GmbH über die Restwertbörse Auto-online eingeholtes Restwertangebot über 1.390,-- €. Das Amtsgericht Bergheim hatte mit Urteil vom 16.1.2014 – 26 C 200/13 – die Klage unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG Köln vom 16.7.2012 – I-13 U 80/12 – abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hatte Erfolg.

Die Berufung ist zulässig und begründet, da das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung zulasten des Klägers beruht. Anders als es das Amtsgericht sieht, muss sich der Kläger bei seiner Schadensberechnung nicht das von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung unterbreitete höhere Restwertgebot gegen sich gelten lassen. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH Urt. v. 23.11.2010 – VI ZR 35/10 – Rn. 10 ff; BGH ZfS 2005, 600; Palandt-Grüneberg, 73. A. 2014, § 249 BGB Rn. 17 m.w.N.) kann der Geschädigte, der ein Sachverständigengutachten einholt, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, und im Vertrauen auf den darin genannten, auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelten Restwert und die sich daraus ergebende Schadensersatzleistung des Unfallgegners wirtschaftliche Dispositionen trifft, seiner Schadensabrechnung grundsätzlich diesen Restwertbetrag zugrunde legen. Anderenfalls würde nämlich die dem Geschädigten zustehende Ersetzungsbefugnis gemäß § 249 II 1 BGB unterlaufen.

Aufgrund der Möglichkeit der Ersetzungsbefugnis ist ihm die Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eröffnet (BGH VersR 2005, 1448 m.w.N.). Der Geschädigte ist Herr des Restitutionsgeschehens. Er darf grundsätzlich bestimmen, wie er mit der beschädigten Sache verfahren will. Der eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherer hat allerdings die Möglichkeit, den Geschädigten auf ein mögliches höheres Restwertgebot aus dem allgemeinen regionalen Markt zu verweisen. Allerdings muss dies in engen Grenzen gesehen werden, denn es dürfen dem Geschädigten keine von der Versicherung gewünschte Verwertungsmodalitäten aufgezwungen werden. Nach diesen Grundsätzen durfte der Kläger sein verunfalltes Fahrzeug zu dem vom Sachverständigen angegebenen Wert veräußern. Er war nicht gezwungen, der Kfz-Versicherung die Möglichkeit einzuräumen, ein höheres Restwertgebot abzugeben. Restwertgebote aus Online-Restwertbörsen dürfen nicht berücksichtigt werden (BGH ZfS 2009, 327).

Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige sogar im Interesse der Beklagten ein Restwertgebot aus der Internetrestwertbörse eingeholt. Damit geht er sogar über die Anforderungen der Rechtsprechung hinaus. Die erkennende Kammer folgt – anders als das Erstgericht mit der angefochtenen Entscheidung – nicht der abweichenden Auffassung des 13. Zivilsenats des OLG Köln aus dem Beschluss vom 16.7.2012 – I-13 U 80/12 – (die Unfallzeitung berichtete darüber), wonach der Geschädigte dem Schädiger Gelegenheit geben muss, ein besseres Restwertgebot zu unterbreiten. Diese Entscheidung des OLG Köln ist nicht mit dem vom BGH angegebenen Grundsatz in Einklang zu bringen und daher abzulehnen. Es muss bei dem Grundsatz verbleiben, dass der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist und bestimmen darf, was mit der beschädigten Sache zu geschehen hat. Spätestens am 2.1.22013 hätte der Geschädigte das Fahrzeug veräußern dürfen Auch zu diesem Zeitpunkt lag noch kein Angebot der Beklagten vor. Der Kläger konnte daher zu dem Preis im Gutachten veräußern.

Fazit und Praxishinweis: Zu Recht hat die Berufungskammer des LG Köln den Beschluss des OLG Köln nicht berücksichtigt. Ganz bewusst hat das LG Köln in diesem Fallgegen die Meinung des OLG Köln im Beschluss vom 16.07.2012 - I-13 U 80/12 - entschieden, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, dem Schädiger vor der Veräußerung des Unfallfahrzeugs nach dem gutachterlich ermittelten Restwert Gelegenheit zur Unterbreitung einer besseren Verwertungsmöglichkeit einzuräumen. Der BGH hatte bekanntlich schon 2005 mit der Entscheidung vom 12.7.2005 – VI ZR 132/04 – entschieden, dass in einer solchen Situationder Geschädigte kein weiteres Sachverständigengutachten zum Restwert einzuholen braucht und muss grundsätzlich auch nicht den Haftpflichtversicherer über den beabsichtigten Verkauf seines beschädigten Fahrzeuges informieren, weil anderenfalls die ihm nach § 249 II 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen würde, die ihm die Möglichkeit der Schadensbehebung ineigener Regie eröffnet und deshalb auf seine individuelle Situation und die konkreten Gegebenheiten des Schadensfalles abstellt. Der Geschädigte ist Herr des Restitutionsgeschehens. Er muss sich von der Versicherung gewünschte Verwertungsmöglichkeiten nicht aufzwingen lassen.
Quellen
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