AG Coburg spricht vollen Verbringungskostenbetrag nach durchgeführter Reparatur zu
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RobGal -
27. Juli 2017 um 10:26 -
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Nach einem Verkehrsunfall am 20.5.2016, für den die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung voll einstandspflichtig war, hatte der Geschädigte sein Unfallfahrzeug einem qualifizierten Kfz-Sachverständigen vorgestellt, der ein Schadensgutachten erstellte. In diesem Gutachten waren auch die Überführungskosten aufgeführt. Der Geschädigte ließ das beschädigte Fahrzeug in einer Fachwerkstatt nach den Vorgaben des Gutachtens reparieren. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung kürzte die Reparaturrechnung hinsichtlich der Verbringungskosten um 67,83 €. Dieser Kürzungsbetrag war Gegenstand der Klage vor dem AG Coburg. Die Klage war in vollem Umfang erfolgreich.
Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht gegen die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall ein Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 67,83 € zu. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung haftet dem Grunde nach unstreitig als eintrittspflichtiger Haftpflichtversicherer für den Schaden. Soweit die Beklagte aus der Reparaturrechnung einen Teilbetrag von letztlich 67,83 € im Hinblick auf die Fahrzeugüberführungskosten gekürzt hat, dringt sie damit nicht durch. Dieser Teil des Schadensersatzes steht dem Kläger zu. Der Kläger hat nach dem Schadensereignis ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Reparaturwerkstatt mit der Schadensbeseitigung beauftragt. Soweit die Werkstatt falsch, zu teuer oder zu lange repariert, geht dieses sogenannte Werkstattrisiko zu Lasten des Schädigers und damit zu Lasten der Beklagten als Haftpflichtversicherer.
Vom Geschädigten kann nicht mehr verlangt werden, als dass er zur Bezifferung des Schadens und des zu behebenden Schadensumfangs ein Schadensgutachten eines Sachverständigen einholt und einen Reparaturauftrag erteilt. Wenn die Werkstatt dabei Fehler macht, die außerhalb des Einflussbereichs des Klägers als Unfallgeschädigten liegen, wie die Beklagte meint, kann ihm dies nicht zum Nachteil gereichen. Ein Unfallgeschädigter muss sich auch nicht vor Ausgleich der Rechnung wegen der Information der Beklagten über eine fehlerhafte Abrechnung der Versicherung von der Werkstatt aus dem Werkvertragsverhältnis auf restlichen Werklohn in Anspruch nehmen lassen. Hierfür hat der Gesetzgeber mit § 255 BGB eine Möglichkeit geschaffen, von der der Kläger insoweit Gebrauch gemacht hat, als er etwaige Regressansprüche aus dem Werkvertragsverhältnis gegen die Werkstatt der Beklagten zur Abtretung angeboten hat. Wenn die Beklagte von diesem Angebot keinen Gebrauch macht, kann dies dem Kläger auch nicht zum Nachteil gereichen.
Fazit und Praxishinweis: Zu Recht hat das erkennende Gericht dem Geschädigten die tatsächlich angefallenen Verbringungskosten zugesprochen. Verfügt nämlich der Reparaturbetrieb, was regelmäßig der Fall ist, nicht über eine eigene Lackiererei, so sind die Verbringungskosten zur Lackiererei als erforderlicher Herstellungsaufwand anzusehen. Diese Verbringungskosten sind grundsätzlich erstattungsfähig. Dies gilt in voller Höhe, wenn die Transportkosten tatsächlich angefallen und durch die Reparaturkostenrechnung belegt sind. Der Transport zur Lackiererei ist Teil der Wiederherstellung des Zustandes vor dem Unfall. Sie gehören damit zum Werkstatt- und Prognoserisiko, das der Schädiger und sein Haftpflichtversicherer zu tragen haben. Fallen Verbringungskosten üblicherweise bei einer Reparatur in einer Fachwerkstatt an, sind sie auch bei der fiktiven Schadensabrechnung zu ersetzen (vgl. BGH Urteil vom 14.5.2013 - VI ZR 320/12 -). Bei der konkreten Schadensabrechnung gilt dies umso mehr, als die Höhe der in Rechnung gestellten Verbringungskosten dann bereits ein Indiz für die Erforderlichkeit dieser Instandsetzungskosten darstellt. So hat auch das AG Coburg mit Urteil vom 29.6.2017 - 12 C 560/17 - entschieden (die Unfallzeitung berichtete am 25.7.2017!). - HIER -