Zur Haftung eines Radfahrers auf Fahrradschutzstreifen bei Kollision mit Fußgänger
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RobGal -
25. August 2017 um 11:01 -
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Der spätere Kläger war am Unfalltag, dem 19.3.2015, in der belebten Frankfurter Innenstadt als Fußgänger unterwegs. Der später beklagte Radfahrer fuhr zur Unfallzeit auf einem Fahrradschutzstreifen. Fahrradschutzstreifen sind Teile der Fahrbahn. Sie sind eine dünne, unterbrochene Linie von der Fahrbahn für Kraftfahrzeuge getrennt. Der Fahrradschutzstreifen ist mit einem Piktogramm, das ein Fahrrad darstellt, gekennzeichnet. Der beklagte Radfahrer befuhr allerdings den Fahrradschutzstreifen in entgegengesetzter Richtung. Seine Fahrgeschwindigkeit betrug etwa 11 km/h. In der Nähe eines Fußgängerüberweges wollte der Fußgänger die Straße überqueren. Der Fußgänger und der Radfahrer kollidierten, wobei der Fußgänger stürzte und unter anderem einen schmerzhaften Gelenkbruch erlitt. Der beklagte Radfahrer ist nicht haftpflichtversichert. Der Fußgänger verlangt von dem Radfahrer Schadensersatz und vor allem ein Schmerzensgeld. Das zunächst entscheidende Landgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 19.8.2016 – 2-08 O 88/16 – dem Kläger ein Schmerzensgeld von 5000,00 € sowie weiteren Schadensersatz zugesprochen. Das entspricht einer Quote von 90 % zulasten des Beklagten. Gegen das Urteil richtete sich die Berufung des Beklagten. Das für die Entscheidung über die Berufung zuständige Oberlandesgericht Frankfurt hielt die Berufung für unbegründet und wies den Beklagten mit Hinweisbeschluss vom 9.5.2017 darauf hin. Der Beklagte nahm daraufhin die Berufung zurück.
Die Berufung des beklagten Radfahrers gegen das angefochtene Urteil des LG Frankfurt ist zwar zulässig, aber nach einstimmiger Überzeugung der Berufungskammer unbegründet. Das Landgericht hat den Beklagten aus dem Gesichtspunkt der fahrlässigen Körperverletzung nach § 823 I BGB im Ergebnis zu Recht zur Zahlung von 90 % des dem Kläger erwachsenen Schadens verurteilt. Der Beklagte befuhr den Fahrradschutzstreifen verbotswidrig. Das ergibt sich aus dem Rechtsfahrgebot aus § 2 StVO. Die Benutzung des Radschutzstreifens in Gegenrichtung war durch entsprechende Verkehrszeichen nicht erlaubt. Das Fehlverhalten des Beklagten löst gesteigerte Sorgfalt6spflichten aus. Der verbotswidrig fahrende Radfahrer hat daher besonders darauf achten müssen, ob Fußgänger die Straße überqueren wollen. Fußgänger müssen nicht unbedingt mit verbotswidrig fahrenden Radfahrern rechnen. Das gilt umso mehr, als es sich bei der betreffenden Straße um eine Einbahnstraße handelt. Autoverkehr konnte daher von rechts nicht kommen. Mit einem Radfahrer von rechts musste der Fußgänger auch nicht rechnen. Der Radfahrer ist mit 11 km/h auch zu schnell gefahren. Gerade im Innenstadtverkehr mit viel Fußgängerverkehr und dann auch noch in der Nähe eines U-Bahn-Einganges muss der Radfahrer immer mit querenden Fußgängern rechnen. Allerdings ist dem Kläger auch ein Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalls anzulasten. Soweit das LG Frankfurt dem Kläger eine Mitverursachu8ngsquote von 10 % angelastet hat, weil der Kläger nicht den in der Nähe befindlichen Fußgängerüberweg benutzt hat, ist dies nicht zu beanstanden.
[color=#B22222]Fazit und Praxishinweis:[/color] Ein Fahrradfahrer, der bei einem auf jeder Fahrbahnseite befindlichen Fahrradschutzstreifen in entgegengesetzter Fahrtrichtung befährt, verstößt gegen das Rechtsfahrgebot. Kommt es zwischen einem Fußgänger und dem verbotswidrig fahrenden Radfahrer zu einem Zusammenstoß, so trägt grundsätzlich der verbotswidrig fahrende Radfahrer die überwiegende Schuld am Zustandekommen des Verkehrsunfalls.