AG Bochum spricht Verbringungskosten und Kosten der Endreinigung nach Reparatur zu
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RobGal -
5. September 2017 um 11:24 -
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Nach einem Verkehrsunfall hatte die Geschädigte ein Sachverständigengutachten einholen lassen. Auf der Grundlage des Kfz-Schadensgutachtens ließ die Geschädigte ihren verunfallten Pkw in einer Fachwerkstatt reparieren. Gegenüber der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung bezifferte sie ihren Fahrzeugschaden durch die Vorlage der Reparaturrechnung. In der Reparaturrechnung waren Verbringungskosten von 139,20 € aufgeführt. Die einstandspflichtige Kfz-Versicherung zahlte auf diese Position lediglich 80,-- € netto und verweigerte die Zahlung der Reinigungskosten. Die Geschädigte ließ sich mit der nicht korrekten Abrechnung der Kfz-Haftpflichtversicherung nicht abspeisen und klagte die gekürzten Beträge bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Bochum ein. Die Klage hatte Erfolg.
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der in der Reparaturrechnung insgesamt aufgeführten Beträge, insbesondere auch der vollen Verbringungskosten und der Kosten der Endreinigung nach der Reparatur. Beide Positionen hatte der von der Klägerin beauftragte Kfz-Sachverständige in seinem Schadensgutachten aufgeführt. Entsprechend der Angaben in dem Schadensgutachten hatte die Klägerin den Reparaturauftrag erteilt. Bei der von der Klägerin ausgewählten Fachwerkstatt handelt es sich um eine anerkannte Werkstatt. Das Werkstatt- und Prognoserisiko trägt der Schädiger. Der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung haften daher auch für eventuell nicht notwendige Aufwendungen. Denn mit der Übergabe des Fahrzeugs zwecks Reparatur ist das Fahrzeug aus der Einflusssphäre der Klägerin gelangt. Daher erstreckt sich die Schadensersatzpflicht des Schädigers auch auf Mehrkosten, die ohne Schuld des Geschädigten durch unsachgemäße Maßnahmen der von ihm beauftragten Werkstatt entstehen.
Die Verbringungskosten hat die Klägerin durch die Vorlage der Rechnung ausreichend nachgewiesen. Im Übrigen ist bekannt, dass die von der Klägerin beauftragte Reparaturwerkstattkeine eigene Lackiererei besitzt. Nach der durchgeführten Reparatur war es daher erforderlich, dass das Fahrzeug zum Lackierbetrieb verbracht werden musste. Diese Kosten hatte auch der Sachverständige in seinem Gutachten aufgrund seiner Fachkenntnis aufgeführt. Da diese Kosten auch tatsächlich angefallen und durch die Rechnung belegt sind, liegt hier eine konkrete Schadensabrechnung vor. Auch die Kosten für die Fahrzeugreinigung sind zu erstatten. Nach einer umfangreichen Reparatur ist es nachvollziehbar, dass das Fahrzeug anschließend auch gereinigt werden muss. Ohne den Verkehrsunfall, für den die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung in vollem Umfang einstandspflichtig ist, hätte eine Reparatur und demgemäß auch eine Reinigung nicht erfolgen müssen. Daher ist auch diese Maßnahme der Reinigung vom Prognoserisiko erfasst und von der Beklagten zu erstatten. Der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben.
[color=#B22222]Fazit und Praxishinweis:[/color] Mit zutreffender Begründung hat das erkennende Gericht sowohl die restlichen Verbringungskosten als auch die Reinigungskosten zugesprochen. Zwar hat der BGH zu den Verbringungskosten und zu den Reinigungskosten noch keine Entscheidung getroffen. Falls aber in der Region keine Werkstatt mit angeschlossenem Lackierbetrieb existiert, sind die Verbringungskosten als erforderliche Wiederherstellungskosten angesehen werden. Im Übrigen sind die konkret angefallenen Verbringungskosten durch die Reparaturkostenrechnung belegt, so dass diese nach § 249 I BGB als konkreter Schaden zu erstatten sind. Das gilt auch für die Kosten der Fahrzeugreinigung nach der durchgeführten Reparatur. Auch hierbei handelt es sich um eine konkrete Schadensposition. Das Urteil des AG Bochum entspricht der wohl herrschenden Meinung in der Rechtsprechung (vgl. nur AG Fürstenwalde/Spree Urt. v. 9.7.2014 – 26 C 299/13 -; AG Berlin-Mitte Urt. v. 23.9.2015 – 18 C 3143/15 -; AG Salzgitter Urt. v. 14.10.2015 – 22 C 57/15 -; AG Essen Urt. v. 2.1.2016 – 135 C 121/15 -; AG Essen-Steele Urt. v. 17.8.2016 – 17 C 286/15 -; AG Essen Urt. v. 13.9.2016 – 131 C 265/16 -; AG Bad Oeynhausen Urt. v. 2.12.2016 – 24 C 514/16 -).