AG Otterndorf spricht nach durchgeführter Reparatur berechnete Verbringungskosten zu
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RobGal -
2. Oktober 2017 um 12:17 -
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Im Februar 2017 ereignete sich gegen 10.45 Uhr auf der Bahnhofstraße in Cadenberge (Niedersachsen) ein Verkehrsunfall, bei dem der Pkw der Geschädigten nicht unerheblich beschädigt wurde. Die Schuld am Zustandekommen des Unfalls trägt der Fahrer des bei der HUK-COBURG versicherten Fahrzeugs. Die Geschädigte holte ein qualifiziertes Kfz-Schadensgutachten ein. In diesem Gutachten waren auch Verbringungskosten aufgeführt. Aufgrund des vorliegenden Schadensgutachtens ließ die Geschädigte das beschädigte Fahrzeug reparieren. In der Reparaturkostenrechnung waren Verbringungskosten in Höhe von 127,60 € aufgeführt. Die HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung kürzte die berechneten Verbringungskosten um 47,60 €. Hiermit war die Geschädigte nicht einverstanden und klagte den Restschadensbetrag bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Otterndorf ein. Die Klage war erfolgreich.
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat gegen die beklagte HUK-COBURG aufgrund des Unfallereignisses einen restlichen Schadensersatzanspruch in Höhe von 47,60 €. Die Haftung der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung für die Schadensfolgen des Unfallereignisses ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig. Im Streit steht lediglich noch die Erstattung der restlichen Verbringungskosten in Höhe von 47,60 €. Auch die übrigen Kosten von 47,60 €, die der Reparaturbetrieb der Klägerin neben den bereits erstatteten 80 € für die Verbringung des beschädigten Fahrzeugs zum Lackierbetrieb in Rechnung gestellt hat, sind als erforderlich im Sinne des § 249 II 1 BGB anzusehen und daher von der Beklagten zu erstatten. Die Frage, ob das beschädigte Fahrzeug tatsächlich zu einem Fremdlackierbetrieb verbracht worden ist, kann dahinstehen. Der Geschädigten sind nämlich gemäß § 249 II 1 BGB auch Mehrkosten zu ersetzen, die ohne Schuld der Geschädigten durch unsachgemäße oder tatsächlich nicht durchgeführte Maßnahmen der Reparaturwerkstatt entstehen. Der Schädiger trägt das sog. Werkstatt- und Prognoserisiko, falls den Geschädigten nicht ausnahmsweise hinsichtlich der gewählten Fachwerkstatt ein Auswahlverschulden trifft (vgl. BGH NJW 1992, 302, 304; AG Köln Urt. v. 24.4.2015 – 274 C 214/14 -; vgl. auch BGHZ 63, 182 ff.). Die Reparaturwerkstatt ist nicht Erfüllungsgehilfe im Sinne von § 278 BGB des Geschädigten (AG Köln a.a.O.). Da der Schädiger gemäß § 249 I BGB grundsätzlich zur Naturalrestitution verpflichtet ist und § 249 II 1 BGB dem Geschädigten lediglich eine Ersetzungsbefugnis zuerkennt, vollzieht sich die Reparatur vielmehr in der Verantwortungssphäre des Schädigers.
Würde der Schädiger die Naturalrestitution gemäß § 249 I BGB selbst vornehmen, so träfe ihn gleichfalls das Werkstattrisiko (AG Düsseldorf Urt. v. 21.11.2014 – 37 C 11789/11 -). Ebenso sind die begrenzten Kenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten zu berücksichtigen: Sobald der Geschädigte das verunfallte Fahrzeug der Reparaturwerkstatt zwecks Reparatur übergeben hat, hat er letztlich keinen Einfluss mehr darauf, ob und inwieweit sodann unnötige oder überteuerte Maßnahmen vorgenommen werden (OLG Hamm Urt. v. 31.1.1995 – 9 U 168/94 -; AG Norderstedt, Urt. v. 14.9.2012 – 44 C 164/12 -). Dem Schädiger entsteht durch die Erstattung der vollständigen Reparaturrechnung kein Nachteil, da er nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung Abtretung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die Werkstatt verlangen kann (OLG Hamm aaO.; BGHZ 63, 182 ff.). Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte der Klägerin auch die übrigen Verbringungskosten in Höhe von 47,60 € zu ersetzen. Die Verbringungskosten für eine Fremdlackierung stehen auch in Zusammenhang mit den Unfallschäden. So hat auch der von der Geschädigten beauftragte Sachverständige in seinem Gutachten notwendige Lackierarbeiten ausgeführt. Eine überhöhte Abrechnung war für die Klägerin daher nicht erkennbar. Es wurden auch nicht etwa bei Gelegenheit der Fahrzeugreparatur Werkarbeiten vorgenommen, die mit dem streitgegenständlichen Unfall in keinem Zusammenhang mehr stehen, wie z.B. Arbeiten an Fahrzeugteilen abseits der vom Unfall beeinträchtigten Fahrzeugteile.
[color=#B22222]Fazit und Praxishinweis:[/color] Das erkennende Amtsgericht Otterndorf hat zu Recht die volle Erstattung der Reparaturkosten einschließlich der Verbringungskosten ausgesprochen. Die Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes ist gemäß § 249 I BGB Sache des Schädigers. Wenn der Geschädigte der regionalen Reparaturwerkstatt den Reparaturauftrag entsprechend der Angaben im Schadensgutachten erteilt, handelt er quasi für den Schädiger, um den vor dem Unfall bestehenden Zustand wiederherzustellen. Aus diesem Grund hat die höchstrichterliche Rechtsprechung auch die Werkstatt als Erfüllungsgehilfen des Schädigers zur Wiederherstellung des vormaligen Zustands angesehen (vgl. BGHZ 63, 182 ff.; BGH NJW 1992, 302 ff.). Demgemäß trägt auch der Schädiger das Werkstatt- und Prognoserisiko. Der Schädiger ist daher verpflichtet, wenn kein Auswahlverschulden des Geschädigten vorliegt, den berechneten Reparaturbetrag zu erstatten. Er ist dabei nicht rechtlos. Ihm steht nach Abtretung der vermeintlichen Bereicherungsansprüche der Vorteilsausgleich zu. Was aber für die Werkstatt gilt, gilt auch für die Rechnung des Sachverständigen, denn auch der ist der Erfüllungsgehilfe des Schädigers (OLG Naumburg DS 2006, 283 ff.).