Haftung der Kaskoversicherung, wenn Sohn ohne Führerschein Unfall baut
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RobGal -
10. Oktober 2017 um 15:19 -
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Der Vater hatte sein kaskoversichertes Kraftfahrzeug seinem Sohn und dessen beiden Freunden für einen Abend überlassen. Der eigene Sohn besaß noch keine Fahrerlaubnis. Daher sollte einer der Freunde fahren, der im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war. In den frühen Morgenstunden kam es zu einem Unfall, bei dem der Pkw des Vaters mit einem am Fahrbahnrand geparkten Pkw kollidierte. Die herbeigerufene Polizei fand das den Unfall verursachende Kraftfahrzeug verlassen vor. Über das Kennzeichen konnte jedoch der Halter festgestellt werden. An dem eigenen Fahrzeug entstand ein Schaden von rund 8.700,-- €. Da das Fahrzeug kaskoversichert war, verlangte der Vater von der Kaskoversicherung Ersatz des Kaskoschadens. Die Kaskoversicherung verweigerte die Zahlung. Sie berief sich darauf, dass der Sohn ohne erforderliche Fahrerlaubnis zur Unfallzeit gefahren sei, und sie dadurch leistungsfrei geworden sei. Die Klage auf Kaskoleistung war in zweiter Instanz erfolgreich, nachdem der erkennende 5 Zivilsenat des OLG Oldenburg eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmungen durchgeführt hatte.
Die Leistungsklage ist begründet. Entgegen der Auffassung des beklagten Kaskoversicherers ist diese nicht gemäß Ziffer D.1.4 S. 2 der AKB (Allgemeinen Kaskobedingungen) in Verbindung mit Ziffer D.3.1 S. 1 AKB von ihrer Leistungspflicht befreit. Gemäß Ziffer5 D.1.4 S. 2 AKB darf der Versicherungsnehmer, der Halter oder der Eigentümer das kaskoversicherte Fahrzeug nicht von einem Fahrer benutzen lassen, der nicht die erforderliche Fahrerlaubnis besitzt. Die Leistungsfreiheit nach Ziffer D.3.1 S. 1 AKB setzt voraus, dass die genannte Obliegenheit vorsätzlich verletzt wird. Eine derartige Fallgestaltung lässt sich im zu entscheidenden Fall nicht feststellen. Dies gilt auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Dabei kann offen bleiben, ob der Geschäftsführer der Klägerin, also der Vater des Sohnes ohne Führerschein, den Fahrzeugschlüssel am Nachmittag dem Sohn ausgehändigt hat oder dem Freund des Sohnes, der im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis ist. Nach beiden möglichen Fallgestaltungen ist es der beklagten Versicherung nicht gelungen, den Beweis zu führen, dass der Vater mit dem zur Verwirklichung des Ausschlusstatbestandes notwendigen Vorsatzes gehandelt hat. Dafür müsste er zumindest für möglich gehalten haben oder billigend in Kauf genommen haben, dass sein Sohn ohne Führerschein fahren würde. Vielmehr haben die Zeugenaussagen und die Erklärungen der Beteiligten in der Ermittlungsakte bei dem erkennenden Gericht den Eindruck hinterlassen, dass der Freund des Sohnes den Pkw durchgehend fahren würde. Weshalb der Vater billigend in Kauf genommen habe, dass sein Sohn den Pkw steuern würde, erschließt sich dem erkennenden Gericht nicht. Dem Vater kann auch nicht grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im konkreten Fall jedermann einleuchten muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
[color=#B22222]Fazit und Praxishinweis: [/color]Sicherlich handelt es sich hier um eine Einzelfallentscheidung, bei der die Beweisaufnahme zugunsten des Vaters des führerscheinlosen Sohnes ausgegangen ist. Die Kaskoversicherung konnte nicht beweisen, dass der Sohn ohne Führerschein im Unfallzeitpunkt das versicherte Fahrzeug geführt hat. Ebenso wenig konnte dem Vater beim Überlassen der Fahrzeugschlüssel an den Freund des Sohnes, der über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Bei ähnlichen Konstellationen kann es durchaus auch zu anderen Ergebnissen kommen.