Beim Schadensersatz kann Geschädigter nur Anwaltskosten in Relation zu der berechtigten Forderung beanspruchen
-
RobGal -
15. November 2017 um 13:56 -
0 Kommentare -
8.210 Mal gelesen
Indiesem Fall könnte es fraglich sein, ob die notwendigen Anwaltskosten nach demWiederbeschaffungswert oder nach dem Wiederbeschaffungsaufwand(Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) ersetzt verlangt werden können.Diese Frage hat nunmehr der VI. Zivilsenat des BGH mit dem Revisionsurteil vom18.7.2017 – VI ZR 465/16 – beantwortet.
Nach einem für sie unverschuldeten Verkehrsunfall nahm die spätere Klägerin als geschädigte Kfz-Eigentümerin die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung in Anspruch. Bei dem Verkehrsunfall wurde ihr Fahrzeug beschädigt. Ein von ihr hinzugezogener Kfz-Sachverständiger ermittelte einen Wiederbeschaffungswert von 23.697,48 € und einen Restwert von 16.080,-- €, so dass der Wiederbeschaffungsaufwand 7.617,48 € betrug. Zu diesem Betrag kamen weitere durch den Unfall verursachte Kosten von 1.709,96 € hinzu. Unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 9.327,44 € hat die eintrittspflichtige Kfz-Versicherung die vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 745,40 € erstattet. Die Klägerin ist der Auffassung, die vorgerichtlichen Anwaltskosten müssten zu einem Gegenstandswert von 25.407,44 € (ohne Restwert zuzüglich weiterer Kosten) ersetzt werden. Das Amtsgericht Kulmbach hat mit Urteil vom 7.4.2016 – 70 C 63/16 – der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung wurde durch das LG Bayreuth mit Berufungsurteil vom 21.9.2016 – 13 S 39/16 - das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Die Revision blieb ohne Erfolg.
Die vom Landgericht angestellten Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Zu Recht hat das Landgericht als Gegenstandswert für die Berechnung der zu erstattenden Anwaltskosten den Wiederbeschaffungsaufwand zuzüglich der weiteren Kosten zugrunde gelegt. Der Restwert war außer Betracht zu lassen. Der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch umfasst grundsätzlich auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Allerdings sind nur die Anwaltskosten zu ersetzen, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich und zweckmäßig sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Schadensersatzanspruch des Geschädigten auf Erstattung der notwendigen Anwaltskosten sich nur auf die Kosten beziehen kann, die seiner Schadensersatzforderung objektiv berechtigt sind. Kosten, die dadurch entstehen, dass der Geschädigte einen Anwalt zur Durchsetzung eines unberechtigten Anspruchs beauftragt, können dem Schädiger nicht mehr als Folge seines Verhaltens, das zum Unfall geführt hat, zugerechnet werden (BGH NJW 1970, 1122, 1123; BGH VersR 2005, VersR 2005, 558, 559; BGH VersR 2006, 521 Rn. 6). Damit ist dem Anspruch des Geschädigten auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH NJW 2008, 1888 Rn. 13). Hinsichtlich des Restwertes ist dem Geschädigten kein Schaden entstanden. Der geschädigte kann mit dem Restwert verfahren, wie er will, das geht grundsätzlich den Schädiger nichts an (BGHZ 66, 239, 246). Nach der Differenzhypothese ist grundsätzlich die Situation vor und nach dem Schadensereignis zu vergleichen, wobei nach dem Schadensereignis dem Geschädigten der Restwert verbleibt.
[color=#B22222]Fazit und Praxishinweis:[/color] Dem VI. Zivilsenat des BGH ist mit dieser Entscheidung in dem konkreten Fall, dass bei einem wirtschaftlichen Totalschaden, wie hier, der Restwert bei der Bestimmung des Gegenstandswertes zur Berechnung der Anwaltskosten ohne Belang ist. Denn tatsächlich ist dem Geschädigten insoweit kein Schaden entstanden, denn der Restwert verbleibt bei ihm. Allerdings hat der BGH mit dieser Revisionsentscheidung noch nicht die Frage beantwortet, wie zu verfahren ist, wenn der Schädiger bzw. dessen Versicherer dem Geschädigten ein höheres Restwertangebot entgegenhält, was für den Geschädigten zumutbar ist.