Autojahr 1996: Erfolgreiche Premieren und vergessene Klassiker – Ein Rückblick auf die Highlights
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RobGal -
10. Februar 2016 um 12:22 -
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Vor zwanzig Jahren: Helmut Kohl ist seit 1982 immer noch Bundeskanzler einer CDU/CSU-FDP- Regierung, und Roman Herzog (CSU) amtiert als Bundespräsident. Der US-Demokrat Bill Clinton wird erneut zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Traurig und damals wie heute nicht zu akzeptieren: Bei einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Lübeck werden zehn Menschen umgebracht.
1996 verstirbt Frankreichs ehemaliger Staatspräsident, der Sozialist François Mitterrand, außerdem der Verleger und Publizist Henri Nannen, die US-amerikanische Jazz-Legende Ella Fitzgerald und der italienische Filmschauspieler Marcello Mastroianni. Auch Toni Schmücker stirbt. Er leitete zwischen 1975 und 1982 den VW-Konzern und holte ihn aus einer tiefen Krise, indem er Stufenhecklimousinen einführte (Derby, Jetta, Santana) und Audi zur Premiummarke aufwertete. In seine Amtszeit fallen die Einführungen der erfolgreichen Modelle Passat, Scirocco, Golf und Polo sowie von Audi 80 und Audi 50.
Mal wieder Privatisierung
Das Autojahr 1996 fing für die Verbraucher nicht gut an: Weil schon damals die öffentlichen Kassen leer waren, liebäugelte mancher Politiker mit der Privatisierung der Straßen, der Autobahnen wie der Bundes- und Landstraßen. Vorgesehen war die vollständige Herauslösung der Straßeninfrastrukturfinanzierung aus den öffentlichen Haushalten und die Einführung nutzungsabhängiger Entgelte für alle Nutzer. Die Regierenden waren so begeistert, dass "Road Pricing" schnell im Verkehrswegeplan verankert wurde. Doch der damalige Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU), heute Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), stoppte die Straßenbenutzungsgebühr. Deren Einführung wurde zwei Jahre später durch die EU ermöglicht, was auch auf Schienen-, Wasser- und Luftverkehrswege übertragen werden sollte. Mittlerweile ist bekannt, dass privat finanzierte Straßen die Verbraucher teuer zu stehen kommen, wie der Steuerzahlerbund errechnete und auch der Bundesrechnungshof in Bezug zu öffentlich-privaten Projekten (ÖPP) herausfand: Der Staat kann die Verkehrswege nämlich wesentlich günstiger bauen.
Die Pkw-Hersteller brachten 1996 eine Reihe neuer Modelle in die Schaufenster der Autohändler, die heute teils nicht mehr wegzudenken sind. Škoda überraschte mit der Weltpremiere seines neuen Flaggschiffs Octavia, dessen Preisliste bei 22.650 Mark begann, das entspricht 11.600 Euro. Opel präsentierte die Großraumlimousine Sintra, und Hyundai feierte den Marktstart seines knackigen Coupés mit 139 PS. VW stellte die fünfte Generation des Passat vor, der nun als Wettbewerber im Premiumsegment gegen BMW, Mercedes und auch Audi auftrat. Jaguar ließ die Herzen der Liebhaber starker Motoren höher schlagen, als die Briten den ersten Achtzylindermotor ihrer Geschichte präsentierten. Im XK8 hatte das Vierliter-Aggregat (284 PS) seine Premiere. Der an den legendären E-Type erinnernde Sportwagen sorgte mit dafür, dass Jaguar erstmals unter der Regie von Ford Gewinn machte.
Citroën stellte den Saxo vor, einen schlichten Kleinwagen. Der Nachfolger des AX hatte partiell die gleichen Bauteile wie der Peugeot 106. Kia brachte 1996 mit dem Clarus seine erste Mittelklasselimousine nach Deutschland, die sich vom südkoreanischen Vorbild kaum unterschied. Audi feierte die Premiere des A3. Die erste Kompaktreihe der Ingolstädter Premiummarke basierte auf dem VW Golf IV.
Lancia beeindruckte modisch orientierte Autokäufer mit dem neuen Kleinwagen Y, der vor allem in Italien reüssierte und mit einer erstaunlichen Farbpalette von 112 verschiedenen Lacktönen und 134 unterschiedlichen Accessoires auftrat – es gab sogar ein Weidenkörbchen für die Ablage. Konzernmutter Fiat ließ 1996 seine Sportwagenmarke Abarth, die seit 1971 zum Turiner Unternehmen gehört, wieder aufleben. Zunächst allerdings nur für sportliches Zubehör. Erst elf Jahre später, 2007, wurde das erste eigene Fahrzeug aus der Taufe gehoben, der dreitürige Punto Abarth – seitdem ist Abarth die Tuningmarke von Fiat.
Ein Blick zurück in die Gegenwart
Ein technologisches Highlight des Jahres war das Konzeptauto F 200 Imagination von Mercedes auf dem Pariser Autosalon. Die Stuttgarter Autoingenieure hatten im F 200 ihre Vision vom Auto der Zukunft verwirklicht. Das Fahrzeug basierte auf der C-Klasse, hatte weder Pedale noch Lenkrad, stattdessen einen Steuerknüppel (Sidesticks). Auch Innen- und Außenspiegel fehlten, deren Aufgaben übernahmen Kameras in den Dachsäulen. Weitere Innovationen des F 200: Windows-Airbags, Kurvenlicht, Fahrdynamikregelung und Spracherkennung fürs Mobiltelefon, zudem Assistenzsysteme, wie man sie heute in Serienmodellen kennt.
Aber auch die Nützlichkeit stand 1996 auf der automobilen Agenda: Mercedes präsentiert den Großtransporter Vario, den ersten Europäer in der Gewichtsklasse zwischen 4,6 und 7,5 Tonnen. Neu war sein Topaggregat, der 4,3 Liter große Direkteinspritzermotor mit Ladeluftkühlung, Turbolader und 136 PS. Der Einstiegspreis für den Vario begann bei umgerechnet 28.500 Euro, ABS gab es für sage und schreibe 2.250 Euro zusätzlich. Einen Fahrerairbag stellte Mercedes für einen späteren Zeitpunkt in Aussicht. Beim Start der Hochdachkombis Peugeot Partner und Citroën Berlingo setzte PSA auf Funktionalität, hohe Sitzposition und neuartig großes Stauvolumen. Fiat brachte im gleichen Jahr den Kleintransporter Scudo nach Deutschland. Der vielseitige City-Transporter fand damals kaum Konkurrenten vor. Toyota begann mit dem Picnic sein Angebot an Vans.