Kammergericht entscheidet zum Schadensersatz nach Glatteisunfall vor 5-Sterne-Hotel
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RobGal -
8. Januar 2018 um 15:11 -
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Gerade jetzt zur Winterzeit kommt es in und wieder vor, dass ein Passant auf einem unzureichend geräumten Bürgersteig auf Schnee oder Eis zu Fall kommt. Dann stellt sich die Frage der Verkehrssicherungspflichtverletzung durch den Grundstückseigentümer des angrenzenden Bürgersteigs. So hatte auch das Kammergericht in Berlin über einen derartigen Sturz auf dem Bürgersteig vor einem 5-Sterne-Hotel zu entscheiden.
Der spätere Kläger stürzte bei Glatteis auf dem Gehweg vor einem 5-Sterne-Hotel in Berlin. Er verlangte von der Hotelbetreiberin im Wege der Teilklage zunächst 10.000,- € Schmerzensgeld, hielt aber ein Schmerzensgeld von 75.000,- € für angemessen und billig. Er machte geltend, dass er wegen des Unfalls und der stationären Behandlung nicht in der Lage gewesen sei, ein Darlehen über 200.000,-- € aufzunehmen, das innerhalb von drei Monaten zu einem Ertrag von 2 Mio. € und später zu einer Ausschüttung von 35 Mio. € für ihn und seine Gesellschaft geführt hätte. Der Kläger erhob Klage vor dem örtlich zuständigen Landgericht Berlin. Die Hotelbetreiberin erhob Widerklage mit dem Antrag festzustellen, dass dem Kläger weder ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns noch ein weitergehender Anspruch zustehe. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen und im Wege der Widerklage festgestellt, dass dem Kläger weder ein Schadensersatzanspruch noch weitere Ansprüche zustehen. Dabei stellte das Landgericht fest, dass dem Hotelbetreiber keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen sei. Er habe den Gehweg ausreichend räumen lassen. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein. Das Kammergericht wies die Berufung mit Beschluss vom 7. November 2017 zurück.
Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Hotelbetreiberin verneint. Der Anlieger einer Straße ist nur verpflichtet, den Gehweg vor seinem Grundstück auf einem Mittelstreifen von etwa 1,50 Meter Breite zu räumen oder mit abstumpfenden Mitteln zu bestreuen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn besondere Umstände es erfordern, dass der Gehweg in seiner gesamten Breite bis zur Bordsteinkante zu räumen ist. Solche besonderen Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Am Rand des Gehweges befanden sich keine Notrufsäulen, Parkscheinautomaten oder sonstige Einrichtungen, die einen breiteren Streustreifen am Bordstein erforderlich gemacht hätten. Auch ein hohes Fußgängeraufkommen konnte nicht festgestellt werden. Der Haupteingang des 5-Sterne-Hotels befinde sich an einer anderen Straße. Aufgrund der im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten und nicht zu beanstandenden Beweisaufnahme steht daher zur Überzeugung des erkennenden Senats fest, dass im Bereich der Sturzstelle keine Verletzung der Streu- und Räumpflicht vorlag.
Fazit und Praxishinweis: Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht kann nur derjenige verlangen, der in einem Bereich gestürzt ist, für den eine Streu- und Räumpflicht bestand. Regelmäßig reicht es aus, wenn der Eigentümer des angrenzenden Grundstücks auf dem Gehweg vor seinem Grundstück einen Streifen von ca. 1,5 m Breite räumt und streut. Nur wenn besondere Umstände es erfordern, muss auch bis zur Bordsteinkante gestreut werden.