AG Köln verneint nach Unfall eine merkantile Wertminderung bei geschraubten Karosserieteilen
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RobGal -
11. Januar 2018 um 11:48 -
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Nach einem Verkehrsunfall beauftragte der Geschädigte einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens. In dem Schadensgutachten führte der vom Geschädigten hinzugezogene Sachverständige eine merkantile Wertminderung von insgesamt 1.700,-- €. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung regulierte unter Bezugnahme auf die Marktrelevanz- und Faktorenmethode eine merkantile Wertminderung von 1.450,-- €. Sie war der Auffassung, dass eine Wertminderung bei den geschraubten Anbauteilen nicht eintritt. Der Geschädigte klagte die restlichen 250,-- € unter Bezugnahme auf das Gutachten des von ihm hinzugezogenen Sachverständigen bei dem Amtsgericht Köln ein. Die Klage blieb ohne Erfolg.
Dem Kläger steht über den von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung erstatteten Wertminderungsbetrag von 1.450,-- € hinaus keine weitere merkantile Wertminderung zu. Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass der merkantile Minderwert einer Sache grundsätzlich erstattungsfähig ist, der trotz technisch einwandfreier Reparatur darauf beruht, dass ihr wert am Markt geringer bewertet wird als derjenige einer unfallfreien Sache. Allerdings ist es gerichtsbekannt, dass die modernen Berechnungsmethoden die Wertminderung nicht lediglich anhand eines Bruchteils der Reparaturkosten bestimmen, sondern auch den konkreten Schaden berücksichtigen. Schäden an abschraubbaren und ersetzbaren Fahrzeugteilen ziehen keine merkantile Wertminderung nach sich, da eine Beeinträchtigung des Fahrzeugs durch das Anbringen eines neuen Teils nicht mehr gegeben ist. Das wird unter anderem auch nach der von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung zugrunde gelegten Berechnungsmethode berücksichtigt. Dass die Berechnung durch die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung nach der Marktrelevanz- und Faktorenmethode korrekt sei, wurde von der Klägerseite nicht bestritten. Das erkennende Gericht ist daher gemäß § 287 ZPO zur Schätzung der merkantilen Wertminderung berechtigt. Insgesamt folgt das erkennende Gericht der Marktrelevanz- und Faktorenmethode und der auf dieser Grundlage ermittelten merkantilen Wertminderung in Höhe von 1.450,-- €. Auch wenn im Rahmen anderer Berechnungsmethoden auch eine merkantile Wertminderung auch bei Schäden an untergeordneten Bauteilen eine merkantile Wertminderung anerkannt ist, stützt das Gericht seine Schätzung auf die von der beklagten Versicherung zugrunde gelegten Berechnungsmethode.
[color=#B22222]Fazit und Praxishinweis:[/color] Die Entscheidung des AG Köln begegnet der Kritik. Zum einen handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Das erkennende Amtsgericht hat – ohne Einholung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen -die – umstrittene – Marktrelevanz- und Faktorenmethode seiner Entscheidung zugrunde gelegt, weil der Kläger die Berechnung durch die beklagte nicht als unkorrekt bestritten hat. Er hat damit die Korrektheit anerkannt. Zum zweiten vergisst das erkennende Gericht, dass es eine anerkannte Berechnungsmethode für die merkantile Wertminderung nicht gibt. Letztlich entscheidend ist die individuelle Einschätzung des vom Geschädigten hinzugezogenen Sachverständigen, der im Übrigen sogar der Erfüllungsgehilfe des Schädigers (vgl. OLG Naumburg DS 2006, 283 ff.) ist. Nur die sachgerechte und praxisorientierte Recherche durch einen Sachverständigen liefert ein überzeugendes Ergebnis.