Vorurteile: Haben nur Senioren Probleme mit Kreuzungen?
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RobGal -
29. Januar 2018 um 13:15 -
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Sind Straßenkreuzungen zu schwierig für ältere Autofahrer? Es gibt zahlreiche Studien, die sich mit Auto fahrenden Senioren befassen und dabei immer wieder Kreuzungen sowie Abbiege- und Einbiegevorgänge als besondere Konfliktsituationen benennen. „Allerdings stehen Senioren damit nicht alleine da“, bemerkt Sebastian Seipel, Professor am Institut für Mobilität und Verkehrssysteme der Hochschule Bochum. Denn Schwierigkeiten an Kreuzungen oder beim Ein- und Abbiegen zeigten sich bei Fahrern aller Altersklassen.
Der Wissenschaftler nimmt „begründet an“, dass „ältere Menschen nicht grundsätzlich andere Fehler beim Autofahren an Kreuzungen und Einmündungen machen als jüngere“, und erinnert daran, „dass wir irgendwann selber zu den sogenannten älteren Autofahrern zählen werden“.
Die Konfliktsituationen an Kreuzungen, beim Ab- und Einbiegen sind vielfältig, bei diesen Fahraufgaben hat nicht nur die Gruppe der über 65-jährigen Pkw-Fahrer Probleme. „Pkw-Fahrer über 65 Jahren verursachen nicht grundsätzlich andere Unfälle an Kreuzungen und Einmündungen als Personen anderer Altersgruppen“, erklärt Seipel. Und grundsätzlich verursachen Pkw-Fahrer über 65 auch nicht häufigere Unfälle an Kreuzungen und Einmündungen als die anderer Altersgruppen. In Nordrhein-Westfalen – und dieses Ergebnis lässt sich auf alle Bundesländer übertragen – wurden in den Jahren 2010 bis 2015 rund 42.290 Unfälle mit Personen- oder schwerem Sachschaden festgestellt, die von 65-jährigen und älteren Pkw-Fahrern verursacht wurden. 20 Prozent dieser Crashs geschahen außerorts, 80 Prozent innerorts, über die Hälfte (60 Prozent) passierten an Kreuzungen und Einmündungen.
Kein Alleinstellungsmerkmal
Professor Seipel stellt in Auswertung des erhobenen Zahlenmaterials fest: „Der häufigste Fall, bei dem Ältere einen schweren Unfall verursachen, ist ein Zusammenstoß mit einem entgegenkommenden, bevorrechtigten Fahrzeug beim Linksabbiegen.“ Solche Kollisionen ereignen sich vorwiegend an Knotenpunkten ohne gesicherte Führung oder nur mit zeitweise gesicherter Führung der Linksabbieger, hat Seipel herausgefunden. Am unfallträchtigsten sind Kreuzungen und Einmündungen ohne Ampelanlage. Danach folgen in der Reihenfolge der statistischen Häufigkeit Abbiegeunfälle mit Fußgängern oder Radfahrern und Auffahrunfälle.
Seipel kommt zwar zu dem Ergebnis, dass sich für ältere Pkw-Fahrer „durchaus Konfliktsituationen an Kreuzungen und Einmündungen“ zeigen, das sei allerdings „kein Alleinstellungsmerkmal“. Denn diese Unfälle würden von Autofahrern aller Altersgruppen gleichermaßen verursacht. „Die pauschalisierende Aussage, ältere Pkw-Fahrer seien ein Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr, ist falsch“, betont Sebastian Seipel und räumt damit mit einem weitverbreiteten Vorurteil auf.
Kreuzungen und Einmündungen sind nämlich deshalb häufig ein Problem, weil sie zu komplex angelegt sind. Etwa durch ihre Geometrie oder ihre bauliche Gestaltung, aber auch die Verkehrsführung und -regelung können hohe Anforderungen an ihre Nutzung stellen, und selbst das Umfeld mag dazu führen, dass die Verkehrsteilnehmer ins Schwitzen geraten. Da liegt die Frage nahe, ob Kreuzungen und Einmündungen sich nicht so gestalten lassen, dass sie möglichst ohne Schwierigkeiten befahren werden können – speziell von den über 65-jährigen Autofahrern und damit von allen.
Wie müssen Kreuzungen und Einmündungen also konstruiert sein? Sebastian Seipel bringt es auf den Punkt: „Erkennbar, begreifbar, übersichtlich, gut und sicher befahrbar beziehungsweise begehbar.“ Viele der typischen Problemsituationen ließen sich „mit verhältnismäßig einfachen Mitteln“ deutlich verbessern oder sogar ganz beseitigen. Voraussetzung dafür ist, dass Kreuzungen, Ein- und Abbiegungen besonders in geschlossenen Ortschaften „regelwerkskonform“, also nach den technischen Vorgaben, „geplant und auch umgesetzt werden“, sagt der Wissenschaftler. Nur dann trügen sie zur Verkehrssicherheit und zu einem „selbsterklärenden Straßenraum“ bei. Davon würden nicht nur die Senioren profitieren, sondern alle Verkehrsteilnehmer, wie Seipel unterstreicht.