Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess zulässig
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RobGal -
23. Mai 2018 um 15:15 -
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Der BGH hat am 15.5.2018 entscheiden, dass die vorgelegten Videoaufzeichnungen im Schadensersatzprozess als Beweismittel verwertbar sind. Allerdings hielt der erkennende Senat die vorgelegten Videoaufzeichnungen nach den geltenden Datenschutzbestimmungen für unzulässig. Gleichwohl können derartige Aufnahmen im Unfallhaftpflichtprozess verwertbar sein.
Der Kläger nahm den beklagten Fahrer und dessen Haftpflichtversicherung nach einem Verkehrsunfall in Magdeburg auf restlichen Schadensersatz in Anspruch. Die Fahrzeuge waren innerorts beim Linksabbiegen auf zwei nebeneinander verlaufenden Abbiegespuren seitlich kollidiert. Die Unfallbeteiligten streiten darüber, wer von ihnen die Spur verlassen und die Kollision verur5sacht hat. Die Fahrt vor der Kollision wurde von einer Dashcam aufgezeichnet, die sich im Fahrzeug des späteren Klägers befand. Das Amtsgericht Magdeburg hatte mit Urteil vom 19.12.2016 – 104 C 630/15 – dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr die Hälfte seines Gesamtschadens zugesprochen, wobei es die vorgelegten Videoaufnahmen nicht verwertete. Die dagegen gerichtete Berufung wies das Landgericht Magdeburg mit Urteil vom 5.5.2017 – 1 S 15/17 – zurück. Es war der Ansicht, die Aufzeichnungen würden gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen und daher nicht verwertbar sein. Mit der vom LG Magdeburg zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Die Revision hatte Erfolg. Auf die Revision des Klägers hat der VI. Zivilsenat des BGH das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Magdeburg zurückverwiesen. Zwar sind die vorgelegten Videoaufzeichnungen nach den geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften unzulässig, da sie gegen § 4 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) verstoßen, da sie ohne Einwilligung der Betroffenen erfolgt sind und nicht auf § 6 b I BDSG oder § 28 I BDSG gestützt werden können. Dennoch können die vorgelegten Videoaufzeichnungen im Unfallhaftpflichtprozess verwertet werden. Denn die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung führt im Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden. Die Abwägung zwischen dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, seinem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gegebenenfalls das Recht am eigenen Bild andererseits führt zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers.
Der Unfall ereignete sich im öffentlichen Straßenraum. In diesen hat sich der Beklagte freiwillig begeben. Damit hat er sich freiwillig der Beobachtung und der Wahrnehmung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt. Durch die Videoaufnahmen wurden nur Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet. Berücksichtigt werden muss auch die häufige besondere Beweisnot, die der Schnelligkeit des Verkehrsgeschehens geschuldet ist. Unfallanalytische Gutachten setzen verlässliche Anknüpfungstatsachen voraus, an denen es häufig fehlt. Der mögliche Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte anderer mitgefilmter Verkehrsteilnehmer führt nicht zu einer anderen Bewertung. Im Unfallhaftpflichtprozess ist zu beachten, dass das Gesetz den Beweisinteressen des Unfallgeschädigten durch die Bestimmung zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort gemäß § 142 StGB ein besonderes Gewicht zugemessen hat. Danach muss ein Unfallbeteiligter die Feststellung seiner Person durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglichen. Nach § 34 der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind auf Verlangen der eigene Name und die eigene Anschrift anzugeben, der Führerschein und der Fahrzeugschein vorzuweisen sowie angaben zu der Haftpflichtversicherung zu machen. Da das Berufungsgericht die Videoaufzeichnungen noch zu verwerten hat, ist der Rechtsstreit an das LG Magdeburg zurückzuverweisen.
Fazit und Praxishinweis: Der Entscheidung des VI. Zivilsenates des BGH ist zuzustimmen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmenden Verkehrsteilnehmers ist ohnehin durch öffentliche Überwachung, Blitzanlagen fotografierende Menschen usw. ohnehin eingeschränkt, weil der betroffene Bürger derartige Aufnahmen hinnehmen muss. Es macht daher keinen Unterschied, ob eine öffentliche Überwachungskamera der Unfall zufällig filmt oder ob eine Dashcam den Unfallhergang aufzeichnet. Das Recht des Unfallgeschädigten an der Möglichkeit seinen dargelegten Unfallhergang durch Bildaufzeichnungen beweisen zu können, wiegt schwerer als das allgemeine Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild, zumal der Unfallgegner meist von hinten gefilmt wird. Direkte und gezielte Personenaufnahmen sind selten, denn im Mittelpunkt steht meist das gegnerische Fahrzeug mit dem Unfallhergang.