Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verhängt Dieselfahrverbote für Essen, Gelsenkirchen und Teile der A 40
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RobGal -
16. November 2018 um 13:05 -
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Es war zu erwarten: Jetzt hat das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Gelsenkirchen auch für zwei Städte im Ruhrgebiet, immerhin dem größten deutschen Ballungsraum mit mehr als 5 Millionen Einwohnern, Diesel-Fahrverbote ausgesprochen. Allein die beiden betroffenen Großstädte Essen und Gelsenkirchen bringen es zusammen auf knapp 1 Million Einwohner. Da aber in beiden Städten die Grenzwerte für Stickstoffoxide erheblich überschritten werden, war nach der Sprungrevisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, das Diesel-Fahrverbote für zulässig erklärt hat, auch im Ruhrgebiet mit entsprechenden Fahrverboten für Diesel-Fahrzeuge zu rechnen.
Die Bestrebungen der Stadtverwaltungen, die Luftqualität durch Umbau der Busse des öffentlichen Personennahverkehrs und der städtischen Fahrzeuge zu verbessern und Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Ausfallstraßen einzurichten können kurzfristig nicht zu einer Reduzierung der Schadstoffausstöße führen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung waren tatsächlich in beiden Städten zu hohe Stickstoffdioxidwerte gemessen worden. Eine kurzfristige Verbesserung ist auch nicht in Sicht, da auch die Automobilhersteller kurzfristig keine Umrüstungen vornehmen können und wollen. Also musste das für Essen und Gelsenkirchen zuständige Verwaltungsgericht auch für diese Städte Diesel-Fahrverbote aussprechen. Neu ist allerdings durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, dass auch Teile einer Autobahn in das Diesel-Fahrverbot einbezogen sind. Bei der BAB A 40 (Venlo-Dortmund) handelt es sich im Bereich von Moers bis Dortmund um eine der verkehrsreichsten West-Ost-Verbindungen durch das Ruhrgebiet, die die Städte Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund verbindet und teilweise mitten durch dichtbesiedeltes Stadtgebiet führt. Dies gilt auch in Essen-Frohnhausen, wo die A 40 vierspurig mit der U-Bahn auf dem Mittelstreifen durch den Stadtteil führt. Aus Lärmschutzgründen ist der Verkehr bereits auf 80 km/h begrenzt. Weitere Reduzierungen sind nicht mehr möglich.
Wie in allen Ruhrgebietsgroßstädten lagen die Stickstoffdioxidausstöße an den Messtellen in Essen und Gelsenkirchen teilweise erheblich über en EU-Grenzwerten von 40 Mikrogramm. Diese Grenzwerte werden aber auch in Duisburg, Oberhausen, Mülheim, Bochum, Herne, Hagen und Dortmund überschritten. Vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen waren Klagen gegen die Städte Essen, Gelsenkirchen und Bochum rechtshängig. Das Verfahren betreffend die Stadt Bochum wird später verhandelt. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat jetzt am 15.11.2018 über die Luftreinhaltepläne der Städte Essen und Gelsenkirchen entschieden. Dass aber Teile einer Autobahn mit einem Diesel-Fahrverbot belegt werden, ist neu. Im Einzelnen hat das erkennende Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden:
1. Sperrzone in Essen unter Einschluss der A 40:
Das Gericht verpflichtet, das Land Nordrhein-Westfalen zur Einrichtung eines Diesel-Fahrverbots für einen Stadtbereich von Essen unter Einbeziehung eines Teils der Bundesautobahn A 40 im Bereich Essen-Frohnhausen. Die Luftverbesserung in der Sperrzone lässt sich nach Ansicht des erkennenden Gerichts nur durch Einbeziehung der A 40 in die Sperrzone reduzieren. Weitere Geschwindigkeitsreduzierungen auf der A 40 sind nicht möglich. An der Messstation in Essen-Frohnhausen war 2017 ein Jahresmittel von 50 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Kubikmeter Luft gemessen worden. In den ersten neun Monaten des Jahres 2018 wurden in Essen immer noch Werte festgestellt, die deutlich über dem EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft lagen. Die EU-Grenzwerte sind er Politik bereits seit 2010 bekannt. Bis dahin ist nichts Nennenswertes geschehen. Daher war es für das Gericht nur zwingend, dass in 18 von 50 Stadtteilen in Essen die sogenannte Blaue Umweltzone gelten soll, in der vom 1.7.2019 an nur noch Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse 5 oder höher und vom 1.9.2019 an, nur noch Dieselfahrzeuge der Klasse 6 fahren dürfen. Das gilt dann auch für Teile der A 40, die durch die betroffenen Stadtbezirke führt.
2. Sperrbereich in Gelsenkirchen:
Auch für Gelsenkirchen ordnet das Verwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die Verpflichtung an, eine Hauptverkehrsstraße, nämlich die Kurt-Schumacher-Straße mit einem Diesel-Fahrverbot ab dem 1.7.2019 zu belegen. Bei der Kurt-Schumacher-Straße handelt es sich um eine vierspurige Hauptverkehrsstraße mit der Straßenbahn auf der Mittelinsel zwischen Gelsenkirchen-Mitte und Gelsenkirchen-Buer. An einer Messstation an dieser Straße wurde ein Wert von 46 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel 2017 festgestellt. In den ersten Monaten des Jahres 2018 hat sich dieser Wert nicht reduziert. Auch in Gelsenkirchen musste das erkennende Gericht daher feststellen, dass der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft überschritten ist. Ab dem 1.7.2019 gilt auf der Kurt-Schumacher-Straße daher ein Diesel-Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge unterhalb der Euro-6-Norm. Für Gewerbetreibende soll es aber Ausnahmen geben.
Fazit und Praxishinweis:
Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, das Diesel-Fahrverbote für Essen und Gelsenkirchen anordnet, mit der gerechnet werden musste, sind jetzt bereits in zwölf Städten Diesel-Fahrverbote verhängt worden bzw. freiwillig angeordnet worden. Durch Gerichte wurden Diesel-Fahrverbote in München, Stuttgart, Düsseldorf, Aachen, Berlin, Frankfurt am Main, Mainz, Köln und Bonn und jetzt auch Essen und Gelsenkirchen verhängt. Hamburg hat freiwillig zwei Straßen mit einem Diesel-Fahrverbot belegt. Die genannten Städte werden nicht die letzten gewesen sein. Für das Ruhrgebiet sind noch Klagen gegen Bochum und Herne bei dem Verwaltungsgericht anhängig. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden wird auch noch in diesem Jahr bezüglich der Städte Darmstadt und Offenbach entscheiden. Andere belastete Städte werden ebenfalls folgen. Dass es soweit kommen musste, dass die Landesregierungen verpflichtet werden mussten, Diesel-Fahrverbote anzuordnen bzw. Luftreinhaltepläne zu ändern, liegt einzig und allein bei der Politik. Diese hat die Zeit von 2010 bis heute verschlafen. Teilweise wird sogar gegen die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte gewettert und die Rechtsprechung als rechtswidrig bezeichnet. Derartige Äußerungen der Politik, wie bei dem Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, zeigen jedoch die mangelnde Bereitschaft, gegen die Automobilhersteller vorzugehen. Sie zeigen auch das mangelnde Bewusstsein für die Gewaltenteilung, die der Demokratie zugrunde liegt. Auch der Versuch der Bundesregierung, die Einführung von Diesel-Fahrverboten zu erschweren, zeigt, dass sich die Exekutive nicht an die Rechtsprechung halten will. Es zeigt auch das mangelnde Demokratiebewusstsein der Regierenden.
So ohne Weiteres ist eine EU-Norm, die immerhin die Grenzwerte verbindlich festlegt, nicht durch nationales Recht abzuändern. Die von der Bundesregierung beabsichtigte Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes dürfte daher gegen EU-Recht verstoßen. Entweder wird die Bundesregierung nicht rechtswissenschaftlich beraten oder man will zunächst einmal erst auf rechtswidrige Weise Zeit gewinnen. Beides ist verwerflich. Der Automobilindustrie waren die EU-Grenzwerte bekannt. Um sie zu erreichen wurde bei den Abgaswerten betrogen. Die mit der Betrugsanlage versehenen Diesel-Fahrzeuge hätten die allgemeine Betriebserlaubnis nicht erhalten dürfen. Diese ist aufgrund des Betruges der Automobilhersteller aufzuheben. Bei Erschleichen einer begünstigenden Erlaubnis ist es für die Behörde ein Leichtes nach den Grundsätzen der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes diesen zurückzunehmen. Mit der Rücknahme der allgemeinen Betriebserlaubnis sind die entsprechenden Fahrzeuge durch die Hersteller auf den ordnungsgemäßen Zustand zu bringen. Hierzu braucht das Kraftfahrtbundesamt nur eine gewisse zeitnahe Frist zu setzen. Dagegen können die Automobilhersteller nichts einwenden, da die allgemeine Betriebserlaubnis durch falsche Angaben erschlichen wurde. Die Umrüstung muss natürlich auf Kosten der Hersteller erfolgen, denn diese sind die Betrüger.
Die Diesel-Fahrzeugkäufer sind die Geschädigten dieses Betruges. Wer betrügt, der muss eben bezahlen. Auch in der Vergangenheit wurden Automobilwerke stillgelegt. Dies gilt für Borgward. Das gilt auch für das Opel-Werk Bochum. Hier hatten dereinst rund 15.000 Menschen gearbeitet. Jetzt keiner mehr. Und doch existiert Opel weiter. Eine Nachrüstung oder ein Rückkauf ist daher auf jeden Fall von den deutschen Automobilherstellern zu verkraften. So arm sind diese nämlich nicht, wenn man sich die üppigen Managergehälter und -Pensionen ansieht. Staatliche Unterstützung brauchen diese Firmen ebenfalls nicht. Es ist zwar ärgerlich für die Diesel-Fahrer, die im Vertrauen auf einen sauberen Diesel ein solches Fahrzeug käuflich erworben haben und jetzt manche Stadtteile nicht mehr befahren dürfen, dafür dürfen sie sich aber bei der Politik und den betrügenden Autoherstellern bedanken. Mit weiteren Diesel-Fahrverboten ist zu rechnen, nachdem die Politik acht Jahre seit Erlass der EU-Grenzwert-Verordnung verschlafen hat. Wir schaffen das, dass demnächst in rund 70 Städten in Deutschland Diesel-Fahrverbote gelten.