Die 130 %-Rechtsprechung gilt auch bei beschädigten Fahrrädern
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RobGal -
28. Januar 2019 um 14:09 -
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Im September 2015 erlitt der spätere Kläger bei einem Verkehrsunfall erhebliche Verletzungen. Das von ihm gelenkte Rennrad mit Karbonrahmen wurde dabei auch stark beschädigt. Verursacht wurde der Verkehrsunfall von der beklagten Fahrerin des Pkws mit dem amtlichen Kennzeichen …, das bei der ebenfalls beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung haftpflichtversichert war. Verklagt worden ist auch der Halter des Pkws, der den Unfall verursacht hat. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Der Kläger begehrt Schmerzensgeld und Ersatz der Sachschäden. Den Schaden am Fahrrad beziffert er nach Einholung eines Kostenvoranschlags mit Reparaturkosten in Höhe von 3.832,85 €. Die Beklagten wollen den Fahrradschaden als wirtschaftlichen Totalschaden abrechnen und beziehen sich auf ein Kurzgutachten des Sachverständigen S. Danach müsse der Kläger auf Totalschadensbasis, nämlich Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert, abrechnen, denn an dem Fahrrad sei durch den Unfall unstreitig ein Totalschaden eingetreten. Das in erster Instanz zuständige Landgericht Traunstein hat mit Urteil vom 11.5.2018 – 5 O 2804/16 - Schmerzensgeld und Reparaturkosten in Höhe von 2.332,85 € zugesprochen. Dabei hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Erstattung er Reparaturkosten bejaht. Der Betrag ergibt sich aus dem geltend gemachten fiktiven Reparaturbetrag von 3.832,85 € abzüglich von den Beklagten vorgerichtlich geleisteter 1.500,-- €. Mit der Berufung greifen die Beklagten die vom Landgericht zugesprochenen Reparaturkosten an. Die Berufung hatte insoweit Erfolg, als das OLG München bei der Berechnung des Schadens am Fahrrad die 130-Prozent-Rechtsprechung berücksichtigte und in dem konkreten Fall auf Totalschadensbasis abrechnete, weil der 130-Prozent-Betrag überschritten war.
Die Berufung hat insoweit Erfolg. Nach der Anhörung des Sachverständigen S. steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass an dem Fahrrad des Klägers durch den Unfall ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten ist. Grundsätzlich kann ein Geschädigter im Totalschadensfall ausnahmsweise die voraussichtlichen Reparaturkosten zuzüglich einer eventuellen Wertminderung erstattet verlangen, wenn diese Summe den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 Prozent übersteigt (BGH VersR 1992, 61; BGH r+s 2005, 172; BGH r+s 2009, 434; BGH r+s 2010, 128). Maßgeblich ist dabei die Reparaturkalkulation des Sachverständigen. Der Restwert wird dabei nicht berücksichtigt. Grundlage dieser Rechtsprechung ist nämlich das besondere Integritätsinteresse des Geschädigten. Der Reparaturkostenersatz erfolgt allerdings nur nach tatsächlich durchgeführter, fachgerechter Reparatur im Umfang des Sachverständigengutachtens (BGH DAR 2005, 266), jedenfalls aber in einem Umfang, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt (BGH DAR 2005, 268, 269). Eine Teilreparatur ist nicht ausreichend. Setzt der Geschädigte nach einem Unfall sein Kraftfahrzeug nicht vollständig und fachgerecht in Stand, ist regelmäßig eine Erstattung der Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert nicht gerechtfertigt. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass im Hinblick auf den Wert der beschädigten Sache eine Reparatur über dem Wiederbeschaffungswert unvernünftig ist. Nur ausnahmsweise ist eine Reparatur über dem Wiederbeschaffungswert gerechtfertigt, wenn der Geschädigte den Zustand des ihm vertrauten Fahrzeugs wie vor dem Unfall wiederherstellt. Diese zu beschädigten Kraftfahrzeugen ergangene Rechtsprechung ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch auf ein nahezu vollständig beschädigtes Rennrad übertragbar. Nach den Ausführungen des Sachverständigen S. hat das Rennrad einen Wiederbeschaffungswert von 1.447,60 €. Damit liegen die vom Kläger geltend gemachten fiktiven Reparaturkosten von 3.832,85 € weit über 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes. Bezüglich der unbeschädigten Teile ging der Sachverständige von einem Restwert von 28,-- € aus, so dass sich der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes auf 1.419,60 € belief. Da die Beklagten vorgerichtlich 1.500,-- € für das beschädigte Fahrrad gezahlt hatten, hat der bezüglich des Sachschadens keinen weiteren Anspruch mehr. Allerdings steht ihm noch ein Schmerzensgeld von 500,-- € zu.
[color=#B22222]Fazit du Praxishinweis:[/color] Nachdem der BGH bisher nur für beschädigte Kraftfahrzeuge die 130-Prozent-Regelung entschieden hat, erscheint es mit dem OLG München gerechtfertigt zu sein, diese Rechtsprechung auch auf andere Fahrzeuge zu übertragen. Auch auf Anhänger dürfte die Rechtsprechung zu übertragen sein, so dass allgemein davon ausgegangen werden kann, dass die Rechtsprechung zu Reparaturen im 130-Prozent-Bereich allgemein gilt.