Eingeschränkte Räum- und Streupflicht auf Parkplätzen
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RobGal -
7. Februar 2019 um 11:53 -
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AG Augsburg Urteil vom 5.9.2018 – 74 C 1611/18
Gerade jetzt im Winter ist die Streu- und Räumpflicht auf Straßen, Wegen, Bürgersteigen und Parkplätzen ein besonders umstrittenes Thema. Kommt es zu einem Sturz auf nicht geräumten Flächen, muss häufig das zuständige Gericht den Streit entscheiden. So war es auch in dem Fall einer Postbotin in Augsburg, die auf einem nicht geräumten Teil eines Parkplatzes stürzte und sich verletzte. Ihre auf Schmerzensgeld gerichtete Klage hat allerdings das örtlich zuständige Amtsgericht Augsburg mit Urteil vom 5.9.2018 – 74 C 1611/18 – abgewiesen.
Eine Postbotin, die mit ihrem Dienstfahrrad die Post zustellen sollte, fuhr im Januar 2017 auf den Parkplatz des beklagten Grundstückseigentümers. An diesem Tage herrschten winterliche Wetterverhältnisse. Der Parkplatz war nach Ansicht des erkennenden Gerichts erkennbar glatt und nicht geräumt. Die Postbotin stürzte auf dem Parkplatz und verletzte sich bei dem Sturz. Sie erlitt Verletzungen am Steißbein, am Becken und am Knie. Sie war vier Wochen arbeitsunfähig krankgeschrieben. Von dem Grundstückseigentümer beanspruchte sie Schmerzensgeld. Sie war der Ansicht, dass der Grundstückseigentümer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, indem er den Parkplatz nicht geräumt hat. Nachdem vorgerichtlich der Anspruch abgelehnt wurde, machte die Postbotin die Schmerzensgeldklage rechtshängig. Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg.
Die Klage ist unbegründet. Zwar ist der klagenden Postbotin zuzugeben, dass grundsätzlich jeder Grundstückseigentümer bei entsprechenden Wetterverhältnissen den öffentlich zugänglichen Bereich seines Grundstücks von Eis und Schnee befreien muss und für die Begehbarkeit zu sorgen hat. Das gilt aber nur auf Gehwegen. Anders als auf Gehwegen müssen Parkplätze aber nicht vollständig geräumt werden. Bei Parkplätzen reich es aus, wenn für einen sicheren Zugang zu den abgestellten Fahrzeugen gesorgt wird. Da der Parkplatz nicht vollständig vereist war und sichere Wege zu den Fahrzeugen vorhanden waren, kann dem beklagten Grundstückseigentümer keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden. Die Klägerin hätte vielmehr ihr beladenes Dienstfahrrad an den glatten, Stellen, die als solche erkennbar waren, vorbeischieben und die gesicherten Wege beschreiten müssen.
Fazit und Praxishinweis: Bei Schnee- und Eisglätte hat der Grundstückseigentümer ohne Zweifel eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht dahingehend, öffentlich zugängliche Wege auf seinem Grundstück zu räumen und zu streuen. Allerdings muss derjenige, der dieses Grundstück betreten will, bei Schnee- und Eisglätte zu seiner eigenen Sicherheit erkennbar glatte Stellen meiden. Dies gilt umso mehr als geräumte Bereiche zum Betreten zur Verfügung stehen. Kommt es trotzdem zum Sturz auf einer erkennbar glatten Stelle, überwiegt das eigene Verschulden des Verletzten am Zustandekommen es Sturzes dem möglichen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht.