AG Charlottenburg rügt Regulierungsverhalten der HUK-Coburg nach Verkehrsunfall
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RobGal -
3. April 2019 um 16:45 -
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AG Charlottenburg Urteil vom 19.3.2019 – 208 C 66/18
Immer wieder wird in den Medien die in Coburg sitzende Kfz-Haftpflichtversicherung HUK-Coburg als Negativbeispiel der Schadensregulierung erwähnt. Zuletzt hatte das deutsche Fernsehen über die Regulierungspraxis dieser Kfz-Haftpflichtversicherung berichtet. Nun musste eine deutsche Amtsrichterin das Regulierungsverhalten der HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. mit Urteil vom 19.3.2019 rügen. Die HUK-Coburg hatte bewusst und gewollt den Kfz-Sachverständigen, der das Schadensgutachten mit Farbfotos erstellt hatte, gegenüber Dritten verächtlich machen wollen, indem bewusst unwahr behauptet wurde, dass der Sachverständige nur Schwarz-weiß-Bilder übersandt hätte, die nicht aussagekräftig seien. Das ließ sich der Sachverständige nicht bieten und klagte – zu Recht – auf Unterlassung derartiger Äußerungen.
Das für die Berliner Niederlassung der HUK-Coburg in Berlin-Charlottenburg zuständige Amtsgericht Charlottenburg gab dem Kfz-Sachverständigen Recht. Das Amtsgericht verurteilte die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse, es unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 2.500,-- € ab sofort zu unterlassen, außerhalb behördlicher und gerichtlicher Verfahren gegenüber Kunden des klagenden Kfz-Sachverständigen bzw. deren Rechtsanwälten wahrheitswidrig zu behaupten, dass Fotos des klagenden Sachverständigen von diesem nur in schwarz-weiß bei der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung eingereicht würden.
Der Kläger ist als Kfz-Sachverständiger freiberuflich tätig. Regelmäßig wird er von Geschädigten nach Verkehrsunfällen beauftrag, Schadensgutachten zu erstellen, damit der an den verunfallten Kraftfahrzeugen entstandene Schaden beziffert und belegt werden kann. Nachdem auch der Pkw der Frau K. J. durch ein bei der HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse versichertes Fahrzeug beschädigt wurde, beauftragte die Geschädigte den späteren Kläger, für den beschädigten Pkw ein Schadensgutachten zur Schadensdokumentation zu erstellen. Der beauftragte Kfz-Sachverständige fertigte ein Schadensgutachten mit Farbfotos in zweifacher Ausfertigung. Auftragsgemäß übersandte er ein Gutachten mit Farbfotos an die regulierungspflichtige HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse Niederlassung Berlin zwecks Schadensregulierung. Gegenüber der Kundin des Kfz-Sachverständigen erklärte ein Mitarbeiter der beklagten HUK-Coburg-Niederlassung in Berlin, dass das Gutachten des von ihr beauftragten Sachverständigen nur schwarz-weiß-Fotos beinhalte. Es würde um Einreichung der Originalfotos gebeten. Die Geschädigte informierte den von ihr beauftragten Kfz-Sachverständigen. Dieser forderte die spätere Beklagte auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung anzugeben, es künftig zu unterlassen gegenüber von Kunden des Sachverständigen zu behaupten, dass er Gutachten nur in schwarz-weiß-Fotos eingereicht habe. Die beklagte HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse lehnte das Unterlassungsbegehren des Klägers ab. Daraufhin klagte der Kfz-Sachverständige gegen die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse vor dem für die Berliner Niederlassung zuständigen Amtsgericht Charlottenburg. Das angerufene Gericht gab dem Kläger Recht und verurteilte die beklagte HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse antragsgemäß.
Die zulässige Unterlassungsklage ist begründet. Der Klage fehlt im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der klagende Kfz- Sachverständige hat einen Unterlassungsanspruch gegenüber der beklagten HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse darauf, dass er künftig nicht durch unwahre Äußerungen der Mitarbeiter der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bezogen auf die Sozialsphäre und den Beruf und seine Berufsehre sowie in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt wird, §§ 823 I, 831 BGB. Unstreitig hat der Mitarbeiter der Beklagten als Verrichtungsgehilfe derselben gegenüber der Kundin des Klägers die unwahre Behauptung getätigt, der Kläger habe nur schwarz-weiß-Fotos mit dem Gutachten eingereicht und damit den Schaden nicht reguliert, sondern um Übersendung der Originalfotos gebeten.
Die der Beklagten unstreitig obliegende Schadensregulierung aus diesem Grunde nicht vorzunehmen schmälert die berufliche Leistung des Klägers und stellt sie als minderwertig dar. Aus Sicht der Kundin des Klägers lässt die von dem Mitarbeiter der Beklagten getätigte Äußerung nur den Schluss zu, dass die so als minderwertig dargestellte berufliche Leistung des klagenden Kfz-Sachverständigen der Grund für die verspätete Schadensregulierung sein muss. Hierdurch wird der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bezogen auf die Sozialsphäre und den Beruf und seine Berufsehre verletzt. Diese Rechtsverletzung erfolgte auch rechtswidrig. Rechtfertigungsgründe stehen der Beklagten nicht zur Seite. Solche sind auch nicht ersichtlich. Im Übrigen obliegt die Beweislast für den Ausschluss der Widerrechtlichkeit der schädigenden Partei (vgl. Palandt § 823 Rn. 80). Dieser Beweislast ist die Beklagte nicht nachgekommen. Die durch den Mitarbeiter der Beklagten begangene Rechtsverletzung, für die die Beklagte gemäß § 831 BGB einzustehen hat, erfolgte auch schuldhaft. Der Mitarbeiter der Beklagten hat zumindest fahrlässig gehandelt.
Es kann insbesondere dem Kläger nicht angelastet werden, dass die beklagte HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse und ihre Schwesterunternehmen große Organisationen zur Schadensregulierung sind und bei ihnen viele Hände an der Erstellung einer Schadensakte beteiligt sind. Auch ist gerichtsseits nicht ersichtlich, dass eingereichte Farbfotos nicht bereits bei der alltäglichen Fallbearbeitung den Weg in die Schadensregulierungsakte zum Schadenssachbearbeiter finden könnten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Mitarbeiter der Beklagten zumindest dahingehend belehrt und instrumentalisiert werden könnten, im Falle einer genaueren Sichtung der Ablichtung, die Original Farbfotos innerbetrieblich anzufordern und einzusehen. Wenn dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht möglich sein sollte, ist gerichtsseits nicht einzusehen, weshalb es der Beklagten nicht möglich sein soll, ihre Mitarbeiter dahingehend zu belehren, auf falsche Verlautbarungen gegenüber den Auftraggebern des Klägers bzw. deren Rechtsanwälten zu verzichten. Es erschließt sich auch nicht dem erkennenden Gericht, warum die Sachbearbeiter der Beklagten nicht dementsprechend durch ihre Vorgesetzten oder in ihren Dienstverträgen darauf hingewiesen werden, auf unwahre Verlautbarungen zu verzichten. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch des Klägers folgt auch aus der Verletzung seines Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb, das als solches Recht im Sinne des § 823 I BGB anerkannt ist (vgl. Palandt § 1004 Rn. 4; Palandt § 823 Rn. 133; § 823 Rn. 20).
Auch die freien Berufe fallen unter diesen gesetzlichen Schutzbereich Dieser Auffangtatbestand gegenüber speziellen Schutzvorschriften zugunsten eines Betriebes ist hier anwendbar, weil insbesondere die Verletzung von Spezialvorschriften nach dem Urheberrecht durch den Kläger ausdrücklich nicht geltend gemacht wird. Es kann aus diesem Grunde auch dahinstehen, ob das ungenehmigte Digitalisieren der eingereichten Farbfotos zur gewerblichen Verwendung bei der Schadensabwicklung urheberrechtliche Normen zu Lasten des Klägers verletzt. Die wahrheitswidrige Mitteilung des Sachbearbeiters der Beklagten an die Kundin des klagenden Kfz-Sachverständigen, der Kläger habe ausschließlich Schwarz-Weiß-Ablichtungen eingereicht, auf deren Grundlage die Schadensabwicklung nicht erfolgen könne, stellt einen betriebsbezogenen, unmittelbaren Eingriff in den betrieblichen Tätigkeitskreis des Klägers dar. Die von dem Mitarbeiter der Beklagten getätigte Äußerung zielt nämlich unmittelbar auf die berufliche Tätigkeit und erbrachte Leistung des Klägers ab und schmälert sie in einer Weise, welche geeignet ist, sie als Rufschädigung für das aus Sicht des Klägers existenziell wichtige Kriterium ordnungsgemäßer und auftragsgerechter Gutachtenerstellung mit dem Zweck zügiger Schadensabwicklung für die Auftraggeber nachteilig auszuwirken. Diesen unmittelbaren, rechtwidrigen Eingriff ihres Mitarbeiters muss sich die Beklagte nach den Grundsätzen der Haftung für den Verrichtungsgehilfen gemäß § 831 BGB zurechnen lassen. Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens bei dem Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb gelten die vorstehenden Grundsätze zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf diese vollumfänglich verwiesen. Die Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen.
]Fazit und Praxishinweis:
Es ist nicht das erste Mal, dass Schadenssachbearbeiter der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherungen durch unwahre Behauptungen auffallen. Zu Recht hat sich in diesem Fall der eindeutigen Rufschädigung der betroffene freiberuflich tätige Kraftfahrzeug-Sachverständige gegen die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. zur Wehr gesetzt Offenbar versuchen die Kfz-Haftpflichtversicherer nach Verkehrsunfällen mit allen Mitteln eine zügige Schadensregulierung zu verhindern. Spätestens nach zwei bis drei Wochen muss bei inländischen Unfällen die Schadensregulierung erfolgt sein. Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten nach §§ 823 I, II BGB ist sofort mit der Rechtsgutsverletzung nach § 271 BGB fällig (BGH Beschl. v. 18.11.2008 – VI ZB 22/08 -). Um die freien Sachverständigen bei der Schadensregulierung möglichst aus der Schadensregulierung herauszuhalten sind den Kfz-Haftpflichtversicherern alle Mittel recht. So werden – zu Unrecht – die das Schadensgutachten erstellenden Sachverständigen in Misskredit gebracht (vgl. OLG Naumburg DS 2006, 283; OLG Hamm DS 2015, 222).
Selbst rechtswidrig und schuldhaft begangene Handlungen und Äußerungen der Mitarbeiter werden von den Haftpflichtversicherern heruntergespielt, obwohl es den Verantwortlichen durchaus möglich wäre, auf die Mitarbeiter einzuwirken, dass rufschädigende Äußerungen unterbleiben. Es liegt vielmehr im Interesse der Haftpflichtversicherer, dass die Schadensregulierung so weit wie möglich herausgezögert wird. Nicht umsonst haben die öffentlichen Medien immer wieder über spektakuläre Schadenskürzungen oder gar Schadensregulierungsverweigerungen durch die Kfz-Haftpflichtversicherer berichtet. Dabei fiel auch die Beklagte des vor dem Amtsgericht entschiedenen Rechtsstreits auf. Auch die Unfallzeitung berichtete darüber. Unwahre Behauptungen der Mitarbeiter eines nach einem Verkehrsunfall einstandspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherers sollten daher nicht hingenommen werden, sondern vor Gericht gebracht werden. Der Kfz-Haftpflichtversicherer muss sich gemäß § 831 BGB die unwahren Behauptungen seines Schadenssachbearbeiters zurechnen lassen. Dies gilt umso mehr, als bei einigen Kfz-Versicherern im Rahmen der Schadensregulierung nicht mehr der Name des Sachbearbeiters angegeben wird, sondern nur noch das namenlose Schadensteam. Insgesamt handelt es sich bei dem zuvor beschriebenen Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg um eine erfreulich klare Entscheidung, die Machenschaften der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung entlarvt. Deutschland braucht mehr solcher klaren Entscheidungen.