Volvo, die 1927 gegründete schwedische Traditionsmarke, ist seit 2010 Teil des chinesischen Autokonzerns Geely und erzielte mit weltweit 650.000 verkauften Fahrzeugen im vergangenen Jahr einen neuen Absatzrekord. Auch auf dem deutschen Markt konnten die Schweden reüssieren und ihren Absatz in einem insgesamt leicht geschrumpften Markt um elf Prozent im Vergleich zu 2017 verbessern. Ihr Marktanteil liegt nun bei 1,3 Prozent.
Volvo ist aber mit seinen 43.000 Mitarbeitern eine eher kleine Nummer unter den großen Pkw-Anbietern. Die bundesdeutschen Wettbewerber im Premiumsegment, Audi, BMW und Mercedes, setzen je für sich allein in China mehr Fahrzeuge ab als die schwedische Marke insgesamt. Gleichwohl ist man am Unternehmenssitz in Göteborg optimistisch. Volvo-Chef Håkan Samuelsson sieht in der relativ überschaubaren Größe des Unternehmens die Chance, sich auf die technologischen Herausforderungen wie Vernetzung, autonomes Fahren und alternative Antriebe besser konzentrieren zu können. In einer kompakten Produktpalette sei das besser umzusetzen als in größeren Firmen, sagte Samuelsson laut „Süddeutscher Zeitung“. Es gehe darum, die Komplexität zu reduzieren und Prioritäten zu setzen.
Schon länger verzichtet Volvo auf große Motoren und bietet stattdessen aufgeladene Drei- und Vierzylinderaggregate an. Dem Wettbewerb steht dieser Umbruch noch bevor, und er fällt vielen schwer. Zudem verzichtet Volvo in seinen neuen Modellen bereits auf reinen Diesel- und Benzinantrieb, und schon ab 2025 soll die Hälfte aller verkauften Fahrzeuge mit Elektro- oder Plug-in-Hybrid-Antrieb ausgestattet sein. Mehr noch: Ab dem nächsten Jahr wird kein Fahrzeug ausgeliefert werden, das die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h überschreitet – aus Gründen der Sicherheit und um Verbrauch sowie Abgase zu reduzieren, wie Volvo erklärte. Ein öffentliches oder mediales Murren war nach dieser Ankündigung übrigens nicht zu vernehmen.
Mit seinen strategischen und Image-Elementen Sicherheit, Qualität, Design und Umweltschutz will Volvo in der Öffentlichkeit und bei den Kunden weiter punkten. Dazu soll auch das Markendesign der schwedischen Autos passen, das mit klarer und ruhiger Linienführung – auch im Innenraum – unverspielt ist und Sachlichkeit ausstrahlt. Ein Volvo grenzt sich damit vom aufgeplusterten Schnickschnack manch eines Konkurrenten ab.
Den strategischen und technologischen Herausforderungen will sich Volvo als Antwort auf die Krise der Branche mit Partnerschaften stellen, ohne das eigene Profil aufzugeben. Denkbar wäre eine Kooperation mit Daimler und vermittelt darüber auch mit BMW. Diese beiden Konzerne sind zwar deutlich größer als Volvo, zählen aber auch nicht zu den ganz Großen auf dem Weltmarkt und sind daher ebenfalls auf übergreifende Zusammenarbeit angewiesen, um die milliardenschweren Geldmittel, die für die Zukunftstechnologien eingesetzt werden müssen, zu stemmen und einen genügend großen Absatz zu realisieren. Möglich wäre die Zusammenarbeit im Bereich der Mobilitätsdienste und des autonomen Fahrens, wo BMW und Daimler zuletzt bereits Partnerschaften eingegangen sind. Dabei könnte von Bedeutung sein, dass Geely nicht nur Volvo-Eigner ist, sondern auch größter Aktionär von Daimler.
Zusammenarbeit mit Daimler und BMW?
Ein erster Schritt könnte eine neue Partnerschaft darstellen, die BMW, Daimler, Volvo und weitere Unternehmen wie Ford und Here kürzlich eingegangen sind. Dabei soll es um Verkehrsdaten gehen, welche von den einzelnen Unternehmen erhoben und dann miteinander ausgetauscht werden, um Autofahrer schnell und frühzeitig vor Gefahren auf ihrer Strecke zu warnen.
Volvo hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2025 ein Drittel seiner Fahrzeuge mit einem Autobahnpiloten der Autonomiestufe 3 (weitgehend automatisiertes Fahren bei Letztkontrolle des Fahrers) zu verkaufen. Dafür brauchen die Schweden mindestens einen Großkunden, um den benötigten Absatz angesichts der hohen Investitionen zu gewährleisten. Dieser Kunde könnte bereit in Uber gefunden worden sein. Mit dem umstrittenen Fahrdienstvermittler präsentierte Volvo jetzt ein gemeinsam entwickeltes und bereits serienreifes selbstfahrendes Fahrzeug auf Basis des Volvo XC90, das für den autonomen Betrieb im Uber-Fahrsystem geeignet sein soll. Bereits 2016 hatten beide Unternehmen die Lieferung von autonomen Fahrzeugen in fünfstelliger Höhe für die kommenden Jahren vereinbart.
Unter der Ford-Ägide in der ersten Dekade des Jahrtausends hatte Volvo an Innovationskraft verloren und schrieb rote Zahlen. Unter dem Dach von Geely befinden sich die Schweden wieder im Aufwind. Gleichwohl bleiben die Wettbewerber groß, und die Konkurrenz schläft nicht.