Abgasskandal und Fahrverbote: Die Dieselnachrüstung läuft an
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RobGal -
2. September 2019 um 14:31 -
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Die entscheidende Maßnahme zur Verhinderung von Fahrverboten ist, die Emissionen erst gar nicht entstehen zu lassen oder bereits an der Quelle zu reduzieren. Das kann bei Diesel-Pkw der Abgasnorm Euro 5 durch den nachträglichen Einbau eines Katalysators erfolgen. Benziner benötigen das nicht, da sie von vornherein erheblich weniger NOx ausstoßen, und in modernen Dieselmotoren ist solch ein Reinigungssystems schon integriert. Dabei kommt ein SCR-Katalysator (selektive katalytische Reduktion) zum Einsatz, durch den die Stickoxide mittels Einspritzung einer wässrigen Harnstofflösung namens Adblue in erheblichem Umfang unschädlich gemacht werden. Ohne Hardwarenachrüstung beträgt die durchschnittliche NOx-Emission eines Euro-5-Diesel-Pkw 900 Milligramm pro Kilometer. Mit Nachrüstung soll der Ausstoß des gesundheitsschädlichen Gases im realen Fahrbetrieb auf weniger als 270 Milligramm pro Kilometer reduziert werden. Das reichte, um vor Fahrverboten zu schützen. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) befinden sich derzeit 5,6 Millionen Diesel-Pkw mit Euro 5 auf den Straßen. Fahrzeuge dieser Abgasnorm sind bis zu zehn Jahre alt.
Das KBA hat nun für das erste Nachrüstset die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) erteilt. Es wurde von der Bamberger Firma Dr. Pley entwickelt, wird von Bosal produziert und vertrieben und ist für die Volvo-Modelle XC60, XC70, S60 und V60 mit 2,0 oder 2,4 Liter großem Dieselmotor bestimmt. Bereits im Vorwege hatte das KBA einige Nachrüstungssysteme für Busse und schwere kommunale Fahrzeuge genehmigt. Dr. Pley erwartet nach eigenen Angaben weitere Genehmigungen, dann für Modelle von BMW (X3, 3er, 5er) und Mercedes-Benz (C-, E-, V-Klasse, GLK).
Direkte Konsequenz aus Abgasmanipulationen
Die Diskussion um die Nachrüstung war 2015 im Zuge des Dieselabgasskandals in Gang gekommen, dynamisiert durch zu hohe Luftschadstoffe und darauf folgende Gerichtsverfahren zu Fahrverboten. Anfangs hatten die Autohersteller angeboten, auf eigene Kosten die Software der Motoren zu aktualisieren. Das hielten Experten und Umweltverbände nicht für ausreichend zur Schadstoffreduzierung und forderten wirkungsvollere Maßnahmen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bevorzugte Anreize zum Kauf neuer, sauberer Autos, gab seine Vorbehalte gegenüber der Hardwarelösung jedoch auf, als Kanzlerin Merkel (CDU) intervenierte. Beim sogenannten Dieselgipfel im Oktober vergangenen Jahres sagten daraufhin Daimler und Volkswagen zu, die Hardwarenachrüstungen in Höhe von jeweils 3.000 Euro zu finanzieren. Es fehlen allerdings noch die Zusicherungen anderer bundesdeutscher und ausländischer Hersteller.
Fachleute schätzen die Kosten für den Einbau auf 1.400 bis 5.000 Euro. Verbraucherschützer und Automobilklubs verlangen, dass den Autofahrern als Geschädigte des Dieselskandals keine zusätzlichen Kosten aufgebürdet werden. Für sie bedeutet die Nachrüstung außerdem einen Schritt zum Werterhalt ihrer Autos, da Diesel-Pkw durch den Abgasskandal deutlich an Attraktivität verloren haben.
Bei der Aktualisierung der Motorsoftware, die eine durchschnittliche Senkung der NOx-Emissionen um 25 bis 30 Prozent bewirken sollen, befinden sich die Autohersteller in Verzug, wie sich jetzt herausstellte. Beim Dieselgipfel vor zwei Jahren hatten sie versichert, Updates für insgesamt 5,3 Millionen Pkw vorzunehmen, und zwar bis Ende letzten Jahres. Bis jetzt, teilte das Bundesverkehrsministerium auf eine Presseanfrage mit, haben erst 85 Prozent der Fahrzeuge ein Update erhalten.