"Dooring": Die Angst der Radfahrer vor der Autotür
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RobGal -
20. September 2019 um 11:40 -
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<p class="text-justify"><strong>„Dooring“ bezeichnet Unfälle, die Fahrrad- und zunehmend auch E-Tretrollerfahrer in zugeparkten Innenstädten betreffen. Der vom englischen Wort „door“ für Tür abgeleitete Begriff weist auf die Unfallursache hin: Der Insasse eines Autos öffnet die Tür, ohne auf den nachfolgenden Verkehr zu achten – ein Horrorszenario für jeden Radfahrer, denn der prallt im schlimmsten und leider nicht seltenen Fall „nahezu ungebremst“ auf die Tür und stürzt.</strong></p><p class="text-justify">Rad- und E-Scooterfahrer sollten sich vor plötzlich öffnenden Autotüren vor allem in dicht beparkten Wohnstraßen in acht nehmen. Wichtig ist, dass sie einen ausreichenden Seitenabstand von mindestens einem Meter zu den parkenden Autos einhalten und dabei „aufmerksam und bremsbereit“ sind und nicht zu schnell sind, rät der ADAC.</p><p class="text-justify">Dooring-Unfälle sind „eine nicht zu unterschätzende Unfallursache“, stellt auch der österreichische Mobilitätsklub ÖAMTC fest. In dem Alpenland wurden im vergangenen Jahr 225 Dooring-Crashs registriert, dabei wurden 34 Radfahrer schwer verletzt – Tendenz steigend. So auch in Deutschland. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) geht davon aus, dass es sich bei jeder vierzehnten Kollision zwischen Fahrrad und Pkw um einen Dooring-Unfall handelt. „Rund jeder fünfte dieser Unfälle endete mit einer schweren Verletzung für den Radfahrer“, analysierte der GDV auf Basis eigenen Zahlenmaterials. „Es zeigt sich“, erklärte Forschungsleiter Siegfried Brockmann gegenüber dem kraftfahrt-berichter (kb), dass beim Dooring-Unfall „nur der ruhende Verkehr ein Problem darstellt“, meist seien Kopf- und Beinverletzungen die Folgen. Eine statistische Analyse der Medizinischen Hochschule Hannover von 2015 kommt laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat (DVR) zu dem Ergebnis, dass zwanzig Menschen jährlich durch Türöffnungsunfälle ihr Leben verlieren, 290 werden schwer verletzt.</p><p class="text-justify">Dooring-Unfälle sind weltweit ein Problem. Eine österreichische Studie fand 2017 heraus, dass drei Viertel von 1.100 befragten Radfahrern schon einmal in einen Unfall oder eine kritische Situation mit einer plötzlich aufgehenden Fahrzeugtür erlebten. In Schweden fand man für die Jahre 2005 bis 2010 heraus, dass etwa vier Prozent aller Radunfälle mit einer Autotür verbunden waren, in Australien beträgt der Anteil sogar rund acht Prozent.</p><p class="text-justify">Die Unfallforscher der Versicherer sehen in parkenden Autos ein „grundsätzliches Risiko für Radfahrer“. Sie empfehlen den Bauplanern, Fahrradverkehr und Parkplätze voneinander getrennt zu konzipieren und bei vorhandener Infrastruktur einen Sicherheitsstreifen von einem halben Meter zu integrieren.</p><p class="text-justify">Nun gibt es aber auch schon technische Hilfen. Als erste Hersteller bieten Audi und Mercedes-Benz „Ausstiegswarner“ für einige ihrer Modelle an. ADAC und ÖAMTC haben überprüft, ob diese Assistenzsysteme einen herannahenden Radfahrer rechtzeitig erkennen und die Autoinsassen wirkungsvoll warnen. Ergebnis: Die Systeme „funktionieren zuverlässig, wie vom Hersteller beschrieben“, so das Resümee des ADAC. Bei den Tests mit Fahrrad und E-Tretroller wurde die Autotür genau in dem Moment geöffnet, in dem der herannahende Radler gerade noch rechtzeitig hätten bremsen können. Dabei machen die Ausstiegswarner der beiden Hersteller unterschiedlich auf die nahende Gefahr aufmerksam: Bei der Mercedes A-Klasse blinkt zunächst eine Warnlampe im Außenspiegel; wird die Türe doch geöffnet, ertönt zusätzlich ein Warnton. Beim Audi A6 wird die Tür für eine knappe Sekunde verschlossen gehalten, um den Insassen aufmerksam zu machen, zudem erscheint ein Dauerlicht im Außenspiegel.</p><p class="text-justify">Autofahrer sollten sich allerdings nicht auf die Technik verlassen, denn die besten Assistenzsysteme können nur unterstützen. Wichtig ist, betont der ÖAMTC, dass der Fahrzeugpassagier „immer und ohne Ausnahme vor dem Öffnen der Tür nach vorn und hinten schaut, ob sich ein anderer Verkehrsteilnehmer nähert“. Der ADAC empfiehlt den „holländischen Griff“. Dabei wird die Tür mit der jeweils abgewandten Hand geöffnet, auf der Fahrerseite also mit der rechten. „Das führt fast automatisch zum Schulterblick und dem Blick in den Spiegel“, erläutert der ADAC.</p><p class="text-justify">Die Testingenieure fanden jedoch auch heraus, dass die Sensorik bei beiden Systemen nur eingeschränkt funktionierte, wenn das Testfahrzeug eng eingeparkt war. „Mercedes warnt dann deutlich verspätet, der Audi zeigt nur noch ein Warnlicht“, stellte der ADAC fest und empfiehlt: „Misslingt das rechtzeitige Verzögern der Türöffnung, wäre eine deutlichere und akustische Warnung wünschenswert“. Denn ein 20 km/h schneller Radfahrer müsste nach Angaben des DVR „elf Meter vor einer sich öffnenden Fahrzeugtür dies bemerken, um noch bis zum Stillstand abbremsen zu können“.</p><p class="text-justify"><strong>Fazit:</strong> Der ADAC hält Ausstiegswarner zur Vermeidung von Dooring-Unfällen für „sinnvoll“, auch wenn die Sensoren in einer engen Parksituation „nur eingeschränkt funktionieren“. Der ÖAMTC fordert von den Autoherstellern, Ausstiegswarner serienmäßig anzubieten. Zumal in „vielen Fahrzeugen die nötige Sensorik bereits mit einem Totwinkelassistenten verbaut ist“ , wie der Münchner Autoclub ergänzt. ADAC und ÖAMTC sind sich einig: „Die Ausstiegswarner können mit wenig Aufwand einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten.“</p>