Kommentar VDA-Krise: Hilft Gabriel aus der Not?
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RobGal -
10. November 2019 um 11:35 -
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Der bis zum Jahresende amtierende Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), der vormalige Ford-Manager Bernhard Mattes, kündigte vor gut sechs Wochen überraschend seinen Rücktritt an, mitten auf der wichtigen Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt. Gerüchten zufolge soll es Kritik von Seiten der Autohersteller gegeben haben, dass der VDA unter Mattes’ Leitung nicht genügend Unterstützung durch die Politik in Berlin und Brüssel erhalten habe.
Nun wurde öffentlich, dass eine Kandidatin und ein Kandidat für die schwierige Nachfolge von Mattes in den Startlöchern stehen. Die eine ist Hildegard Müller von der CDU. Sie war von 2005 bis 2008 Staatsministerin im Bundeskanzleramt unter Angela Merkel und ist heute Vorstandsmitglied des Energiekonzerns Innogy, einer Eon-Tochter und ehemaligen RWE-Abspaltung.
Der andere Kandidat ist Sigmar Gabriel, von 2009 bis 2017 Vorsitzender der SPD und fünf Jahre lang Vizekanzler im Kabinett von Angela Merkel. Er war Bundesminister für Umwelt, Bundesminister für Wirtschaft und Bundesminister des Auswärtigen. Vor seinem Wechsel in die Bundespolitik war er um die Jahrtausendwende Ministerpräsident von Niedersachsen und Aufsichtsratsmitglied bei Volkswagen. Gabriel genießt einen hohen Bekanntheitsgrad. Beide Kandidaten zeichnet aus, dass sie eine enge Verbindung zwischen Automobilunternehmen auf der einen Seite und Politik und Verwaltung auf der anderen Seite herstellen können.
Zunächst hatte die „Bild am Sonntag“ berichtet, Müller und Gabriel seien für den Spitzenposten beim mächtigen VDA im Gespräch. Gabriel dementierte den Bericht, allerdings nicht sehr deutlich, indem er sagte, er habe noch keine offizielle Anfrage vom VDA erhalten.
Dennoch gab es bereits vielstimmige Kritik. Norbert Walter-Borjans, ehemaliger Finanzminister von Nordrhein-Westfalen und aussichtsreicher Kandidat für den SPD-Vorsitz, ist sich sicher, dass Gabriels Kandidatur in der SPD auf Widerstand stoßen wird. Gabriel tue dies als eigenständige Persönlichkeit, betonte Walter-Borjans, nicht als Führungspersönlichkeit der Sozialdemokratie. Fabio De Masi von den Linken merkte süffisant an, Gabriel würde sein Telefonbuch der Autoindustrie zur Verfügung stellen. Das schaffe kein Vertrauen in Politiker, kritisierte der Bundestagsabgeordnete.
Öffentliche Debatte um höchsten VDA-Posten
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert die enge Verflechtung der Autolobby mit der Politik. Zudem sei die Nähe Gabriels zu Volkswagen offensichtlich, was eine Bevorzugung der Elektroauto-Strategie des Wolfsburger Konzerns bedeute. Andere Hersteller wie BMW oder Daimler verfolgten dagegen einen technologieoffenen Ansatz und forschten auch an der Brennstoffzellentechnologie.
Während also um Sigmar Gabriels mögliche Ambitionen bereits heftige Debatten geführt werden, ist es um Hildegard Müller noch sehr ruhig. Dabei ist die Neubesetzung des höchsten VDA-Postens bereits zu einer öffentlichen Angelegenheit geworden, ist der Verband doch die gemeinsame Interessenvertretung der deutschen Automobilhersteller und -zulieferer und damit der Lobbyverband eines der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland und Europa.
Der Wechsel an der Spitze des VDA fällt in eine Zeit des Umbruchs. Die Branche hat es nicht leicht: Wie sollen die Herausforderungen der Zukunft gemeistert werden? Dem Imageschaden durch den Dieselskandal? Die Konjunktur- und Absatzflaute? Die kriselnde IAA? Neue Antriebe? Der steigenden Verkehrsdichte? Das unausgereifte autonome Fahren? Die Verantwortung für Umwelt und Klima?
Öffentlichkeit und Verbraucher wollen wissen, ob die kaum zu vermeidende Verflechtung von Wirtschaft und Staat transparent gestaltet wird. Mehr noch: Kommen Verkehrs- und Energiewende voran? Werden soziale Aspekte bei der Transformation berücksichtigt? Wird der Datenschutz beim autonomen Fahren gewahrt? Wird der Verkehrssicherheit ausreichend Rechnung getragen? Wie werden die großen Aufgaben auch im Kleinen tatsächlich bewältigt? Fragen über Fragen, eine drängender als die andere und alle von strategischer Tragweite.
Wer also ist der Richtige für dieses Amt?