Klimawandel und Sicherheit: Kommen schnee- und eisfreie Winter?
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RobGal -
24. November 2019 um 12:20 -
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Hitzerekorde im Sommer, anhaltende Trockenheit bis in den Herbst trotz ergiebiger Regenfälle, dazu steigende Durchschnittstemperaturen und der letzte Gletscher in Deutschland nur noch ein karges „Toteisfeld“: Können sich Autofahrer in Zukunft auf schnee- und eisfreie Winter freuen? Können die Räum- und Streufahrzeuge der Straßenmeistereien eingemottet werden? „Nein“, sagt Friedrich Föst, „im Gegenteil, es ist sogar mit einer Zunahme extremer Wetterereignisse auch im Winter zu rechnen“. Er empfiehlt Autofahrern und Straßenmeistereien, sich auf plötzlich auftretende winterliche Verhältnisse einzustellen - und fordert darüber hinaus die Einrichtung eines „Sommerdienstes“.
Föst muss es wissen, er ist Meteorologe bei den „Wetterfröschen“ der „Wettermanufaktur“, einem 2017 gegründeten kleinen Unternehmen in Berlin, das Kommunen und Privatwirtschaft in Sachen Wetter berät, unter anderem im Verkehrsbereich. Deren 12- und 24-Stunden-Prognosen seien „zu 90 Prozent richtig“, sagt Föst stolz.
„Klimawandel bedeutet, dass sich hohe Temperaturen häufen“, erklärt Föst, und nicht, dass der Winter verschwindet. In der vergangenen Saison registrierten die Meteorologen sogar historische Schneerekorde, in den Alpen wie im Flachland und gleich zu Beginn der kalten Jahreszeit und nicht erst, wenn sich der Winter im Februar und März „eingewöhnt“ hat. „Kalte Winter und Klimawandel schließen sich nicht aus“, betont Föst. Die Natur entwickelt sich gegenläufig.
Ein neues Phänomen wird laut Föst der „Stundenwinter“ mit plötzlichen Schneefällen und schlagartiger Glatteisbildung sein. Ursache ist das globale Zusammenspiel komplexer Faktoren. Ausgangspunkt ist das Abschmelzen der arktischen Gletscher. Durch das fehlende Weiß der Eis- und Schneemassen werden die Sonnenstrahlen nicht mehr reflektiert, sondern vom nun dunklen Ozean absorbiert und als Wärme gespeichert. "In der Folge gleichen sich die Temperaturen in der Arktis und am Äquator an", erklärt Föst weiter, und das beeinflusst die Starkwinde in der Höhe, den so genannten Jetstream.
Dieser „Jetstream“ wirkt quasi wie eine Trennlinie zwischen warmer und kalter Luft. Das Dramatische: Durch die Angleichung der Temperaturen zwischen Arktis und Äquator hat er begonnen, sich zu verändern: Der Jetstream „rast“ nicht mehr schnell von West nach Ost um den Globus, sondern wird langsamer und dehnt sich zudem stärker in Nord-Süd-Richtung aus. Mit Folgen für das Wetter: „Die Hoch- und Tiefdruckgebiete verweilen jetzt länger in unserer Region“, folgert Föst, „und bringen oft anhaltende Trockenheit oder lang anhaltenden Regen und Starkregen“.
Und wie passen extrem kalte Winter in dieses Bild? Föst: Der Jetstream sorgt nicht nur für lange Sommer, sondern auch für lange Winter, zum Beispiel in Skandinavien. Dadurch gelangen kalte Luftmassen auch zu uns nach Mitteleuropa. Wird diese Kaltluft dann noch vom Nordpolarmeer mit Feuchtigkeit angereichert, kommt es zu kalten Niederschlägen: Es schneit, „und das nicht zu knapp“, weiß Föst. Die Schneelandschaft wiederum kühlt die Luft darüber ab. „So entstehen neue Minusrekorde.“
Und wie kommen diese Schneerekorde zustande? „Durch den globalen Temperaturanstieg nimmt die warme Luft viel Wasserdampf auf“, erklärt Föst. Das birgt das Potenzial für viel Schnee. Meteorologen hätten in den vergangenen Jahren häufig beobachtet, dass im Winter aus stärkerem Regen „schnell Schnee wurde“, sogar „Starkschneefälle“, die innerhalb einer Viertelstunde mehrere Zentimeter Neuschnee brachten - ein Graus für Autofahrer und Winterdienst.
Damit die Verkehrsteilnehmer nicht von einem ebenso plötzlichen wie heftigen Wintereinbruch überrascht werden, sollten sich die für den Winterdienst zuständigen Straßen- und Autobahnmeistereien sorgfältig vorbereiten, rät Föst eindringlich. Vor allem durch gute Wettervorhersagen, die richtige technische Ausrüstung in ausreichender Zahl und weitsichtige Einsatzpläne, die alle Eventualitäten berücksichtigen.
Ähnliches rät Friedrich Föst auch für den Sommer: „Überhitzte Fahrbahnen mit der Gefahr sogenannter Blow-ups (Aufplatzen der Fahrbahndecke), knochenharte Böden, die Starkregen nicht aufnehmen können und zu Überschwemmungen führen“, das alles sind neue Herausforderungen, die keine Einzelphänomene bleiben werden, weshalb der Meteorologe für die Einrichtung eines „Sommerdienstes“ analog zum Winterdienst plädiert.