Vorsicht bei Reparatur-Angeboten der gegnerischen Versicherung!
Stellen Sie sich vor: Bei einem unverschuldeten Schadensfall unterbreitet Ihnen die gegnerische Versicherung ein scheinbar unschlagbares Angebot. Ihr beschädigtes Fahrzeug wird abgeholt, in der Vertragswerkstatt der Versicherung repariert, gereinigt und anschließend wieder vor Ihre Tür gestellt.
Für die Zwischenzeit bekommen Sie einen Leihwagen kostenlos zur Verfügung gestellt. Bequem, das Angebot - ist da irgendwo ein Haken dabei? Dieses Konzept, Schadenslenkung genannt, wird inzwischen nicht nur von Marktführern wie HUK und Allianz, sondern auch von kleineren Versicherungen eingesetzt. In Gesprächen mit Geschädigten erfahre ich oft, dass solche Angebote kritiklos angenommen werden, wobei die Betroffenen wie folgt argumentieren:
Ob Vertragswerkstatt der Versicherung oder meine eigene Werkstatt - Schaden ist Schaden, die Reparatur selbst wird wohl gleich ablaufen? Ein Kfz-Sachverständiger ist unnötig, die Versicherung schickt doch ihren eigenen Sachverständigen? Und Anwalt? Die ziehen einen sowieso über den Tisch. Also wozu?
Meine These:
Geschädigte wissen oft nicht, was ihnen zusteht - und diese Wissenslücke nutzt die Schadenslenkung. Schadenslenkungs-Modelle dienen dazu, einen Teil des Geldes, das die Geschädigten in Anspruch nehmen könnten, einzusparen. Ich möchte Ihnen konkrete Gegenargumente, Einwände und Bedenken gegen die Schadenslenkung mit auf den Weg geben - für einen nicht erhofften, aber möglichen Schadensfall.
"Wessen Brot ich esse...": Die Vertragswerkstatt
Bei der Ihnen fremden Vertragswerkstatt der Versicherung sind nicht Sie der umworbene Kunde, sondern die Versicherung. Die Folge: Zweck der Reparatur ist nicht die bestmögliche Lösung für Ihr Fahrzeug, sondern die höchstmögliche Ersparnis für die Versicherung. Die Garantie der Werkstatt gilt nur so lange, wie es die Werkstatt gibt, und auch die Herstellergarantie ist gefährdet bei Fremdeingriff.
Wenn Sie eine gute Werkstatt haben, sollten Sie ihr treu bleiben. Der Nutzen ist gegenseitig, und darum wird Ihre Werkstatt Sie umwerben und alles tun, damit Sie ihr treu bleiben. Denn Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sie nützt auch der Qualität.
"... dessen Lied ich singe": Der Kfz-Sachverständige
Die Ausgabe der Zeitschrift FOCUS vom 24.09.2007 hat die Arbeit von versicherungseigenen Sachverständigen mit folgender Überschrift auf den Punkt gebracht: ";Streichen mit System". Notwendige Leistungen jedoch können nicht nur gestrichen, sondern dem Gutachten auch hinzugemogelt werden. Eine gerne bemühte Methode ist dies dann, wenn das Unfallfahrzeug als irreparabler Totalschaden deklariert werden soll - der Restwert kostet ja die Versicherung weniger als die Reparatur. Wissen Geschädigte Bescheid darüber, dass ihr Auto, wenn auch mit mehr Aufwand für die Versicherung, dennoch repariert werden könnte? Kennen sie sich im Labyrinth der Wertminderungsklauseln aus?
In dieser unüberschaubaren Verflechtung zwischen Versicherung, Gutachten und Werkstatt sind Geschädigte die Verlierer, wenn sie keinen eigenen Kfz-Sachverständigen einschalten, der sein Honorar direkt mit der Versicherung abrechnet. Ich empfehle Ihnen Sachverständige, die einem wirklich freien Berufsverband angehören - einen entsprechenden Link finden Sie auf unserer Startseite.
Der Anwalt
Muss das sein? Im Zweifelsfall ja, und wenn es Verletzte gibt, erst recht. Mir ist ein Fall bekannt, in dem eine zunächst als leicht erscheinende Verletzung mit 200 Euro Schmerzensgeld abgegolten wurde. Spätfolgen blieben leider nicht aus, und aus der leichten Handverletzung ist Arbeitsunfähigkeit geworden. Nur Anwälte für Verkehrsrecht sind in der Lage, sämtliche Eventualitäten auch im Voraus berücksichtigen zu können.
Fazit: Vielen Geschädigten kommt das Lockangebot der Versicherungen gelegen, weil es den Ablauf der Reparatur vereinfacht. Da Geschädigte ihre Rechte meistens nicht kennen und deshalb nicht wissen, was ihnen zusteht, geben sie die Kontrolle per Schadenslenkung in die Hände der gegnerischen Versicherung. Die hat natürlich in erster Linie den eigenen Gewinn vor Augen.
Meine Empfehlung: Suchen Sie einen unabhängigen Sachverständigen, der in der Regel mit einem Rechtsanwalt zusammenarbeitet und Sie gut beraten kann. Alternative: wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht. Adressen finden Sie in unserer Linksammlung. Lassen Sie die Reparatur von Ihrer gewohnten Werkstatt ausführen - und alles wird gut!