Im deutschen Schadensersatzrecht gilt grundsätzlich nur derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der den Schaden vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat. Von diesem Grundsatz der Verschuldenshaftung gibt es jedoch eine Ausnahme, nämlich die Gefährdungshaftung. Bei der Gefährdungshaftung kommt es nämlich nicht auf das Verschulden an. Die Gefährdungshaftung ist die Haftung für Schäden, die sich aus einer erlaubten Tätigkeit heraus ergeben können. Dabei kommt es im Unterschied zur Verschuldenshaftung wegen unerlaubter Handlungen bei der Gefährdungshaftung auf die Widerrechtlichkeit der Handlung oder ein Verschulden, sei es Vorsatz oder Fahrlässigkeit, nicht an.
Die Gefährdungshaftung ist die Haftung für erlaubte Tätigkeiten, die allerdings zu einer gewissen Gefährdung der Umgebung führen können. Das beste Beispiel hierfür ist die Gefährdungshaftung beim Kraftfahrzeug. Obwohl das Halten eines Kraftfahrzeuges und das entsprechende Führen desselben im Straßenverkehr gesellschaftlich erlaubt sind, besteht im Betrieb des Fahrzeugs ein gewisses Gefahrenpotenzial. Deshalb kennt das Gesetz verschiedene Ausnahmen vom Prinzip der Verschuldenshaftung. Das sind die Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB und die Gefährdungshaftung des Kraftfahrzeughalters gemäß § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetzes), die Gefährdungshaftung des Flugzeughalters nach §§ 33 ff. LuftVG (Luftverkehrsgesetzes) und die Gefährdungshaftung der Pharmaindustrie gemäß §§ 84 AMG (Arzneimittelgesetz).
Von besonderer praktischer Bedeutung im Rahmen der Unfallbearbeitung ist heute die Haftung des Fahrzeughalters nach § 7 I StVG. Danach haftet der Halter eines Fahrzeugs für alle Personen- und Sachschäden, die durch den Betrieb des Fahrzeugs verursacht werden. Betriebsfremde Gefahren, auch wenn sie durch den Betrieb des Fahrzeugs mitverursacht worden sind, sollen nach dem Schutzzweck der Norm nicht erfasst werden (vgl. Looschelders BGB, Schuldrecht, Bes. Teil 8. Aufl., S. 527 ff). 7 II StVG schließt daher die Haftung des Halters für Schäden aus höherer Gewalt aus. Zur Betriebsgefahr gehören nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur aber auch die Gefahren, die von einem im öffentlichen Verkehrsraum in verkehrsbeeinflussender Weise abgestellten Fahrzeug ausgehen (vgl. BGHZ 29, 163). Daher geht auch von einem parkenden Fahrzeug eine Betriebsgefahr aus.
Die Gefährdungshaftung ist nicht zu verwechseln mit der deliktischen Haftung für vermutetes Verschulden, z.B. bei der Haftung des Fahrzeugführers nach § 18 I StVG, oder mit der Haftung für fremdes Verschulden bei der Haftung des Schuldners für seinen Verrichtungsgehilfen nach § 278 BGB. Die Haftung für vermutetes Verschulden befreit den Geschädigten lediglich von der Pflicht, das Verschulden des Schädigers zu beweisen. Bei der Haftung für fremdes Verschulden wird demjenigen, der sich rechtmäßig verhält, das schuldhafte pflichtwidrige Handeln eines anderen zugerechnet.