Kb-Test Alfa Romeo Giulietta 2,0 JTDm 16V Super: Julchen, die hübsche Italienerin
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RobGal -
9. September 2016 um 12:36 -
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Offenbar waren die Ingenieure von Alfa Romeo zu sehr mit der Entwicklung der Mittelklasselimousine Giulia beschäftigt, jedenfalls spendierten sie der dritten Generation des kompakten Stufenheck-Schwesterchens Giulietta nur ein wenig äußeren Feinschliff.
Immerhin wurde Julchen durch das Make-up äußerlich etwas näher an die größere Schwester herangerückt, wie die neue Alfa Romeo Giulietta 2,0 JTDm 16V Super erkennen lässt. So steht der als "Scudetto" (Schildchen) bezeichnete Alfa-typische Kühlergrill mit dem hexagonalen Wabengitter einen Tick senkrechter, das Heck ziert ein veränderter Giulietta-Schriftzug. Die übrigen Modifizierungen an der vorderen Schürze fielen leichter aus und werden nur eingefleischte Alfisti erkennen.
Geblieben ist der pfiffige Trick mit der Dreitürer-Optik: Wiederholt standen unsere Mitfahrer vor dem Wagen und wunderten sich, dass niemand die Lehne des Vordersitzes vorklappt, um den Zugang zum Fond zu ermöglichen. Des Rätsels Lösung: Die Griffe der hinteren Türen sind derart geschickt in die Seitenscheiben integriert, dass sie kaum zu erkennen sind.
Raumwunder dürfen die Fondpassagiere in der Giulietta allerdings nicht erwarten. Für zwei Personen ist das Platzangebot auf der Rücksitzbank auch auf etwas längeren Distanzen noch akzeptabel, der Mittelsitz sollte aber nach Möglichkeit nicht auch noch in Anspruch genommen werden. Sonst bekommt das geflügelte Wort von der engen Sardinendose eine neue Bedeutung. Dafür kann die Italienerin beim Kofferraumvolumen ganz gut mithalten und sticht dabei sogar manch etablierten Platzhirsch aus. Genormte 350 Liter fasst das Ladeabteil, nach Umklappen der im Verhältnis 60:40 geteilten Rücksitzlehne gibt der Hersteller sogar 1.518 Liter an. Auf jeden Fall kann man mit Signorina Giulietta kräftig shoppen gehen. Dass der Laderaum eine tiefe Mulde mit einer rund 25 Zentimeter hohen Ladekante aufweist und die Fläche bei umgelegter Fondlehne leicht schräg verläuft, dürfte geschenkt sein; da findet sich doch sicherlich ein Kavalier, der Julchen hilfreich zur Hand geht.
Im Innenraum hat die Ingenieure dann aber doch der Mut verlassen. Das trifft in erster Linie auf einige Bedienelemente zu. So wechselt das Display mit der Navigationskarte, die zum 2.210 Euro teuren Business-Paket zählt, automatisch in den Nachtmodus, sobald man die normale Fahrbeleuchtung anschaltet, und bietet keine Möglichkeit, die Taganzeige zu wählen. Nach wie vor ungeschickt finden wir den Skalenverlauf des Tachometers, weil der am häufigsten genutzte Bereich während der Fahrt oft vom Lenkradkranz oder der Hand verdeckt wird. Immerhin behielt das Lederlenkrad mit den Ausmaßen einer stattlichen Familienpizza seine Griffigkeit, und auch das praktische Ablagefach auf dem Armaturenbrett steht weiterhin zur Verfügung. Weshalb aber die digitale Geschwindigkeitsanzeige ausschließlich im selten gewählten Fahrmodus für Regen und Schnee angezeigt werden kann, erschloss sich uns während des gesamten Kb-Testbetriebs nicht.
Auf jeden Fall verändert sich je nach bevorzugtem Modus das Ansprechverhalten von Gaspedal, Bremsen, Fahrstabilitätskontrolle, Sperrdifferential und Traktion. Im normalen Betrieb mit der Bezeichnung "Natural" werden Leistung und Drehmoment des 2,0 Liter großen Turbodieselaggregats etwas zurückgenommen. Mit 140 PS bei 4.000 Umdrehungen und 320 Newtonmetern bei 1.500 Touren lässt es sich in aller Regel aber recht gut leben. Der Selbstzünder knört akustisch zwar ein wenig vor sich hin, wird dabei aber nicht unangenehm laut.
Im "Dynamic"-Modus stehen für den Motor dann die Nennleistung von 150 PS bei 4.500 Kurbelwellenumdrehungen sowie 380 Newtonmeter Zugkraft bei 1.750 U/min. zur Verfügung. Allerdings greift dabei das Gaspedal fast schon ein wenig spitz, und Julchen benimmt sich etwas zickig. Verzichtbar finden wir das in unserem Testwagen verbaute "Veloce"-Paket. Es kostet 2.190 Euro und bietet überwiegend optische Gimmicks, vermittelt aber mit der sportlichen Abstimmung des Fahrwerks etwas Poltergeist-Charakter, dass der hübschen Mailänderin Giulietta eigentlich nicht so gut zu Gesicht steht.