Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will auch bei der aktuellen Modellreihe des Renault Espace mit 1,6 Liter großem Dieselmotor erhebliche Abweichungen bei den Stickoxidemissionen (NOx) festgestellt haben.
Bei Tests nach dem offiziellen Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf dem Prüfstand der Berner Fachhochschule in der Schweiz kam es nach Angaben der Umweltschützer zu erheblichen Abweichungen, wenn die Tester leichte Änderungen am üblichen Prüfprocedere vornahmen. So wurde mit einem warmen statt mit einem kalten Motor gemessen, worauf sich laut DUH Überschreitungen der NOx-Grenzwerte um das 13- bis 25fache ergaben.
Bereits Ende Oktober erhob die DUH ähnliche Vorwürfe gegen Opel. Der Zafira soll in bestimmten Fahrsituationen bis zu 17fach überhöhte NOx-Werte produziert haben. Opel wies die Anschuldigungen "scharf" zurück und bezeichnete sie nach neuerlichen Tests im Beisein des TÜVs Hessen als "eindeutig falsch und unbegründet". Gleichzeitig distanzierte sich die Fachhochschule Bern von der DUH. Die Berner Wissenschaftler betonten, dass das Testprogramm von der Deutschen Umwelthilfe geleitet worden sei, nicht von ihnen. Die Ergebnisse "könnten verzerrt, unvollständig oder tendenziös" sein, schrieb Professor Jan Czerwinski in einem Brief.
Dennoch liegen wohl Erkenntnisse vor, wonach auch andere Hersteller als nur Volkswagen bei den Abgasen gemogelt haben könnten. Bereits vor zwei Wochen teilte das KBA mit, bei Nachprüfungen erhöhte Werte von Modellen weiterer Autobauer entdeckt zu haben. Das KBA will seine Erkenntnisse aus rechtlichen Gründen aber zuerst mit den betroffenen Autoherstellern und anderen Behörden auswerten, bevor es sie veröffentlicht. Wann das sein soll, wollte die Behörde auf Presseanfragen noch nicht sagen.
Die aktuellen Vorwürfe der DUH gegen Renault weisen auch auf eine ungenügende Genehmigungspraxis. Denn in der Bundesrepublik wird die Typprüfung nicht vom KBA als staatliche Einrichtung vorgenommen, sondern von beauftragten Prüforganisationen wie TÜV oder Dekra – und die machten gleichzeitig Geschäfte mit den Herstellern im Test- und Entwicklungsbereich, lautet die Kritik. Dadurch könnte ihre Unabhängigkeit gefährdet sein, mutmaßen etwa die Autoklubs ACE und ADAC. So präsentieren die Hersteller zu den Typzulassungen gern frisierte Prototypen, die gegenüber den späteren Serienmodellen entscheidende Unterschiede aufweisen: Der Motor wird mit Leichtlauföl befüllt, Lichtmaschine und Klimaanlage werden abgeklemmt, Trennfugen der Karosserien werden zugeklebt, Außenspiegel abgenommen oder besonders schmale Reifen mit möglichst wenig Profil aufgezogen. Dadurch würden die Verbrauchsund Emissionswerte verzerrt, weshalb Umwelt- und Verbraucherschutzverbände schon länger Transparenz sowie eine Änderung und Vereinheitlichung der Prüfverfahren in der EU fordern.
Indes weist Renault die Vorwürfe der DUH gegen den Espace zurück. Alle Modelle entsprächen den vorgegebenen Werten. Der französische Hersteller weist zudem darauf hin, dass der ADAC erst im August das gleiche Modell geprüft und korrekte Normwerte festgestellt habe. Außerdem wird betont, dass die Testverfahren "nicht durchgängig konform mit den Regelmessverfahren" gewesen seien. Dennoch will Renault "schnellstmöglich alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um die Testergebnisse zu analysieren und aufzuklären". – Eine gute französische Tradition.